Hongkonger „Stand News“ stellt nach Razzia Erscheinen ein
Nach der Festnahme mehrerer Mitarbeiter und der Durchsuchung seiner Redaktionsräume stellt das unabhängige Hongkonger Online-Medium „Stand News“ sein Erscheinen ein. Chefredakteur Patrick Lam sei zurückgetreten und alle Beschäftigten entlassen worden, teilte die Nachrichtenseite am Mittwoch mit. Mehr als 200 Polizisten hatten in der Früh auch die Wohnungen mehrerer Redakteure durchsucht und sechs Personen festgenommen. Ihnen wird Verschwörung zum „Aufruhr“ vorgeworfen.
Nach Angaben des Hongkonger Senders TVB zählten zu den verhafteten Personen die ehemaligen Vorstandsmitglieder Margaret Ng, eine ehemalige demokratische Abgeordnete, und Denise Ho, eine Popsängerin, sowie Chefredakteur Patrick Lam. Die Polizei bestätigte die Festnahme von drei Männern und drei Frauen im Alter von 34 bis 73 Jahren.
Das Büro von „Stand News“ in einem Industriegebäude im Arbeiterviertel Kwun Tong sei von Dutzenden von Polizisten abgeriegelt worden, berichtete ein Reuters-Reporter. „Stand News“ veröffentlichte ein Video, auf dem zu sehen ist, wie die Polizei am Wohnsitz des stellvertretenden Redaktionsleiters und Vorsitzenden der Hongkonger Journalistenvereinigung, Ronson Chan, eintrifft. „Die Anklage lautete auf Verschwörung zur Veröffentlichung aufrührerischer Publikationen. Dies ist der Haftbefehl“, sagt ein Polizist auf dem Video.
Aufwiegelung ist nach dem umfassenden Gesetz zur nationalen Sicherheit, das die Regierung in Peking der chinesischen Sonderverwaltungszone im Juni 2020 auferlegt hat, kein Verbrechen. Jüngste Gerichtsurteile haben den Behörden jedoch die Möglichkeit gegeben, die durch das neue Gesetz verliehenen Befugnisse zu nutzen, um zuvor kaum genutzte Verordnungen aus der Kolonialzeit anzuwenden, die Aufwiegelung abdecken.
Die Razzia gibt weiteren Anlass zur Sorge über schwindende Rechte und Freiheiten in der Stadt. Das weitreichende Gesetz zur nationalen Sicherheit gilt als massiver Einschnitt in die Autonomie der ehemaligen britischen Kronkolonie, die ihr bei der Übergabe an China 1997 nach dem Prinzip „Ein Land - zwei Systeme“ für mindestens 50 Jahre zugesagt worden war. Westliche Staaten werfen China vor, Bürgerrechte in Hongkong auszuhöhlen und die Demokratie-Bewegung mundtot machen zu wollen.