Armenische Regierungspartei gewinnt Parlamentswahl

Die Partei des armenischen Regierungschefs Nikol Paschinjan hat die vorgezogene Parlamentswahl am Sonntag überraschend klar gewonnen. Die Partei Bürgervertrag kam nach Auszählung aller Stimmen auf 53,92 Prozent, teilte die Wahlleitung Montagfrüh mit. Der Herausforderer, Ex-Präsident Robert Kotscharjan, zog die Ergebnisse - sein Block Armenien erhielt rund 21 Prozent - in Zweifel. Internationale Wahlbeobachter stuften das Ergebnis indes als demokratisch ein.

Paschinjan hatte die vorgezogene Parlamentswahl ausgerufen, nachdem er wegen des verlorenen Berg-Karabach-Kriegs gegen den Nachbarn Aserbaidschan massiv unter Druck geraten war. Meinungsumfragen hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Blöcke vorhergesagt. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 50 Prozent.

Nach der vorgezogenen Parlamentswahl hofft Russland auf ein Ende der politischen Krise in der Südkaukasus-Republik Armenien. „Wir möchten, dass diese Wahl dazu beiträgt, dass die Schwierigkeiten, die das Land derzeit erlebt, bewältigt werden können“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag in Moskau der Agentur Interfax zufolge.

Ein Sieg Paschinjans gilt aus russischer Sicht als Garant dafür, dass das unter russischer Vermittlung mit Aserbaidschan geschlossene Waffenstillstandsabkommen um die Konfliktregion Berg-Karabach hält. Das Abkommen war nach einem 44-tägigen Krieg am 9. November vergangenen Jahres in Kraft getreten. Es legt auch die Stationierung von 2.000 russischen Friedenssoldaten fest. Bei den Kämpfen waren auf beiden Seiten mehr als 6.500 Menschen getötet worden. Armenien hatte dabei auch die Kontrolle über weite Teile von Berg-Karabach verloren. Aserbaidschan hingegen feierte sich nach der Rückeroberung der Gebiete als Sieger.

Paschinjan hatte die Neuwahl unter dem Druck von Oppositionsprotesten angesetzt. Mehrere Parteien machten den Regierungschef selbst für die Niederlage, die Gebietsverluste und die vielen Toten in Berg-Karabach verantwortlich. Der frühere Journalist war im Zuge der friedlichen Revolution 2018 an die Macht gekommen. Einen Rücktritt hatte er nach dem Krieg stets abgelehnt und betont, er wolle das Land aus der Krise führen.

Paschinjan sprach schon in der Nacht auf Montag von einem „überzeugenden Sieg“ und wertete das Ergebnis als neuerlichen Regierungsauftrag. Kotscharjan sagte hingegen, es gebe „Hunderte Hinweise“ aus den Wahllokalen, die auf „organisierte und geplante Fälschungen“ hindeuteten. Das Bündnis werde das Wahlergebnis nicht anerkennen, bis diese „Verstöße“ überprüft seien.

Der Wahlkampf sei fair und frei gewesen, es seien in einer polarisierten Umgebung die freiheitlichen Grundrechte der Wähler geachtet worden, sagte die norwegische Beobachterin Kari Henriksen von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am Montag in der Hauptstadt Jerewan. Die OSZE-Beobachter betonten, die Behörden hätten die Abstimmung am Sonntag professionell im Einklang mit internationalen Recht gemanagt.

Der griechische Beobachter George Katrougalos forderte die Opposition auf, die Ergebnisse anzuerkennen und sich auf die nächste Wahl vorzubereiten. Kritisch merkten die Experten an, dass Frauen in der Politik in Armenien ausgegrenzt würden und es noch rechtliche Änderungen gegeben habe kurz vor der Wahl. Zudem sei der Zugang für Menschen mit Behinderungen in einigen Wahllokalen schwierig gewesen. Insgesamt sei der Wahlkampf von Aggressivität und Konfrontation geprägt gewesen.

Bei der Abstimmung waren 21 Parteien und 4 Blöcke angetreten - so viele wie nie zuvor. Die meisten verfehlten die nötige Stimmzahl für einen Einzug ins Parlament. Vertreten im Parlament ist der Wahlkommission zufolge als dritte Kraft auch ein Parteienbündnis des früheren Präsidenten Sersch Sargsjan und des Ex-Geheimdienstchefs Artur Wanezjan.