Matthias Mayer schreibt mit Super-G-Gold Ski-Geschichte

Matthias Mayer hat am Dienstag in Yanqing bei den Olympischen Winterspielen nicht nur österreichische Sportgeschichte geschrieben. Der 31-jährige Kärntner kürte sich wie schon 2018 zum Super-G-Olympiasieger und ist damit nach seinem Olympia-Abfahrts-Gold 2014 in Sotschi sowie Abfahrts-Bronze am Montag erfolgreichster alpiner Österreicher bei Olympia. Mayer gewann in 1:19,94 Minuten nur vier Hundertstel vor Ryan Cochran-Siegle (USA) und 0,42 vor Aleksander Aamodt Kilde (NOR).

Mayer übertraf mit seinem vierten olympischen Edelmetall in der ewigen Bestenliste u.a. auch den legendären Toni Sailer (1956 dreimal Gold) sowie auch Hermann Maier (2-1-1). „Es ist wirklich unfassbar, muss ich sagen, es war ein Wahnsinns-Rennen“, freute sich Mayer im Auslauf. „Ich habe sehr viel riskiert und war sehr locker drauf. Ich habe gewusst, dass es sich ausgehen kann, aber nur mit einer perfekten Fahrt. Zum Schluss habe ich noch mehr riskiert, bin ‚all-in‘ gegangen. Das ist mir voll aufgegangen.“

Er sei „ziemlich gerade“ auf die Tore zugefahren. „Das war am Ende das große Geheimnis, aber sehr viel Risiko.“ Nach dem Videostudium seiner Fahrt wurde ihm klar, was für eine brenzlige Situation er am Start gehabt hatte, als er mit dem Stock in eine Alu-Schiene rutschte, blitzschnell entschied, ihn rauszuziehen, sich nochmals „eine Sekunde“ zu konzentrieren und dann zu starten. „Das ist sich um Millimeter ausgegangen, dass ich nicht die Zeitnehmung auslöse. Der Start war sehr nervenaufreibend. Aber das hat mich nicht gestört in weitere Folge.“

Es brauchte ebenfalls bis zum Abend, bis er sich Gedanken darüber machte, was dieser Erfolg historisch bedeuten könnte. Es werde noch dauern, das alles zu realisieren. „Bis jetzt hat nur das Rennen von heute gezählt, ich habe nur auf den heutigen Tag geschaut, dass ich die beste Leistung raushole.“

Bei der letzten Zwischenzeit lag Mayer noch 23 Hundertstel hinter dem bis dahin führenden Kilde, doch mit einem furiosen Finish setzte er sich noch 42 Hundertstel vor dem Norweger an die Spitze. Unmittelbar danach hätte der US-Amerikaner Cochran-Siegle allerdings Mayer beinahe postwendend die Führung abgejagt, er verfehlte die Bestzeit des Kärntner nur um 4 Hundertstel.

Da es wegen der Hygienebestimmungen kein Österreich-Haus gibt, sind großer Feierlichkeiten nicht möglich. Ob es im Olympischen Dorf einen Zapfenstreich gibt? Mayer: „Da bin ich gespannt, ich habe noch nichts davon gehört. Wir werden es eh merken, wenn die Chinesen an die Tür klopfen.“

Vincent Kriechmayr wurde als zweitbester Österreicher Fünfter, er verfehlte die Podestränge um 0,34 Sekunden und war um 0,76 Sekunden langsamer als Mayer. „Im Steilen könnte ich noch ein, zwei Zehntel finden, die fast acht Zehntel auf den Mothl hätte ich heute nicht gefunden“, sagte der regierende Super-G-Weltmeister. „Ich habe mich sehr gut gefühlt, bis zur Mitte bin ich ein ganz gutes Rennen gefahren. In Summe habe ich es herunten kassiert“, sagte der Oberösterreicher.

Auf dem von ihrem Landsmann Reto Nydegger sehr eng gesteckten Kurs auf der „Rock“ erwischte es ausgerechnet die Schweizer Mitfavoriten: Marco Odermatt, zweifacher Super-G-Saisonsieger schied ebenso aus wie Abfahrts-Olympiasieger Beat Feuz. Ein Schicksal, das u.a. auch zwei der vier Österreicher ereilte. Denn obwohl schon mit den späteren Nummer 19 und 20 ins Rennen gegangen und daher über die Tücken der Strecke informiert, scheiterten Olympia-Debütant Raphael Haaser und Max Franz vorzeitig und erreichten das Ziel nicht.

„Ich habe den Ski nicht so schön gekriegt, dass ich vor dem Tor auf Zug gehen kann. Da fehlen die Meter und beim hängenden Tor musst du von hinten draufkommen und das ist mir nicht gelungen. Dann stehst du gleich in der Garage“, meinte Franz, der sich auf das Rennen eigentlich „brutal gefreut“ hatte. „Die Piste schaut mega aus und dann war es brutal schnell vorbei. Die Enttäuschung ist schon sehr groß.“

Ähnlich sah es Haaser nach seinem Debüt: „Der Frust ist schon sehr groß. Ich habe mich gefreut, dass ich rausstarten darf. Ich habe leider den Ski nicht so gekriegt, dann war es brutal schnell vorbei. Es hat einfach nicht funktioniert, sehr schade.“

Grund zum Jubel hatten hingegen natürlich auch die anderen Medaillen-Gewinner: Cochran-Siegle nicht zuletzt auch deshalb, weil er die tolle Ski-Tradition seiner Familie fortsetzte. 50 Jahre nach seiner Mutter Barbara Ann Cochran, die 1972 Slalom-Gold in Sapporo geholt hatte, hat er Edelmetall in die Familie gebracht. Eine Familie, die in Vermont ein kleines Skigebiet betreibt.

Für Kilde bedeutete Bronze endlich die erste Medaille bei einem Großereignis. „Als ich im Ziel war, war es befriedigend. Mayer ist blitzschnell gewesen, und auch Ryan. Ich bin schon zufrieden mit der ersten Medaille, das war ein großes Ziel für mich“, freute sich der dreifache Saisonsieger, der als Favorit nach China geflogen war. „Es war viel Druck auf den Schultern, ich war die ganze Woche nervös.“

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