Nationalrat diskutierte über den „Neustart“

Passend zum der Tag der Öffnungen startete der Nationalrat heute, Mittwoch, sein Mai-Plenum: In einer Aktuellen Stunde wurde über den „Neustart für Wirtschaft und Arbeitsplätze“ diskutiert. Dies freilich nicht ohne die übliche Auseinandersetzung - nämlich Kritik der Opposition an Corona-Hilfen und Comeback-Plan, während Wirtschaftsministerin, ÖVP und auch die Grünen unterstrichen, wie gut Österreich durch die Krise gekommen sei und jetzt die richtigen Strategien ergreife.

Viele Redner gratulierten freudig den ab heute wieder geöffneten Unternehmen in Gastronomie, Hotellerie, Kultur und Sport. Inhaltlich deponierten die Parteien, was aus ihrer Sicht im Neustart nach der Corona-Krise wirtschaftspolitisch wichtig ist.

„Österreich verdient mehr als ein Comeback. Sorgen wir für einen echten Neustart für Wirtschaft und Arbeitsplätze, Frau Bundesministerin“ ist die - im Titel der „Aktuellen“ dargestellte - Forderung der NEOS. Österreich sei nicht gut durch die Krise gekommen, befand Parteichefin Beate Meinl-Reisinger. Spitzenreiter sei man nur bei den Ausgaben - und die seien nicht wirksam eingesetzt worden. Jetzt wären „endlich wirkliche Reformen“ nötig - also Gewerbeordnung liberalisieren, Wirtschaftshilfen treffsicherer machen, Eigenkapitalausstattung forcieren, Insolvenzrecht reformieren (Sanieren statt Schließen) und Langzeitarbeitslosigkeit intensiv bekämpfen.

„Wir haben rasch und richtig reagiert“, hielt dem Wirtschaftsministerin Margrete Schramböck (ÖVP) entgegen: Mit 36 Mrd. Euro gut verteilter Wirtschaftshilfe habe man auch kleinere Unternehmen über die Corona-Krise gebracht. Österreich sei hier „klar auf Platz 1 in Europa“. Die Wirksamkeit erweise, dass es im ersten Quartal erstmals mehr als 9.000 (nämlich 9.250) Gewerbeanmeldung gab. Jetzt stelle man „die richtigen Weichen“ für das Comeback, mit Förderung von Investitionen, Export und Digitalisierung - sowie einer nachhaltigen Standortstrategie, wo Schramböck vor allem auf Pharma, Ökologisierung und Dienstleistungen setzen will.

ÖVP-Abg. Martina Kaufmann widmete sich - nach Aufzählung der Corona-Hilfen - auch der aktuellen Causa Prima: Sie „vermisse den Wettbewerb der besten Ideen in der Politik“, merkte sie an, der Opposition gehe es auch im U-Ausschuss „nur darum, andere anzupatzen, Auskunftspersonen das Wort im Mund umzudrehen und Politik mit Anzeigen zu machen“.

„Die Schallplatte kennen wir, die hätten Sie sich sparen können“, zeigte sich SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner unbeeindruckt. Die Lehre aus der Corona-Krise ist für sie, dass „Wirtschaft und Staat zusammen gedacht werden müssen“. Die Regierung müsse dafür sorgen, dass „der Aufschwung bei allen ankommt“ - also Kaufkraft stärken und „nachhaltige kluge Investionen“ tätigen, um die Wirtschaft in der Transformation „in richtige Bahnen zu lenken“. Vehement forderte Rendi-Wagner die ÖVP auf, sich „aktiv“ zur Rettung des von Schließung bedrohten MAN-Werks in Steyr - und damit von 8.000 Arbeitsplätzen in der Region - einzusetzen.

Viel Kritik übte FPÖ-Abg. Axel Kassegger: Österreich sei Weltmeister in den falschen Disziplinen - nämlich bei Staatshilfen und beim Testen - und Europameister ebenfalls in den falschen Disziplinen, nämlich Arbeitslosigkeit oder Budgetdefizit. „Planlos, sprunghaft und mit der Gießkanne“ seien 60 Mrd. Euro eingesetzt und damit „zehn große Steuerreformen in den Wind geschossen“ worden. Nötig wären, stellte Kassegger fest, „nachhaltige Reformen“ etwa zur Senkung der Lohnnebenkosten oder für ein zielsicheres Sozialsystem.

Für die Grünen steht beim „Comeback“ der Klimaschutz im Mittelpunkt, unterstrich Lukas Hammer. Jetzt gelte es für die Regierung, die richtigen Vorgaben zu machen, für den ambitionierten Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle („der größte Umbau der Wirtschaft seit der industriellen Revolution“). Klimaschutz sei „der kraftvollste Jobmoter, den wir haben“, er werde „zigtausend Arbeitsplätze“ schaffen. Um den Übergang gerecht zu gestalten, werde man Qualifizierungs- und Schulungsmaßnahmen forcieren.

Zum Tag der Öffnung gab es auch ein kleines Ständchen: Am Josefsplatz, vor dem Eingang zum Parlamentsausweichquartier, musizierten - initiiert vom ÖVP-Klub - vor der Sitzung ein Quartett aus Mitgliedern der Wiener Philharmoniker und das Saxofon-Quartett des Sinfonischen Jugendblasorchester Wien.

Nach der Aktuellen Stunde würdigte der Nationalrat mit einer Aussprache drei Volksbegehren, die im Vorjahr die 100.000er-Marke übersprungen haben, bei jenem für den Tierschutz gab es Bekenntnisse aller Fraktionen, auch der unabhängigen Mandatarin Philippa Strache, die hoffte, dass durch die große Zahl der Unterstützungen der notwendige Druck auf Umsetzung erzeugt worden sei. Gelobt wurde alles mögliche an der Initiative, das ging von der Lebensnähe der Forderungen, die der Grüne Clemens Stammler würdigte, bis zum Eindruck, dass die Jäger nicht verteufelt würden, wie der Freiheitliche Hannes Amesbauer freudig bemerkte. Bauernbund-Obmann Georg Strasser (ÖVP) wiederum hatte auch eine Botschaft für die Bevölkerung: Jeden Tag beim Griff ins Regal finde eine Volksabstimmung statt - beim Griff ins Regal werde entschieden, unter welchen Bedingungen Produkte erzeugt werden.

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