Machtkampf um Kanzlerkandidatur erreicht CDU-Spitze

Im Kampf um die Kanzlerkandidatur der Unionsparteien ringt nun auch die CDU-Spitze erbittert um eine gemeinsame Linie. Parteichef Armin Laschet konnte am Montagabend in einer eigens einberufenen Online-Sondersitzung des Bundesvorstandes zunächst nicht mit seinem Wunsch durchdringen, die „K-Frage“ sofort zu entscheiden. Sein Rivale, CSU-Chef Markus Söder, hatte zuvor gesagt, eine Entscheidung der Schwesterpartei akzeptieren zu wollen.

Nach fast dreistündigen Beratungen zeigte sich in der Vorstandssitzung ein Machtkampf zwischen Anhängern Söders, die eine Abstimmung verhindern wollen und Anhängern von Laschet, die eine Entscheidung noch am Montagabend wollten. Laschet hatte eingangs seinen Anspruch auf die Kanzlerkandidatur bekräftigt und auf eine Entscheidung gedrängt. „Heute ist der Tag, dies zu entscheiden“, betonte er.

„Es geht um die besten Antworten auf die drängenden Zukunftsfragen. Und ich bin bereit, für uns die Kandidatur zu übernehmen“, sagte Laschet nach Angaben von Teilnehmern. In den vergangenen Tagen war der Rückhalt für den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten gebröckelt. Neben der Jungen Union hatten auch mehrere CDU-Landesverbände eine Präferenz für CSU-Chef Söder erkennen lassen. Erst vor einer Woche hatten sich die CDU-Gremien klar hinter Laschet gestellt.

Laschet betonte zu Beginn der Sitzung, er wolle jeden ermutigen, in der Runde offen seine Meinung zu sagen. Er wurde mit den Worten zitiert: „Nur wenn wir offen, ganz transparent sind, haben wir eine Chance, gestärkt in die nächsten Wochen und in den Wahlkampf zu gehen.“

Der Ausgang der Vorstandssitzung war offen. Mehr als 40 Redner hätten sich zu Wort gemeldet, verlautete aus Teilnehmerkreisen. Die Äußerungen seien dabei sehr unterschiedlich gewesen. So habe der Hamburger CDU-Chef Christoph Ploß eine Kreisvorsitzenden-Konferenz gefordert, um ein besseres Bild von der Stimmung an der Basis zu bekommen. Die rheinland-pfälzische Landesvorsitzende Julia Klöckner sprach sich für Laschet aus, verwies aber auf die Stimmung für Söder in ihrem Verband.

Klar hinter Laschet stellten sich Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther, der Bremer CDU-Chef Carsten Meyer-Heder, Baden-Württembergs Landeschef Thomas Strobl und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Kassenbauer. Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, plädierte für eine Vertagung der Entscheidung. Haseloff hatte sich für Söder ausgesprochen.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende aus Brandenburg, Jan Redmann, wehrte sich nach Teilnehmerangaben aber gegen den Eindruck, dass die Ost-CDU geschlossen für Söder sei. Er selbst setzte sich für Laschet als Kandidaten ein, ebenso wie das thüringische Bundesvorstandsmitglied Mike Mohring. Dagegen unterstützt der thüringische Landesvorsitzende Christian Hirte ebenso wie Berlins Landeschef Kai Wegner und das sächsische Bundesvorstandsmitglied Marco Wanderwitz den CSU-Chef.

Söder hielt an seiner Kandidatur fest, legte den Entschluss aber in die Hände der CDU. „Wenn die CDU heute Abend souverän zu einer klaren Entscheidung kommt, werden wir das respektieren“, sagte er nach einer CSU-Sitzung in München. Er selbst sei zu einer Kanzlerkandidatur bereit, wenn er breite Unterstützung aus der großen Schwesterpartei bekomme, fügte er hinzu.

„Breite Unterstützung heißt, wenn Vorstand, Fraktion und Basis das gemeinschaftlich wollen“, betonte Söder. „Wird es Armin, hat er meine volle Unterstützung. Darauf kann er sich zu 100 Prozent verlassen“, sagte er. Umgekehrt erwarte er im Fall der Entscheidung für ihn volle Unterstützung der CDU. Er werde jede Ausgang „ohne Groll“ akzeptieren. An der CDU-Sitzung werde er selbst nicht teilnehmen, hieß es.

Sowohl Laschet als auch Söder wollen Kanzlerkandidat der Unionsparteien werden, bisher hat es zwischen den beiden Politikern keine Einigung darüber gegeben. Bereits in der Früh gab es CDU-Beratungen in der hessischen Landesvertretung in Berlin.

Einer neuen Umfrage zufolge würden der Union unter dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Laschet bei der Bundestagswahl im Herbst jedenfalls Verluste drohen. Laut RTL/ntv-Trendbarometer würden in dem Fall von den 27 Prozent, die derzeit CDU oder CSU wählen würden, nur 65 Prozent an ihrer Entscheidung festhalten. 35 Prozent würden demnach eine andere Partei oder gar nicht wählen. Bei einer Direktwahl des Kanzlers würden sich 40 Prozent für CSU-Chef Söder aussprechen und 19 Prozent für den CDU-Vorsitzenden Laschet, hieß es.

In der Nacht auf Montag hatten Laschet und Söder sich rund dreieinhalb Stunden in einem Gebäude des Bundestags beraten, konnten sich aber am Ende nicht auf eine Entscheidung einigen.

Seit mehr als einer Woche streiten sich Söder und Laschet über die Frage, wer von ihnen als Kanzlerkandidat für die Union zur Bundestagswahl am 26. September antritt. Eigentlich hatten sie bis zum Sonntag eine Lösung in der Machtfrage präsentieren wollen. Unterdessen haben am Montag die deutschen Grünen, die in den Umfragen an zweiter Stelle hinter der Union stehen, ihre Co-Vorsitzende Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin präsentiert.

Verwandte Themen