Topclubs wollen Superliga und gehen auf Konfrontationskurs

Die Schwergewichte des europäischen Fußballs machen mit Blick auf die eigene Schatulle ernst. Zwölf Top-Clubs aus England, Spanien und Italien wollen zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine europäische „Super League“ gründen. Die Ankündigung kam in der Nacht auf Montag und damit genau an dem Tag, an dem die UEFA die Reform der Champions League beschloss. Von Europas Kontinentalverband kamen ebenso wie vom Weltverband FIFA Drohgebärden. Es droht der Gang vor Gerichte.

Liverpool, Manchester City, Manchester United, Arsenal, Chelsea und Tottenham aus England. Dazu Real Madrid, Atletico Madrid und der FC Barcelona aus Spanien sowie Inter Mailand, Juventus Turin und AC Milan aus Italien. Dieses Dutzend deklarierte sich als Teilnehmer der neuen Liga. Drei weitere Vereine sollen als Gründungsmitglieder noch dazustoßen. Fünf weitere Clubs sollen über eine Qualifikation teilnehmen. Gespielt werden soll in zwei Zehner-Gruppen jeweils in der Wochenmitte, ehe es in eine K.o.-Phase geht. Die Liga solle „so bald wie möglich“ starten, hieß es.

Die Teams kündigten Gespräche mit der UEFA und der FIFA an. Es soll abgeklärt werden, was das Beste für das „Ökosystem Fußball“ sei. Vorsorglich wurden aber laut der Nachrichtenagentur AP bereits rechtliche Schritte eingeleitet, um die internationalen Verbände an einer Einmischung zu hindern. Dies wurde der UEFA und der FIFA demnach in einem Schreiben mitgeteilt. Diese hatten ihrerseits die Gründung der neuen Liga scharf kritisiert und angekündigt, alle Maßnahmen zu ergreifen, um den Wettbewerb zu verhindern.

„Wir werden dem Fußball auf jedem Level helfen und ihn zu seinem rechtmäßigen Platz in der Welt bringen. Fußball ist der einzige globale Sport auf der Welt mit mehr als vier Milliarden Fans und unsere Verantwortung als große Clubs ist es, auf deren Begehrlichkeiten zu reagieren“, wurde Real-Boss Florentino Perez zitiert, der Vorsitzender der neuen Superliga sein soll. Einer seiner Stellvertreter ist Andrea Agnelli. Der Vorstandsvorsitzende von Juventus war bisher Vorsitzender der Club-Vereinigung ECA. Von diesem Posten trat er laut Medienberichten bereits zurück.

„Unsere zwölf Clubs stehen für Milliarden Fans auf der ganzen Welt und 99 europäische Titel. Wir haben uns in diesem kritischen Moment zusammengefunden, um den europäischen Wettbewerb zu verändern und das Spiel, das wir lieben, auf eine nachhaltige Basis für seine langfristige Zukunft zu stellen“, meinte Agnelli in einem Statement. Atletico führte an, dass die Corona-Pandemie die Gründung der Liga aufgrund der Instabilität des aktuellen Modells im europäischen Fußball beschleunigt habe.

Den Gründungsvereinen der neuen Superliga sollen zunächst 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Der größte Teil der Einnahmen soll wohl wie üblich aus der Vermarktung der TV-Rechte kommen. Die Umsätze sollen deutlich über jenen liegen, die in der Champions League generiert werden. Alleine der Sieger soll kolportierte 400 Mio. Euro erhalten. Die Vereine wollen Solidaritätszahlungen leisten, ein ähnlicher Bewerb soll auch für Frauenteams entstehen. Auf den Börsen stiegen die Kurse der beteiligten Clubs. Der Aktienkurs von Juventus kletterte zunächst um über zwölf Prozent, jeder von Manchester United um elf.

Die Pläne einer Superliga waren am Sonntag durchgesickert und hatten für harsche Kritik gesorgt. Die UEFA und die nationalen Ligen reagierten mit einer scharfen Drohung. Die Vereine würden von allen weiteren Wettbewerben ausgeschlossen, ihre Spieler dürften nicht mehr für Nationalteams einlaufen, teilte die UEFA am Montag noch einmal mit. Dies hatten in der Vergangenheit bereits die FIFA und die weiteren Kontinentalverbände angekündigt.

Gedankt wurde den Clubs anderer Länder, insbesondere den französischen und deutschen. Bayern München, Borussia Dortmund oder Paris Saint-Germain schlossen sich der neuen Eliteliga nicht an. Laut einem Vertrag, über den das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ am Montag berichtete, solle diesen drei Clubs - „so schnell es geht“ - die Mitgliedschaft angeboten werden.

Die englische Premier League warnte ihre Aushängeschilder vor dem Beitritt. Auch der britische Premierminister Boris Johnson schaltete sich in die Diskussion ein und nannte die Pläne als „schädlich“ für den Fußball. Ein Sprecher der Regierung gab an, dass man prüfe, mit welchen Mitteln man den neuen Bewerb verhindern könne.

Vor allem in England gab es teils wütende Reaktionen. Deutlich wurde Gary Neville. Er sei seit 40 Jahren Anhänger von Manchester United, merkte der Ex-Kapitän der „Red Devils“ an. Die an dem Projekt beteiligten englischen Clubs würden ihre eigene Geschichte und ihre Fans verraten. „Das ist reine Geldgier. Das sind Hochstapler“, sagte der TV-Experte auf Sky Sports. Er sprach von einem „kriminellen Akt gegen die Fans“, den Clubs sollten die Punkte abgezogen und sie außerdem ans Tabellenende gereiht werden. „In welcher Welt leben diese Leute eigentlich, wenn sie denken, sie können dies zu diesem Zeitpunkt durchziehen?“, sagte Neville unter Verweis auf die Corona-Pandemie.

Bei den Clubs selbst gibt es offenbar keine Bedenken. Die Besitzer hätten einen Gegenschlag einkalkuliert, zitierte der britische Sender Sky News ein ungenanntes Vorstandsmitglied von einem der englischen Vereine. Das Wohl des Spiels sei für die Eigentümer zweitrangig. Im Geheimen seien sie über die Möglichkeit, dass ihre Spieler für Europa- und Weltmeisterschaft gesperrt werden könnten, sogar erfreut, so der Funktionär. „Sie mögen es nicht, ihr spielendes Vermögen für eine sehr geringe finanzielle Belohnung an Länder weiterzugeben.“

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