Korruptionsprozess gegen Aung San Suu Kyi begonnen
Auf den Tag genau zehn Monate nach ihrem Sturz durch das Militär hat sich die frühere myanmarische Regierungschefin Aung San Suu Kyi am Freitag einem Prozess wegen Korruption stellen müssen. Bei der Zeugenbefragung in der Hauptstadt Naypyidaw warf der frühere Regierungschef der Region Yangon, Phyo Min Thein, der Politikerin nach einem Bericht des „Guardian“ passive Bestechung mit Bargeld und Gold vor. Der Politikerin drohen 14 Jahre Haft.
Phyo Min Thein habe der Beschuldigten nach Angaben ihres Anwalts bei seiner Aussage nicht in die Augen gesehen, schrieb die Guardian-Reporterin Rebecca Ratcliffe in dem Blatt. Ihre Anwälte hätten die Vertagung der Verhandlung beantragt, weil sie nicht mit Suu Kyi hätten sprechen können.
Menschenrechtsexperten vermuten, dass die Junta die 76-jährige Friedensnobelpreisträgerin mit Hilfe von Justizverfahren langfristig zum Schweigen bringen will. Das Verfahren solle am kommenden Freitag fortgesetzt werden.
Suu Kyi ist seit dem Putsch am 1. Februar inhaftiert. Das Militär verhängte den Ausnahmezustand und ließ Proteste blutig niederschlagen; wirtschaftliche und soziale Not verschärften sich. Die Wirtschaft Myanmars dürfte nach Einschätzung der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) in diesem Jahr um 18,4 Prozent schrumpfen. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) wirft den Machthabern Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Mord, Folterungen und sexuelle Gewalt vor. Neuwahlen hat das Militär erst für August 2023 angekündigt. Die letzte Wahl hatte Suu Kyi mit ihrer Nationalen Liga für Demokratie klar gewonnen.