SPD-Chef Scholz wirbt für Ampelkoalition
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat eindringlich für eine Ampelkoalition geworben. „Da passt was zusammen, wenn man das zusammenbringen will“, sagte Scholz am Dienstagabend in Berlin. „Es kann eine Regierung sein, wo drei Parteien zusammenkommen, die unterschiedliche, aber mit Überschneidungen versehene Fortschrittsideen haben.“ Die Grünen und die FDP haben bereits bilaterale Gespräche über eine gemeinsame Regierungsbildung begonnen.
Die SPD sei immer eine Partei gewesen, die die politische Durchsetzung von Recht, Freiheit und besserem Leben als möglich angesehen habe. Die Grünen sähen, wie die SPD, das Aufhalten des menschengemachten Klimawandels und die ökologischen Fragen drumherum als zentral an, seien aber „natürlich noch mehr darauf konzentriert“, sagte Scholz beim Spätsommerfest der Parlamentarischen Linken in der SPD-Fraktion in Berlin. „Und die liberale Partei hat auch Vorstellungen vom Fortschritt, die Überschneidungen haben mit dem, was wir so sehen.“ Scholz nannte die Frage der Bürgerrechte und die Modernisierung des Landes.
Die Bürgerinnen und Bürger wollten keine Regierung mit Parteien, die sich gegenseitig bekämpfen. Die Verantwortung sei groß. „Das wird eine schwere Zeit, aber ich sage auch zum Schluss, wenn wir die Regierung gebildet haben, dann soll sie auch so gut sein, dass sie auch wiedergewählt wird - und das ist dann das ganz große Projekt“, sagte Scholz.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich ging auf die Kämpfe in der Union nach dem Wahldebakel von CDU/CSU ein. „Natürlich macht die Unionsfraktion jetzt schwere Stunden durch“, sagte Mützenich. Wichtig sei aber, dass das Parlament dann auch über eine Opposition verfüge. Mützenich sagte: „Das Land gehört nicht einer CDU/CSU.“ Das Land gehöre den Bürgerinnen und Bürgern, die Scholz gewählt hätten. An diesem Mittwoch stellt sich Mützenich den 206 Abgeordneten der neuen SPD-Fraktion zur Wiederwahl. Erwartet wird ein sehr gutes Ergebnis.
Die Parteispitzen von Grünen und FDP haben Gespräche über eine gemeinsame Regierungsbildung begonnen. An einem ersten Treffen für sogenannte Vorsondierungen waren am Dienstag für die FDP Parteichef Christian Lindner und FDP-Generalsekretär Volker Wissing beteiligt, für die Grünen die beiden Vorsitzenden Robert Habeck und Annalena Baerbock. Ein Bild auf dem Instagram-Account von Lindner und Baerbock zeigte die vier Politiker bei dem Treffen. „Auf der Suche nach einer neuen Regierung loten wir Gemeinsamkeiten und Brücken über Trennendes aus. Und finden sogar welche. Spannende Zeiten“, hieß es übereinstimmend auf beiden Accounts.
Erklärtes Ziel beider Parteien ist die Einigung auf Grundlinien einer politischen Zusammenarbeit, die als Voraussetzung für einen „Neustart“ der Regierungspolitik in Deutschland dienen soll. Erst später wollen FDP und Grüne mit der Partei eines möglichen Kanzlers sprechen, also mit SPD oder Union.
Der wiedergewählte Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus geht davon aus, dass Armin Laschet nicht Fraktionsvorsitzender werden will, sollte die Union in der Opposition landen. „Armin Laschet wird bestimmt nicht als Fraktionsvorsitzender kandidieren, wenn wir in die Opposition gehen“, sagte Brinkhaus am Dienstagabend in den ARD-“Tagesthemen“. „Insofern bin ich kein Platzhalter und fühle mich auch nicht so.“ Brinkhaus war am Abend mit 85 Prozent der Stimmen in der Union-Fraktion wiedergewählt worden - allerdings nur bis Ende April und nicht wie üblich für ein Jahr. Stattdessen werde sich Laschet um die Partei kümmern, sollte die Union nicht regieren, erklärte Brinkhaus. „Als Parteivorsitzender ist man dann ganz gut beschäftigt.“
Sollte die Union nach ihrer Wahlniederlage tatsächlich in die Opposition müssen, wäre der Fraktionsvorsitz der wichtigste Posten, der übrig bliebe. Brinkhaus sagte in den „Tagesthemen“, CDU und CSU seien sich einig, dass man Grünen und FDP nun Gespräche über eine Jamaika-Koalition anbieten wolle. Klar sei, dass die Union nach der Niederlage gegen die SPD keine Ansprüche erheben könne. Aber eine Jamaika-Koalition sei neben der Ampel aus SPD, Grünen und FDP weiter eine mögliche Option. Die CDU/CSU war bei der Bundestagswahl auf den historischen Tiefpunkt von 24,1 Prozent gestürzt. Die SPD wurde mit 25,7 Prozent stärkste Kraft.