Corona-Lockdown für drei Wochen ab Montag
Österreich geht in den dritten harten Lockdown. Bundesregierung und Landeshauptleute haben sich nach zähem Ringen in einer Verhandlungsnacht am Tiroler Achensee auf einen Lockdown für ganz Österreich geeinigt - der aber für Geimpfte und Genesene spätestens nach 20 Tagen am 12. Dezember enden soll. Eine „politische Garantie“, wie Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) bei einer Pressekonferenz erklärte. Der zweite Paukenschlag: Eine allgemeine Impfpflicht mit 1. Februar.
Der Lockdown für Ungeimpfte wird über den 12. Dezember hinaus andauern. Wie lange er dann noch dauern und unter welchen Parametern er irgendwann enden werde, wollten die Verantwortlichen nicht sagen. Fix ist, das eine Evaluierung des Lockdowns für alle nach zehn Tagen vorgenommen werde.
Die gesetzliche Impfpflicht, für die nunmehr ein Gesetzgebungs- und Begutachtungsverfahren eingeleitet wird, werde sicher „für Riesendiskussionen“ sorgen, räumte Schallenberg ein. Die teils mangelnde Impfbereitschaft habe aber keine andere Wahl gelassen. Auf die Frage, wie Verstöße gegen die Impfpflicht exekutiert werden, sagte der Kanzler, dass diese seines Erachtens Verwaltungsstrafen zur Folge haben - und nicht unter das Strafrecht fallen. Details würden noch ausgearbeitet. Es werde jedenfalls Ausnahmen für all jene geben, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können.
Ebenfalls paktiert wurde eine FFP2-Pflicht in allen Innenräumen. Die Präsenzpflicht an den Schulen wird ausgesetzt. Präsenzunterricht wird für alle jene angeboten, die es benötigen. Einher geht aber der „eindringliche Appell“ an die Eltern, die „Kinder zu Hause zu lassen“, wie Schallenberg erklärte. Damit gehe man in Sachen Schule den Weg, den auch bereits die Bundesländer Salzburg und Oberösterreich gegangen seien. Schallenberg verwies auf die extrem hohe Fallzahlen in diesen Altersgruppen. „Was immer wir im Schulbereich entscheiden, ist immer eine Herausforderung“, räumte er ein.
Der Bundeskanzler sagte, es sei trotz monatelanger Überzeugungsarbeit nicht gelungen sei, genug Menschen von der Impfung zu überzeugen. Man habe daher keine andere Möglichkeit gesehen, als weitere einschränkende Maßnahmen für andere zu verordnen - „zum Schutz von uns allen“. In dieser Zeit werde es auch Wirtschaftshilfen geben. „Diese Entscheidung fällt uns nicht leicht. Aber angesichts des Infektionsgeschehens müssen wir solche Maßnahmen setzen und wir tragen sie alle mit.“ Es handle sich um „Einschränkungen der Grund-und Freiheitsrechte“, die man „nicht auf Vorrat habe“. Sie dürfen nicht überschießend und müssten verhältnismäßig sein, so der Kanzler auf die Frage, ob man sich nicht zu lange damit Zeit gelassen habe.
Man bitte die Bevölkerung in den nächsten 20 Tagen, sich noch einmal zusammenzureißen, „damit wir diese vierte Welle brechen“. „Und ich hoffe, dass wir mit diesem Appell nie wieder in seine solche Situation kommen“, sagte er.
Es sei allen bewusst, dass man den Geimpften „Enormes“ abverlangt, sagte der Bundeskanzler. Diese müssten nun die Einschränkungen auf sich nehmen, „weil sich zu viel unsolidarisch gezeigt haben“. Zur Impfpflicht merkte er an, dass man hier den Realitäten ins Auge sehen müsse. „Wir haben zu viele politische Kräfte in diesem Land, die vehement dagegen ankämpfen“, dies sei ein „Attentat auf unser Gesundheitssystem“. Die Konsequenzen seien überfüllte Intensivstationen und enormes menschliches Leid.
Änderungen kommen bei der Gültigkeit des Grünen Passes: Der zweite Stich soll ab dem Februar 2022 nicht wie bisher neun Monate, sondern dann nur mehr sieben Monate für den Grünen Pass gelten, womit die Bevölkerung zur dritten Auffrischung motiviert werden soll. Bei vorangegangenen Impfungen mit Vektorimpfstoffen (wie Astra-Zeneca) wird die dritte Dosis ab dem vierten Monat empfohlen, bei mRNA-Impfstoffen (Pfizer oder Moderna) ist der Dritte Stich ab dem vierten Monat möglich.
Spitzensportveranstaltungen dürfen weiterhin stattfinden, aber nur noch ohne Zuschauer, also in der Fußball-Bundesliga beispielsweise als Geisterspiele. Der Breitensport kommt komplett zum Ruhen.
Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) sagte, es werde auch eine generelle FFP2-Pflicht in Innenräumen eingeführt. Arbeitsplatz, sofern keine anderen Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden können. Es gibt auch eine Empfehlung für Homeoffice. Das wird auch im Bundesdienst umgesetzt.
Die Bevölkerung bat der Ressortchef um Verständnis für die Maßnahmen: „Ein Lockdown ist immer eine Zumutung. Aber es ist das verlässlichste Instrument, um die vierte Welle zu brechen.“ Wenn aber alle diese Entscheidung mittragen, dann werde die Entbehrung zum gemeinsamen Ziel führen.
Der Vorsitzende der LH-Konferenz, Tirols LH Günther Platter (ÖVP) betonte, dass das Gesundheitssystem am Rande der Belastbarkeit steht. Es sei wichtig, dass Bund und Länder an einem Stand ziehen. Auch wies er darauf hin, dass neben den Regierungsparteien ÖVP und Grünen auch die SPÖ mit an Bord bei dieser Einigung ist. „Es war eine lange Nacht“, erklärte Platter, der sich lange gegen einen Lockdown gestemmt hatte. Nun man aber die Impfpflicht durchgesetzt, zeigte sich der Landeschef zufrieden und sprach von der „wichtigsten Maßnahme“. Es handle sich insgesamt um eine Einigung zwischen „SPÖ, ÖVP und Grünen“.
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sprach von einem „historischen Tag“ und kurzfristigen sowie langfristigen Maßnahmen, die man auf den Weg gebracht habe. Allein ein in die Höhe-Treiben der Impfungen hätte kurzfristig nicht geholfen, die Krankenhauskapazitäten zu entlasten und dem Infektionsgeschehen Herr zu werden. „In Solidarität zu den Bundesländern Salzburg und Oberösterreich“ habe man sich dazu entschlossen, bundeseinheitlichen Regeln zuzustimmen. „Wir alle wissen, wir werden keinen Schönheitspreis bekommen“, meinte der Wiener Bürgermeister zur Lockdown-Maßnahme. Ihm sei klar, dass der Lockdown für viele Branchen eine einschneidende Maßnahme sei.