Schottische Nationalpartei hofft weiter auf Mehrheit

Bei der Regionalwahl in Schottland hofft die regierende Nationalpartei (SNP) von Regierungschefin Nicola Sturgeon weiter auf eine absolute Mehrheit. Experten konnten nach der Auszählung von gut 30 Wahlbezirken jedoch am Freitagabend noch keine klare Prognose für den Ausgang abgeben. Bis dahin konnte die SNP gut zwei Dutzend ihrer bisherigen Sitze verteidigen und der Konservativen Partei des britischen Premierministers Boris Johnson und der Labour-Party je ein Mandat abjagen.

Sturgeon, die ihr Direktmandat im Süden Glasgows mit einer klaren Mehrheit verteidigte, will ein weiteres Unabhängigkeitsreferendum ausrufen und Schottland in die Eigenständigkeit führen. Die Wahl gilt deshalb als richtungsweisend für die Zukunft des gesamten Vereinigten Königreichs. Die Regierungschefin hofft auf einen klaren Wahlsieg, um mehr Druck auf London ausüben zu können.

Die SNP hat ein zweites Unabhängigkeitsreferendum für 2023 angekündigt, sollte sie eine Mehrheit im Regionalparlament erobern. Sie müsste dazu mindestens vier Sitze zusätzlich für sich gewinnen. Mit endgültigen Ergebnissen wurde erst am Samstag gerechnet, die Wahlbeteiligung lag der BBC zufolge mit rund 64 Prozent deutlich höher als zuletzt.

Der britische „Super-Wahltag“, bei dem am Donnerstag nicht nur in Schottland und Wales neue Regionalparlamente gewählt wurden, sondern auch zahlreiche Bürgermeister und ein neu zu vergebendes Mandat im Unterhaus, verlangte Beteiligten wie Beobachtern viel Geduld ab: Wegen der Corona-Pandemie wurden keine Nachwahlbefragungen durchgeführt und der Auszählungsprozess umstrukturiert, so dass einige Ergebnisse erst mehrere Tage nach der Wahl erwartet wurden.

In Wales gingen Beobachter von einem Wahlsieg der Labour-Party von Regierungschef Mark Drakeford aus. Ein Ergebnis sollte noch am Freitag verkündet werden. Anderswo musste Labour herbe Verluste hinnehmen: Besonders schmerzhaft war die Niederlage der Sozialdemokraten in der Nordsee-Stadt Hartlepool, die seit Jahrzehnten als traditionelle Labour-Hochburg galt. Bei der als Stimmungstest eingestuften Nachwahl in Hartlepool erhielt die konservative Kandidatin Jill Mortimer die meisten Stimmen, wie die Wahlkommission am Freitag in der Früh mitteilte. Der ehemals von Industrie und Bergbau geprägte Norden Englands ist eigentlich traditionell fest in der Hand der Sozialdemokraten.

„Das ist ein historisches Ergebnis“, sagte Tory-Vizechefin Amanda Milling in einer ersten Reaktion. Premier Johnson bezeichnete den Wahlsieg als „sehr ermutigend“ und als Zeichen, dass sich seine Regierung auf die Prioritäten der Menschen konzentriere und so schnell wie möglich aus der Pandemie kommen wolle.

Auch bei den Kommunalwahlen in weiten Teilen Englands zeigte sich in Gegenden, die mehrheitlich für den Brexit gestimmt hatten, eine Wählerbewegung zu den Konservativen. Damit wurde ein Trend bestätigt, der bereits bei der Parlamentswahl vor zwei Jahren eingesetzt hatte und Johnson einen großen Sieg beschert hatte. Der zutiefst enttäuschte Parteichef Keir Starmer übernahm am Freitag die Verantwortung für die Niederlage und kündigte an, die Partei grundlegend verändern zu wollen. Starmer hatte versucht, das Thema Brexit zu meiden und so die Partei für die traditionelle Anhängerschaft in Nordengland wieder wählbar zu machen. Doch diese Strategie gilt nun als gescheitert.

Die Labour Party verstehe sich immer noch als Partei der Arbeiterschaft, das schlage sich aber an den Wahlurnen nicht mehr nieder, sagte der Wahlexperte John Curtice von der Universität Strathclyde in Glasgow der BBC. „Labour muss entweder eine Strategie finden, die Arbeiter trotz Brexits wiederzugewinnen, oder akzeptieren, dass sie jetzt die Partei der jungen Leute, Akademiker und Sozial-Liberalen sind“, so der Politikwissenschafter weiter.

Auf einen wichtigen Sieg kann Labour noch in der britischen Hauptstadt hoffen: Bei der Bürgermeisterwahl in London wird mit einem Sieg von Amtsinhaber Sadiq Khan gerechnet. Doch die Auszählung dieser Stimmen dürfte sich voraussichtlich bis Sonntag hinziehen.