Tote bei Angriffen auf Wohngebäude in Kiew
In der Ukraine gehen die Bombardierungen und Blockaden wichtiger Städte durch Russland weiter. In der Hauptstadt Kiew wurden nach Angaben des örtlichen Zivilschutzes am frühen Dienstagmorgen insgesamt vier Wohngebäude in mehreren Stadtteilen von Raketen getroffen. Ersten Informationen zufolge wurden zwei Menschen getötet und ein weiterer verletzt. Auch aus der ostukrainischen Stadt Ruischne wurden vier Tote bei russischen Angriffen gemeldet.
Bei den Angriffen in Kiew konnten 35 Bewohner gerettet werden, schrieb die Kiewer Zivilschutz-Sprecherin Swetlana Wodolaha bei Facebook. Berichten zufolge wurde auch der Eingang zu einer U-Bahn-Station beschossen. Es wird vermutet, dass dieser Angriff einer nahe gelegenen Munitionsfabrik galt.
Die russische Armee versucht derzeit, Kiew einzukesseln. In der Stadt befindet sich nach wie vor die Hälfte der einst drei Millionen Einwohner. Sie können die Stadt nur noch in Richtung Süden verlassen. Die Vororte im Nordosten und Nordwesten sind stark umkämpft. Ein Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sagte zuletzt, Kiew bereite sich auf eine „erbitterte Verteidigung“ vor.
Die Angriffe in Ruischne hätten eine Einrichtung für sehbehinderte Kinder, das städtische Krankenhaus und drei Schulen zerstört, meldete die Agentur Unian am Dienstag. Rubischne liegt nahe der Großstadt Sjewjerodonezk, um die sich prorussische Separatisten und ukrainische Truppen derzeit heftige Kämpfe liefern.
Nach einem russischen Luftangriff auf einen Fernsehturm im Nordwesten der Ukraine am Montag ist die Zahl der Toten auf mindestens 19 gestiegen, wie der Gouverneur der Region Riwne, Witalij Kowal, mitteilte. Am Montag hatte Kowal kurz nach dem Angriff von neun Toten und neun Verletzten gesprochen und erklärt, weitere Personen befänden sich noch unter den Trümmern.
In mehreren Teilen des Landes warnten Sirenen vor neuen Luftangriffen, darunter in Odessa im Süden und Tschernihiw im Norden der Ukraine. Das Moskauer Verteidigungsministerium meldete laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax, die volle Kontrolle über die gesamte Region Cherson im Süden erlangt zu haben. Angaben zum Kampfgeschehen können nicht unabhängig überprüft werden.
Die Ukraine plante nach eigenen Angaben die Öffnung von neun Fluchtkorridoren aus belagerten Gebieten. Die Behörden wollten zudem versuchen, Hilfsgüter in die eingekesselte Hafenstadt Mariupol zu bringen, teilte Vize-Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk mit. Am Montag hatten erstmals Zivilisten die Stadt verlassen können, in der die Lage für die Bevölkerung besonders dramatisch ist. Ein Vertreter des Stadtrats sagte der Nachrichtenagentur Reuters, in den ersten zwei Stunden seien 160 Autos aus der Stadt gefahren. Russland weist Vorwürfe zurück, zivile Ziele anzugreifen.
Ungeachtet der anhaltenden Kämpfe sollten die Gespräche zwischen Unterhändlern der Ukraine und Russlands über eine Waffenruhe am Dienstag fortgesetzt werden. Die Verhandlungen, die ein erster Schritt aus dem Konflikt werden sollen, waren am Montag unterbrochen worden.
Nach Ansicht des ukrainischen Präsidentenberaters Olexii Arestowitsch könnte der Krieg noch bis Mai andauern. „Ich denke, wir sollten bis Mai, Anfang Mai, ein Friedensabkommen haben, vielleicht viel früher, wir werden sehen“, sagte der Berater des Chefs des Präsidentenstabes in einem von mehreren Sendern veröffentlichten Video. Arestowitsch ist selbst nicht an den Gesprächen der beiden Kriegsparteien beteiligt.
Seit der russischen Invasion am 24. Februar sind Tausende Menschen bei Kämpfen und Bombardements getötet worden. Laut den Vereinten Nationen (UN) sind inzwischen mehr als 2,8 Millionen Menschen geflohen. Russland bezeichnet sein Vorgehen in der Ukraine als „Spezialoperation zur Entnazifizierung“ des Nachbarlandes. Die USA und ihre Verbündeten sehen darin einen Vorwand für einen ungerechtfertigten Angriff auf die Ex-Sowjetrepublik.