Südkoreas Präsident in Wien: Corona und Klimakrise im Fokus

Die Bekämpfung der Corona-Pandemie und der Klimakrise sowie Kooperationen in Wirtschafts- und Technologiefragen waren die Schwerpunkte von Gesprächen, die der Präsident der Republik Korea, Moon Jae-in, am Montag in Wien unter anderen mit seinem Amtskollegen Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) führte. Österreich und Südkorea seien in Fragen wie Demokratie, Marktwirtschaft, Menschenrechte und Klimaschutz auf einer Linie, wurde beiderseits betont.

Bei einer Pressekonferenz stellten Südkoreas Präsident und Van der Bellen unisono fest, dass „selbstverständlich“ auch das kommunistische Nordkorea ins COVAX-Programm zur Vakzinversorgung ärmerer Länder einbezogen werde, wenn es dies wolle. Er sei aber nicht sicher, ob Nordkorea sich diesbezüglich schon geäußert habe und es überhaupt verlässliche Corona-Daten gebe, so Van der Bellen. Eine Versorgung aller Länder mit Corona-Vakzinen sei aber im Interesse aller, auch Europas und der Industrieländer. Moon ergänzte, die Republik Korea versuche generell, die Versorgung von Impfstoffen zu forcieren. Es müssten auch Entwicklungsländer einen fairen Zugang dazu haben.

Südkorea sei ein „World Champion“ bei der Bekämpfung und Bewältigung der Coronapandemie gewesen, lobte Van der Bellen und habe diese auch ohne größere wirtschaftliche Kollateralschäden überstanden. Allerdings sei Südkorea „fast eine Insel“ und kein von vielen Nachbarstaaten umgebenes Land wie Österreich. Kurz erklärte seinerseits nach dem Treffen mit Moon, dass Südkorea eines jener „ausgewählten“ Länder sei, mit denen eine „strategische Partnerschaft“ eingegangen werde. Es handle sich um einen wichtigen Handelspartner.

Die wirtschaftlichen Beziehungen hätten auch unter Corona nicht gelitten, so Kurz. Korea habe aber zur erfolgreichen Bekämpfung der Pandemie auch in einem Maße auf Daten im Gesundheitsbereich zurückgreifen können, wie dies in Europa nicht möglich sei. Dieses Thema werde aber unter Einbeziehung von Experten und Technologien auch in Europa noch diskutiert werden. Moon erwähnte in diesem Zusammenhang noch das Personentracking, betonte aber, dass auch in seinem Land auf den Datenschutz geachtet werde.

Van der Bellen unterstrich generell, dass sich Präsident Moon persönlich für den Dialog und einem Abbau der Spannungen mit Nordkorea eingesetzt habe. Es gebe ja immer noch Familien, die zerrissen seien, weil ein Teil im kommunistischen Norden und ein Teil in Südkorea lebe. Diese Familien hätten dann keinen Kontakt zueinander, erinnerte der Bundespräsident. Moon sei diesbezüglich sehr aktiv gewesen, habe aber mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un ein Gegenüber, „mit dem nicht leicht umzugehen ist“.

Moon betonte diesbezüglich, dass auch US-Präsident Joe Biden Zeichen setze, um den Dialog mit Nordkorea zu intensivieren. Es sei zu hoffen, dass diese auch in Pjöngjang gesehen würden. Bezüglich der Nordkorea-Politik von Bidens Vorgänger Donald Trump meinte Van der Bellen, sie sei zwar sehr aktiv, letztlich aber nicht sehr effektiv gewesen sei. Ein „Beweis für eine Denuklearisierung“ Nordkoreas sei bisher ausgeblieben. Trump hatte Kim 2018 in Singapur getroffen - sensationellerweise, denn die USA als Schutzmacht Südkoreas sind seit Jahrzehnten der Erzfeind Nordkoreas.

Bilaterales Verbesserungspotenzial gebe es noch beim Ausbau des Handelsvolumens und der Kooperation in Technologiefragen, hieß es nach dem Präsidententreffen. Einigkeit herrschte auch beim Bekenntnis zur Bekämpfung des Klimawandel. Südkorea habe erst jüngst eine virtuelle Konferenz der Klimaschutzinitiative P4G ausgetragen und wolle einen der nächsten Klimagipfel („COP28“) veranstalten, meinte Moon.

Südkoreas Staatsoberhaupt, das von Ehefrau Kim Jung-sook sowie Außenminister Eui-Yong Chung begleitet wurde, traf am Montag in Wien noch mit Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) zusammen.

Im Zuge der Visite wurden mehrere bilaterale Abkommen unterzeichnet. Eines betrifft die Doppelbesteuerung. „Die derzeitigen zwischenstaatlichen Bestimmungen beruhen auf einem Abkommen aus dem Jahre 1985 und müssen daher modernisiert werden“, hieß es dazu aus dem Finanzministerium. Ressortchef Gernot Blümel (ÖVP) teilte nach der Unterfertigung mit: „Das Steuersystem des 21. Jahrhunderts steht vor neuen Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf Digitalkonzerne und deren Gewinnverlagerungen. Durch dieses Doppelbesteuerungsabkommens werden die zwischenstaatlichen Verbindungen auf OECD-Standards angepasst.“

Ein weiteres Abkommen hat neben den Bereichen Sport, Frauen, Jugend und Tourismus auch die Weiterentwicklung und Förderung der bestehenden freundschaftlichen Beziehungen in Kunst und Kultur zum Ziel. Van der Bellen erinnerte dabei an die „auffallende Präsenz koreanischer Musikerinnen und Musiker“ in Österreich. Die Kooperation im kulturellen Bereich solle nun verstärkt werden. Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer ließ wissen: „Beide Länder hegen schon bisher gerade in Kunst und Kultur ein großes Interesse füreinander. Das Abkommen ist ein wichtiges Statement für den weiteren Ausbau der Kulturbeziehungen und des künstlerischen Austausch zwischen Österreich und Südkorea.“

Frauen- und Jugendministerin Susanne Raab (ÖVP) erklärte: „Ich freue mich sehr, dass wir eine engere Kooperation mit Südkorea auch im Jugendbereich vereinbaren konnten. Es ist mir ein besonderes Anliegen, dass wir in Zukunft auch mit einem eigenen Jugendaustauschprogramm den wechselseitigen Austausch stärken. Dadurch ermöglichen wir es österreichischen und südkoreanischen Jugendlichen, dass sie gemeinsam bereichernde neue Erfahrungen sammeln, von denen sie auf ihrem weiteren Lebensweg profitieren können.“ Bezüglich des Tourismus wurde die Hoffnung geäußert, dass diese bald wieder ohne Hemmnisse wie „Sichtvermerke“ und Reisebeschränkungen ablaufen und erneut florieren werde.

Eine verstärkte Kooperation wurde auch im Bildungsbereich vereinbart. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) unterzeichnete mit Vizepremier- und Bildungsministerin Yoo Eun-hae einen entsprechenden „Letter of Intent“. „Schülerinnen und Schüler sowie Pädagoginnen und Pädagogen in beiden Ländern werden von einem Wissenstransfer profitieren“, freute sich Faßmann in Folge in einer Aussendung.

Am Dienstag folgt ein Besuch im Stift Heiligenkreuz in Niederösterreich. Obwohl im kommenden Jahr bereits das 130-Jahr-Jubiläum der Aufnahme diplomatischer Beziehungen gefeiert wird, handelt es sich um die erste Visite eines südkoreanischen Präsidenten in Wien. Im Februar 2019 hatte Bundeskanzler Kurz Südkorea einen offiziellen Besuch abgestattet. 2007 absolvierte der damalige Bundespräsident Heinz Fischer einen Staatsbesuch in dem ostasiatischen Land.

Österreich-Ungarn und Korea schlossen 1892 einen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag. Das Königreich (ab 1897 Kaiserreich) Korea, das unter der seit 1392 herrschenden Yi-Dynastie eine strenge Abschließungspolitik betrieb, stand damals noch in einem nominellen Vasallitätsverhältnis zu China, mit dem die Habsburger-Monarchie seit September 1869 diplomatische Beziehungen unterhielt. Die Konfrontation der Interessen auf der koreanischen Halbinsel führte zum japanisch-chinesischen Krieg (1894/95) und zum russisch-japanischen Krieg (1904/05).

Dem koreanischen Hof zwangen die Japaner 1905 einen Protektoratsvertrag auf. 1910 wurde die Yi-Dynastie entthront und das Land dem japanischen Reich einverleibt. Die Kolonialherrschaft endete erst mit der militärischen Niederlage Japans 1945. Die Halbinsel wurde im Norden von sowjetischen, im Süden von US-Truppen besetzt. Es kam zur Teilung. Österreich unterhält sowohl mit der Republik Korea (Südkorea) als auch mit der Koreanischen Demokratischen Volksrepublik (Nordkorea) diplomatische Beziehungen.

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