Tote bei Protesten gegen Militärputsch im Sudan

Bei Protesten gegen den Militärputsch im Sudan hat es Tote und zahlreiche Verletzte gegeben. Ein Mediziner-Verband in der Hauptstadt Khartum sprach am Montag von „drei Toten und mehr als 80 Verletzten“ durch Schüsse von Soldaten. Das Militär hatte zuvor die Übergangsregierung aufgelöst und den Regierungschef festgenommen. Nach UNO-Informationen sollen die Streitkräfte mittlerweile Khartum kontrollieren. Die internationale Gemeinschaft zeigte sich von den Vorgängen alarmiert.

Der Flughafen und wichtige Brücken seien in der Hand des Militärs, erklärte der deutsche UNO-Sonderbeauftragte für Sudan, Volker Perthes, am Montag. Er betonte dabei, dass die Vereinten Nationen bisher angesichts der eingeschränkten Telefon- und Internetverbindungen noch keinen kompletten Überblick über die Lage hätten. Über die Situation in Khartum, wo Perthes sich gegenwärtig aufhält, sagte er: „Hier brennen noch immer Barrikaden, und wir können gelegentlich Schüsse hören, daher besteht natürlich die Gefahr, dass es zu mehr Gewalt oder Spannungen kommt, wenn die Nacht hereinbricht“. Die Vereinten Nationen hätten seit Sonntag keinen Kontakt zu den militärischen Anführern, ergänzte er.

Sudans oberster General, Abdel Fattah al-Burhan, hatte zuvor im Staatsfernsehen die Übergangsregierung sowie den Souveränen Übergangsrat für aufgelöst erklärt und die Bildung einer neuen Regierung mit „kompetenten Personen“ angekündigt. Der abgesetzte Ministerpräsident Abdalla Hamdok sowie weitere zivile Mitglieder seiner Regierung würden vom Militär an einem unbekannten Ort festgehalten. Mit den Maßnahmen wolle er „den Kurs der Revolution korrigieren“, postulierte al-Burhan. Er versicherte zugleich, noch immer „einen Übergang zu einem zivilen Staat und freie Wahlen im Jahr 2023“ zu unterstützen - obwohl er alle dafür Verantwortlichen ihrer Aufgaben entband.

Das Informationsministerium sprach von einem „Putsch“. Im ganzen Land waren demnach die Internetdienste unterbrochen und wichtige Straßen und Brücken gesperrt. Hamdoks Büro forderte die Bevölkerung auf, mit „allen friedlichen Mitteln“ zu demonstrieren, um „ihre Revolution von den Dieben zurückzuholen“.

International gab es heftige Kritik an den Vorgängen im Sudan. UNO-Generalsekretär António Guterres verurteilte den „Militärputsch“ und forderte die „sofortige Freilassung von Regierungschef Hamdok“ sowie die Achtung der „Verfassungscharta“. „Jede gewaltsame Änderung der Übergangsregierung gefährdet die Unterstützung der USA“, twitterte der US-Sonderbeauftragte für das Horn von Afrika, Jeffrey Feltman. Unterdessen machten die Vereinigten Staaten ihre Drohungen wahr und legten 700 Millionen Dollar (601,89 Mio. Euro) Wirtschaftshilfe auf Eis. Die Summe sollte den demokratischen Übergang unterstützen, so ein Sprecher des Außenministeriums in Washington. Er ergänzte, dass bis dato noch keine Gelder überwiesen worden seien.

„Es wäre eine Katastrophe, wenn der Sudan nach Jahrzehnten der Diktatur nun die Uhr zurückdrehen würde“, so die UNO-Kommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet. EU-Außenbeauftragter Josep Borrell sowie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verlangten die Freilassung Hamdoks. Macron twitterte: „Ich spreche der sudanesischen Übergangsregierung unsere Unterstützung aus.“ Auch Großbritannien kritisierte den Putsch scharf. „Das heutige Vorgehen des Militärs bedeutet einen inakzeptablen Verrat am sudanesischen Volk und seinem Weg zur Demokratie“, sagte die Staatssekretärin im Außenministerium, Vicky Ford, im Parlament in London. „Wir sind auch zutiefst besorgt über Berichte über Erschießungen von Demonstranten. Das muss aufhören.“

Im Sudan hatte nach dem Sturz von Machthaber Omar al-Bashir 2019 ein Souveräner Rat die Regierungsgeschäfte übernommen, in dem sich Militärs und Zivilisten die Macht teilen. Seitdem befindet sich das Land in einer fragilen Übergangsphase, die 2023 mit der Einsetzung einer zivilen Regierung enden sollte. Eine hohe Inflation, wirtschaftliche Probleme und tiefe politische Spaltungen verschärfen die Lage.

In der vergangenen Woche waren Zehntausende Sudanesen in mehreren Städten auf die Straße gegangen, um die vollständige Machtübergabe an die Zivilbevölkerung zu fordern. Andere Demonstranten verlangten hingegen bei einer mehrtägigen Sitzblockade vor dem Präsidentenpalast in Khartum eine Rückkehr zur „Militärherrschaft“.

Verwandte Themen