Scholz rechnet mit neuer deutscher Regierung vor Weihnachten
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat sich nach mehreren Sondierungsrunden zuversichtlich gezeigt, noch vor Weihnachten eine Ampel-Regierung mit Grünen und FDP bilden zu können. „Die Sondierungen finden in einer sehr, sehr guten und konstruktiven Atmosphäre statt“, sagte der Vizekanzler am Mittwoch in Washington. Deswegen sei er sicher, dass das Vorhaben von SPD, Grünen und FDP realisiert werden könne. „Nämlich, dass wir vor Weihnachten eine neue Regierung haben“, sagte Scholz.
Am Mittwoch berieten SPD, FDP und Grüne in kleinerem Kreis, wie es in Parteikreisen hieß. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte im „Frühstart“ der Sender RTL und ntv, der „ambitionierte Anspruch“ sei es, jetzt zügig fertig zu werden. Am Freitag komme man in der großen Runde zusammen. „Und unser Anspruch ist es, dann etwas auf den Tisch zu legen.“
Ziel ist es, sich bis Freitag auf eine Entscheidungsgrundlage für Koalitionsverhandlungen zu einigen, die das Ergebnis der bisherigen Verhandlungen zusammenfasst, wie FDP-Generalsekretär Volker Wissing gesagt hatte. Dieses Papier wollen die Unterhändler der Parteien dann ihren Gremien vorlegen und eine Empfehlung für das weitere Vorgehen aussprechen.
Nach den Sondierungsrunden am Montag und Dienstag sollen die Generalsekretäre von SPD und FDP sowie der Bundesgeschäftsführer der Grünen das bisher Verhandelte zu Papier bringen. Hintergrund ist auch, dass Scholz als amtierender deutscher Finanzminister an diesem Mittwoch und Donnerstag beim Treffen der G20-Finanzminister in Washington ist.
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzend der Grünen im Bundestag, Agnieszka Brugger, sieht die Sondierungsgespräche an einem entscheidenden Punkt. „Man hat in den letzten beiden Tagen noch einmal große Schritte gemeinsam gemacht“, sagte sie am Mittwoch in der Sendung „Schönen Morgen“ auf radioeins des Rundfunks Berlin-Brandenburg.
Brugger ist Teil des erweiterten Sondierungsteams der Grünen. Sie sagte, es gehe nun darum, eine solide Grundlage zu schaffen. „Auch kreative Lösungen brauchen Zeit, deshalb werden wir am Freitag wissen, wie es weitergeht.“ Zu einzelnen Inhalten wollte sie nichts sagen. Es sei nach dem Gespräch am Vortag aber sichtbar und spürbar geworden: „Wir sind mehrere große Schritte gemeinsam miteinander gegangen, da sind Brücken gefunden worden, und trotzdem haben auch alle klar gemacht, damit sind noch nicht alle schwierigen Themen jetzt komplett ausverhandelt. Das ist dann auch die Aufgabe von Koalitionsverhandlungen.“
Klingbeil verteidigte das Schweigen zum inhaltlichen Stand der Dinge. Er sagte im „Frühstart“ der Sender RTL und ntv, es gehe jetzt darum, nicht nur auszuloten, wo Gemeinsamkeiten und wo Differenzen liegen, „sondern es geht auch darum, Vertrauen herzustellen“. Klingbeil sagte weiter: „Das, was uns gerade sehr prägt, sind Jamaika-Verhandlungen von 2017, wo man gesehen hat: Alles wurde öffentlich dokumentiert, öffentlich kommentiert - Streitpunkte, Gemeinsamkeiten.“ Das habe „am Ende ganz viel Vertrauen kaputtgemacht“. „Und wenn diese Regierung klappen soll, dann ist Vertrauen ein wesentlicher Baustein.“
Union, FDP und Grüne hatten 2017 über ein sogenanntes Jamaika-Bündnis verhandelt - die Gespräche waren letztlich aber geplatzt. Bei den laufenden Sondierungen von SPD, Grünen und FDP haben die Verhandler Stillschweigen zu konkreten Inhalten der Verhandlungen vereinbart.
Grüne und FDP haben sich parallel zu den Ampel-Gesprächen die Möglichkeit einer Jamaika-Koalition mit der Union offengehalten. Die SPD ist aufgrund des Wahlergebnisses künftig stärkste Kraft im Bundestag.