Mehr als 90 Verletzte bei neuen Zusammenstößen in Jerusalem
Bei neuen gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und israelischen Polizisten in Jerusalem sind am Samstagabend mehr als 90 Menschen verletzt worden. Die meisten wurden durch Gummigeschosse oder durch Blendgranaten der Polizei verletzt. Bereits am Abend zuvor hatte es Zusammenstöße auf dem Tempelberg und in anderen Teilen Ost-Jerusalems gegeben, bei denen mehr als 200 Menschen verletzt worden waren.
Zu den neuen Zusammenstößen kam es in der Altstadt von Jerusalem und im Ost-Jerusalemer Stadtteil Scheich Dscharrah. Dort gingen erneut Palästinenser auf die Straße, um gegen drohende Zwangsräumungen zu protestieren, und warfen mit Steinen in Richtung israelischer Sicherheitskräfte, zündeten Feuer an und zerstörten Barrikaden, die den Zugang zur Altstadt versperren sollten. Die Polizei setzte berittene Einsatzkräfte, Wasserkanonen und Blendgranaten ein.
Auf dem Tempelberg blieb es am Samstagabend ruhig, dort beteten muslimische Gläubige nach dem abendlichen Fastenbrechen ohne Zwischenfälle. Die Hamas rief die Palästinenser auf, bis zum Donnerstag, dem Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan, am Tempelberg auszuharren. Zugleich drohte die Organisation Israel mit Angriffen, sollte der Oberste Gerichtshof Israels Zwangsräumungen palästinensischer Familien im Viertel Scheich Dscharrah zugunsten jüdischer Siedler genehmigen. Das Urteil wird für Montag erwartet.
Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu erklärte, die Behörden seines Landes agierten „verantwortungsvoll“, indem sie dem Gesetz Geltung verschafften und zugleich die freie Religionsausübung ermöglichten. Die Polizei hatte den Zutritt zur Altstadt begrenzt, um weitere Palästinenser daran zu hindern, sich den Protesten anzuschließen. Ein aus dem Süden der Stadt kommender Bus wurde gestoppt, einige palästinensische Insassen wurden festgenommen.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete Israel nach den schweren Zusammenstößen als „Terror-Staat“. Er rief am Samstag in Istanbul alle muslimischen Staaten und die internationale Gemeinschaft dazu auf, wirksame Schritte gegen Israel einzuleiten. „Das grausame Israel, der Terror-Staat Israel greift gnadenlos und unmoralisch Muslime in Jerusalem an.“
Die Türkei habe die UN, die Organisation für islamische Zusammenarbeit und andere Organisation dazu aufgefordert, aktiv zu werden. Vor der israelischen Botschaft in Ankara hatten bereits am Freitagabend Hunderte gegen das Vorgehen der Sicherheitskräfte in Jerusalem protestiert.