Mindestens zwei Tote bei neuen Angriffen auf Israel
Bei neuen massiven Raketenangriffen militanter Palästinenser auf israelische Ortschaften sind nach Angaben von Rettungskräften mindestens zwei Menschen getötet worden. Mehrere weitere erlitten demnach am Dienstag zum Teil schwere Verletzungen. Bei einem Angriff im Grenzgebiet zum Gazastreifen sei ein Haus getroffen worden, in dem ausländische Arbeiter lebten. Der israelischen Polizei zufolge handelte es sich bei den Toten um Thailänder.
In Folge des Raketenbeschusses aus dem Gazastreifen, den militante Palästinenser am Montag vergangener Woche begannen, sind in Israel bisher zwölf Menschen getötet worden, Hunderte weitere wurden verletzt. Das Gesundheitsministerium in Gaza bezifferte die Zahl der Getöteten bei israelischen Angriffen auf 213, unter ihnen 61 Kinder. Verletzt worden seien 1.442 Menschen. Nach Angaben der Vereinten Nationen haben mehr als 52.000 Palästinenser durch die israelischen Luftangriffe ihr Zuhause verloren.
An einem israelischen Kontrollpunkt nahe Ramallah im besetzten Westjordanland lieferten sich militante Palästinenser und israelische Soldaten am Dienstag nach Augenzeugenberichten ein Feuergefecht. Dabei wurden nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums in Ramallah ein Mensch getötet und mehr als ein Dutzend weitere durch Schüsse verletzt. Zu der Gewalt kam es, nachdem Tausende Palästinenser im Zentrum von Ramallah demonstriert hatten und einige von ihnen anschließend zu dem Kontrollpunkt marschiert waren. Die Fatah-Bewegung des palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas hatte den Dienstag als „Tag des Zorns“ ausgerufen.
Zusammenstöße gab es auch im Süden des Libanon an der Grenze zu Israel. Demonstranten seien auf die Grenzmauer gestiegen und hätten Steine geworfen, meldete die staatliche libanesische Nachrichtenagentur NNA am Dienstag. Die israelischen Truppen feuerten demnach Tränengas und Rauchgranaten ab. Mindestens fünf Demonstranten seien verletzt worden, hieß es weiter. Andere seien ohnmächtig geworden oder hätten unter Atemnot gelitten. Die Demonstranten protestierten gegen Israels militärisches Vorgehen gegen die Palästinenser im Gazastreifen.
International wuchs die Besorgnis über die Gewalt zwischen Israel und den Palästinensern, die hohe Zahl ziviler Todesopfer und eine mögliche Ausweitung des Konflikts. US-Präsident Joe Biden erklärte seine Unterstützung für eine Waffenruhe. Er sieht sich zunehmendem Druck ausgesetzt, stärker für ein Ende der Gewalt einzutreten. In einer Mitteilung des Weißen Hauses blieb er allerdings hinter Forderungen nach einer sofortigen Waffenruhe auch aus seiner eigenen demokratischen Partei zurück. US-Außenminister Antony Blinken sagte am Dienstag: „Unser Ziel bleibt es, den momentanen Kreislauf der Gewalt so schnell wie möglich zu beenden.“
Die USA sind Israels wichtigster Verbündeter. Dessen Ministerpräsident Benjamin Netanyahu kündigte am Montag an, die Angriffe im Gazastreifen würden fortgesetzt. Es gehe darum, dass „Ruhe und Sicherheit für alle israelischen Bürger wiederhergestellt werden“. Zugleich zeigte er sich zufrieden mit dem Ergebnissen der Bombardements. Die Hamas sei dadurch „um Jahre zurückgeworfen“ worden, sagte er beim Besuch einer Luftwaffenbasis in Südisrael.
Die Staaten des UNO-Sicherheitsrates wollten sich noch am Dienstag - bereits zum vierten Mal innerhalb weniger Tage - mit dem Konflikt befassen. Die Sitzung sollte am Rande eines lange geplanten Treffens zum Thema Frieden und Sicherheit in Afrika hinter verschlossenen Türen stattfinden, hieß es aus Diplomatenkreisen.
Der französische Präsident Emmanuel Macron beriet indes mit seinem ägyptischen Kollegen Abdel Fattah al-Sisi und dem jordanischen König Abdullah II. über die Krise. Wie es aus Kreisen des Präsidialamtes in Paris hieß, sei eine rasche Waffenruhe Ziel der diplomatischen Initiative. Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel rief nach einer Videokonferenz mit König Abdullah II. zu einem Waffenstillstand auf.
Während der französische Premierminister Jean Castex Israel aufrief, Hilfslieferungen in den Gazastreifen zuzulassen, kündigte der deutsche Außenminister Heiko Maas solche Lieferungen an. Deutschland stelle dafür 40 Millionen Euro zur Verfügung.
Die EU-Außenminister konnten sich hingegen wegen einer Blockade Ungarns nicht auf eine gemeinsame Position einigen. Budapest vereitelte demnach einen Aufruf an die Konfliktparteien zu einer sofortigen Waffenruhe. Österreich äußerte sich enttäuscht „Wir bedauern sehr, dass die EU nicht mit einer Stimme spricht“, sagte eine Sprecherin von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) gegenüber der APA.
Schallenberg war zuvor vor Journalisten dem Eindruck entgegen getreten, dass sich Österreich durch die Fahnenaktion auf die Seite Israels geschlagen hat. Es habe sich um einen Akt der Solidarität im Konflikt mit der Terrororganisation Hamas gehandelt, die allgemeine Haltung im Nahost-Konflikt sei unverändert. „Unser Ziel ist eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung. Wir haben eine klare Haltung zum Siedlungsbau, zu Ostjerusalem und zu den religiösen Stätten“, betonte er. Die „ganz klare rote Linie“ Österreichs sei „das Völkerrecht“, sagte er in Richtung Israel.
Am Dienstagvormittag hatten militanten Palästinenser ihren Beschuss Israels zunächst für mehrere Stunden unterbrochen, bevor sie ihn vor allem auf den Süden des Landes fortsetzten. Unter Beschuss gerieten auch zwei Grenzübergänge, die unter anderem für Hilfslieferungen geöffnet wurden.
Nach Angaben des Militärs wurden bisher mehr als 3.300 Raketen auf Israel abgefeuert. Dessen Luftwaffe griff nach eigenen Angaben unter anderem Häuser von Hamas-Kommandanten im Gazastreifen an. In Ramallah im Westjordanland demonstrierten Tausende Palästinenser gegen Israels Vorgehen im Gazastreifen.
Nach Angaben des israelischen Militärs wurden in der Nacht auch sechs Raketen aus dem Libanon auf Israel abgefeuert. Sie seien aber alle auf libanesischem Boden niedergegangen.
Der jüngste Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern hatte sich unter anderem an Spannungen in Jerusalem entzündet. Zur Eskalation des Konflikts trugen unter anderem drohende Zwangsräumungen von palästinensischen Familien im von Israel annektierten Ostteil Jerusalems bei; ebenso wie Zusammenstöße auf dem Tempelberg in der Altstadt von Jerusalem. Die Anlage mit Felsendom und Al-Aqsa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam - und sie ist auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Die im Gazastreifen herrschende Hamas hat sich zum Verteidiger Jerusalems erklärt.