Deutschland kommt der Ukraine mit Waffenlieferungen zu Hilfe
In einer historischen Kehrtwende hat die deutsche Regierung Waffenlieferungen an die Ukraine angekündigt. „Der russische Überfall auf die Ukraine markiert eine Zeitenwende. Er bedroht unsere gesamte Nachkriegsordnung“, erklärte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz am Samstagabend die Abkehr von der jahrzehntelangen Linie, keine Waffen in Konfliktgebiete zu liefern. Konkret wird die ukrainische Armee Hunderte deutsche Panzer- und Luftabwehrraketen bekommen.
„In dieser Situation ist es unsere Pflicht, die Ukraine nach Kräften zu unterstützen bei der Verteidigung gegen die Invasionsarmee von Wladimir Putin“, betonte Scholz. Außenministerin Annalena Baerbock und Vizekanzler Robert Habeck (beide Grüne) erklärten, dass sich die Ukraine nach dem schamlosen Angriff Russlands verteidigen können müsse. „Sie hat ein unabdingbares Recht auf Selbstverteidigung“, betonten sie.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bedankte sich indes für die Bildung einer internationalen „Koalition“ zur Unterstützung seines Landes und erste Waffenlieferungen. „Wir erhalten Waffen, Medikamente, Lebensmittel, Treibstoff, Geld“, sagte Selenskyj in einem Video, das am Sonntag in den Online-Netzwerken verbreitet wurde. „Eine starke internationale Koalition hat sich gebildet, um die Ukraine zu unterstützen, eine Anti-Kriegs-Koalition“, fügte Selenskyj hinzu.
Konkret begrüßte der ukrainische Präsident Waffenlieferungen aus Deutschland und Belgien und den Beschluss westlicher Verbündeter, russische Banken aus dem internationalen Zahlungssystem Swift auszuschließen.
Selenskyj dankte in seinem Video auch dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda, der sich für einen EU-Beitritt der Ukraine ausgesprochen hatte. Selenskyj forderte zudem die internationale Gemeinschaft auf, Moskau sein Stimmrecht im UN-Sicherheitsrat zu entziehen. Er verwies auf „kriminelle Handlungen“ Russlands gegen die Ukraine, „die Merkmale eines Völkermords“ aufwiesen.
Deutschland hatte sich in der zuspitzenden Ukraine-Krise beständig immer intensiveren Aufforderungen nach Waffenlieferungen verschlossen. Die deutsche Linie hinderte auch NATO-Partner daran, Rüstungsgüter aus deutschen Beständen nach Kiew zu liefern. Infolge der deutschen Kehrtwende kann nun etwa Estland mehrere Haubitzen aus DDR-Produktion der ukrainischen Armee übergeben. Auch die Niederlande können nun 400 Panzerfäuste aus deutscher Produktion in die Ukraine exportieren.
Deutschland liefert nun Waffen aus den Beständen der Bundeswehr an die Ukraine. Wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Samstag mitteilte, werden die ukrainischen Streitkräfte mit 1.000 Panzerabwehrwaffen sowie 500 Boden-Luft-Raketen vom Typ Stinger unterstützt. Die Waffen würden so schnell wie möglich an die Ukraine geliefert.
Neben Deutschland kündigten auch andere westliche Staaten eine stärkere militärische Unterstützung der Ukraine an. So teilte der Elysée-Palast am Samstag nach einer Sitzung des Verteidigungsrates mit, dass Frankreich mehr militärische Ausrüstung und Kraftstoff geliefert werden soll. Details wurden nicht genannt.
Die Niederlande wollen 200 Stinger-Flugabwehrraketen liefern, Belgien 2.000 Maschinengewehre. Die US-Regierung kündigte an, der Ukraine bis zu 350 Millionen US-Dollar (312 Millionen Euro) zur „sofortigen Unterstützung der Verteidigung“ zur Verfügung zu stellen. Die neue Lieferung soll auch Panzerabwehrlenkwaffen vom Typ Javelin umfassen. Rumänien kündigte an dem Nachbarland Ukraine umgehend Munition, schusssichere Westen, Militärhelme, sonstige militärische Ausrüstung, Treibstoff, Wasser, Lebensmittel, Arzneimittel sowie medizinische Hilfsgüter zukommen zu lassen.
Auch aus dem baltischen EU- und NATO-Land Litauen erhielt die Ukraine weitere Militärhilfe. „Litauische Truppen beendeten ihre logistische Operation vor Mitternacht und lieferten Waffen, Munition, Helme und gepanzerte Westen“, schrieb der litauische Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas am Sonntag auf Twitter. Nach seinen Angaben sendeten insgesamt 13 NATO-Staaten der Ukraine bereits militärische Hilfe in Form von Waffen, Munition und Flug- und Panzerabwehrraketen. Litauen hatte zuvor bereits in den USA hergestellte Stinger-Flugabwehrraketen in die Ukraine geliefert.