Viele Veranstaltungen zum 100. Geburtstag von Erich Fried

Morgen, Donnerstag (6. Mai), jährt sich der Geburtstag von Erich Fried (1921-1988) zum 100. Mal. Er war streitbarer Teilnehmer vieler politischer Debatten der Nachkriegszeit, anerkannter Shakespeare-Übersetzer und einer der populärsten Lyriker der 1970er und 1980er-Jahre. Die Internationale Erich Fried Gesellschaft veranstaltet am Sonntag und Montag einen Schwerpunkt mit der Verleihung des Fried Preises 2020 an Esther Kinsky im Zentrum. Die ÖNB widmet ihm eine Online-Schau.

Erich Fried wurde am 6. Mai 1921 geboren und besuchte hier das Gymnasium. Nachdem sein Vater nach dem „Anschluss“ 1938 durch die Gestapo ermordet wurde, floh er nach England, wo er sich politisch engagierte und für die BBC arbeitete. In Westdeutschland wurde er eine der prägenden Stimmen in den Auseinandersetzungen um Vietnamkrieg, Studentenbewegung, Nachrüstung, NS-Aufarbeitung und Terrorismus. Seine Lyrik war hoch politisch, doch die höchsten Auflagen erreichten seine Gedichtbände „Liebesgedichte“ und „Es ist was es ist“. Seine Lesungen wurden gestürmt. 1987 erhielt er den Georg-Büchner-Preis. Am 22. November 1988 starb er in Baden-Baden. Er ist in London bestattet, sein Nachlass befindet sich im Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek. 1989 wurde in Wien die Internationale Erich Fried Gesellschaft für Literatur und Sprache gegründet, die seit 1990 den Erich Fried Preis verleiht.

Für 2020 entschied sich Maja Haderlap als Alleinjurorin für die deutsche Autorin und Übersetzerin Esther Kinsky als Preisträgerin. „Esther Kinsky ist eine europäische Schriftstellerin und Übersetzerin, die sich in ihrer Arbeit der Erkundung und Überwindung der Fremde verschrieben hat: Der Fremde als existenzieller, menschlicher Erfahrung, der Fremde zwischen benachbarten Sprachen und Literaturen“, so Haderlap. „In ihren Texten reist sie an Peripherien, um etwas zur Sprache zu bringen, in Sprache zu übersetzen, das zumeist unbeachtet bleibt, und aus unserer allgemeinen Wahrnehmung verdrängt wird.“ Nachdem die Überreichung des mit 15.000 Euro dotierten Preises im November dem Lockdown zum Opfer fiel, wird sie nun am Sonntag um 11 Uhr im Wiener Literaturhaus nachgeholt.

zugänglichen Veranstaltungsschwerpunktes sind am Montag um 15 Uhr ein Vortrag des Literaturwissenschafters Volker Kaukoreit („Erich Fried. Dichter mit Widerspruch. Ein Porträt - eine Hommage“), an dessen Anschluss ein unveröffentlichter Fried-Text vorgestellt wird, und um 17 Uhr ein Gespräch zwischen Erich Frieds Sohn Klaus mit dem Filmproduzenten Ralph Wieser. Klaus Fried hat 1995 den experimentellen, autobiografisch geprägten Film „Burying the Dead“ über den Abschied von seinem Vater gedreht und plant nun erneut einen Film über Erich Fried. Um 19 Uhr folgt die Präsentation der Neuausgabe des Buches „Mitunter sogar Lachen. Erinnerungen“ (Wagenbach Verlag) sowie ein Gespräch mit Josef Haslinger, Teresa Präauer und der Verlegerin Susanne Schüssler, ehe um 21 Uhr Filmregisseurin und Drehbuchautorin Danielle Proskar über die Arbeit an der TV-Dokumentation „Erich Fried - Dichter im Porzellanladen“ spricht, die bis Montag noch in der ORF-TVthek abrufbar ist und im Anschluss noch einmal gezeigt wird. In dem Film wird auch an den ersten politischen Auftritt Erich Frieds erinnert: Als sechsjähriger Knirps weigert er sich vor dem Polizeipräsidenten Johann Schober, der am Tag des Justizpalastbrands den Schießbefehl gegeben hatte, ein Gedicht vorzutragen.

„Liebeslyrik und Streitgedichte. Zum 100. Geburtstag von Erich Fried“ nennt die Österreichische Nationalbibliothek ihre bis 3. August abrufbare neue Online-Ausstellung, die auch auf zahlreiche Fundstücke aus dem außerordentlich umfangreichen Nachlass zurückgreift. Er ist mit fast 900 Archivboxen und einer Bibliothek mit rund 10.000 Bänden der weitaus größte Bestand, „was unter anderem daran liegt, dass Fried nichts wegwarf“, wie es dort heißt. „In vier Abschnitten werden Frieds Biografie, der schriftstellerische Werdegang, die Entwicklung zum renommierten Shakespeare-Übersetzer sowie die Ursachen und Auswirkungen seines politischen Engagements porträtiert“, so die Ankündigung. „Tagebucheinträge des Jugendlichen, Notizen zum Familien- und Künstlerleben in London oder sein Brief über die geplante Rückkehr nach Wien geben tiefe Einblicke in das Leben und Werk des Exilanten.“

Zu einer Filmschau samt per Livestream zugänglichen Galaveranstaltung laden am Samstag ab 16 Uhr das Kulturmagazin „Melodie & Rhythmus“ und die Tageszeitung „junge Welt“ in Berlin ein. Mitwirkende sind u.a. Klaus Fried und Erich Frieds langjährige Mitarbeiterin Clauda Hahm. Die Regisseure Jill Evans und Roland Steiner zeigen ihre mit der BBC bzw. der DEFA produzierten Dokumentarfilme, der Fried-Biograf Gerhard Lampe bisher unveröffentlichtes Filmmaterial. Angekündigt bei dem ursprünglich für das Berliner Kino Babylon konzipierten Programms sind auch Konstantin Wecker und die Liedermacherin Barbara Thalheim mit ihrem Jazztrio.

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