Schallenberg begann Westbalkan-Reise mit Besuch in Skopje

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hat am Samstag bei einem Besuch in Skopje ein Bekenntnis zur EU-Erweiterung am Westbalkan abgelegt. Dieser dürfe keine „vergessene Region“ werden“, so Schallenberg, der gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus Slowenien, Anže Logar, und Tschechien, Jakub Kulhánek, Gespräche mit Staatspräsident Stevo Pendarovski, Regierungschef Zoran Zaev und Außenminister Nikola Dimitrov führte. Am Sonntag folgt ein Besuch in Tirana.

Die gemeinsame Visite sei „ein klares Signal, dass Nordmazedonien und Albanien auf unsere Unterstützung zählen können“, betonte Schallenberg am Hinflug. Österreich gilt als Verfechter einer EU-Erweiterung am Westbalkan. „Wir brauchen in der EU nicht über geopolitische Strategien reden, wenn wir das in der unmittelbaren Nachbarschaft nicht auf die Reihe kriegen. Das ist politisch, wirtschaftlich und kulturell unsere Nachbarschaft“, meinte der Außenminister. Zudem gebe es auch eine „menschlichen Brücke“, weil viele Menschen aus dieser Region etwa in Österreich leben würden.

Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben vor gut einem Jahr Grünes Licht für den Beginn von EU-Beitrittsgesprächen mit Nordmazedonien und auch Albanien erteilt. Wann die Verhandlungen nun aber tatsächlich starten, ist unklar, denn Bulgarien hat ein Veto gegen die Verhandlungen mit Nordmazedonien eingelegt. Dadurch ist auch der Start der Verhandlungen mit Albanien blockiert. Nun gelte es zu zeigen, dass „unser Wort gilt“ formulierte Schallenberg. Der gemeinsame Besuch mit den Amtskollegen aus Tschechien und Slowenien sei auch als zentraleuropäische Initiative zu sehen.

Auch Logar ließ über die Nachrichtenagentur STA wissen, dass die EU-Erweiterung am Westbalkan eine Priorität des slowenischen EU-Vorsitzes ab 1. Juli sein wird. Es werde dazu während des Vorsitzes im Herbst einen eigenen Gipfel geben. Schallenberg erklärte, er setze diesbezüglich „große Hoffnungen“ in den slowenischen Vorsitz. Der Außenminister lobte aber auch den aktuellen portugiesischen Vorsitz, der bis Ende Juni noch bedeutsame Fortschritte anstrebe.

Dabei hat Skopje den Status eines EU-Beitrittskandidaten schon seit Ende 2005, Albanien kam 2014 dazu. Fortschritte im EU-Annäherungsprozess waren aber jahrelang durch den ungelösten Namensstreit mit Griechenland blockiert. Die „Frühere Jugoslawische Republik Mazedonien“ (FYROM) einigte sich 2018 mit Griechenland auf die Änderung des Staatsnamens in Nordmazedonien. Die Lösung wurde von beiden Parlamenten und per Referendum in Mazedonien ratifiziert.

Jetzt blockiert aber Bulgarien die EU-Verhandlungen mit seinem Nachbarland wegen eines Streits um die teils gemeinsame Geschichte. Es weigert sich unter anderem, die mazedonische Sprache als eigenständig anzuerkennen. Außerdem besteht Sofia darauf, dass der neue Name „Republik Nordmazedonien“ in voller Länge benutzt wird, weil Nordmazedonien als Teil des geografischen Gebiets Mazedonien zu Bulgarien gehöre.

Für Außenstehende könnten solche Zwistigkeiten erstaunlich anmuten, meinte Schallenberg. „Europa ist aber eine historisch dichte Region. Da kannst Du keinen Meter gehen, ohne dass du auf einen Grabstein, eine Verwundung, eine Verletzung, eine kulturelle Hinterlassenschaft stößt“. Auch Österreich und Tschechien hätten gebraucht, bis es in der Frage der „Benes-Dekrete“ zu einer gemeinsamen Historikerkommission gekommen sei. „Ich glaube nur, dass Europa ein unglaubliches Heilmittel für solche Wunden ist.“ Zudem hätten alle Mitgliedstaaten auch nach dem offiziellen Beginn von Beitrittsgespräche noch alle Möglichkeiten, sich in kritischen Punkten zu Wort zu melden.

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Zwar habe Skopje in der Vergangenheit vielleicht den einen anderen „roten Knopf“ gedrückt, erinnerte Schallenberg als Beispiel daran, dass der Flughafen in der Hauptstadt einige Jahre zum Ärger Griechenlands nach „Alexander, dem Großen“ benannt gewesen sei. Zuletzt habe sich Nordmazedonien jedoch als „Musterschüler“ gezeigt. „Sie haben doch sogar den Namen des Staates geändert.“

Als problematisch wird die Blockade gesehen, weil die Balkanstaaten auch von Ländern wie Russland, China und der Türkei umworben werden. Schallenberg: „Wenn die EU nicht endlich Wort hält, dann werden andere Staaten dieses Vakuum füllen.“ Der ungarische EU-Kommissar Olivér Várhelyi hatte jüngst eine Diskussion darüber losgetreten, ob die EU bei anhaltender Blockade der Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien nur Gespräche mit dem Kandidatenland Albanien aufnehmen soll. Österreich lehnt dies ab. Am Sonntag sollen in Tirana Gespräche mit Staatsoberhaupt Ilir Meta, Ministerpräsident Edi Rama und Außenministerin Olta Xhaçka stattfinden.

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