Barbara Albert interessiert das „Egothema“ nicht mehr

Sie ist eine der erfolgreichsten österreichischen Regisseurin, und doch hat Barbara Albert („Licht“) noch nie eine Serie inszeniert. Bis jetzt. Gemeinsam mit David Dietl hat die aus Wien stammende Wahlberlinerin Thomas Pletzingers Erfolgsroman „Bestattung eines Hundes“ für Sky adaptiert. Ein Gespräch über das Philosophische des Kinos, den „weiblichen Blick“ und ihr wachsendes Desinteresse am Egothema.

APA: „Funeral for a Dog“ ist Ihr erstes Serienprojekt. Hat das Kino Sie verloren?

Barbara Albert: Die Seiten habe ich nicht gewechselt! Ich drehe demnächst auch wieder einen Kinospielfilm. Ich wäre froh, wenn man als Regisseurin nicht in eine Schublade gesteckt wird. Die Arbeit des Inszenierens selbst unterscheidet sich zwischen Serie und Kinofilm nämlich gar nicht besonders - zumindest nicht für mich.

APA: Was macht in Ihren Augen einen Stoff serientauglich, wann ist er besser im Kino aufgehoben?

Albert: Wenn ich Zeit für Figuren haben möchte, ist eine Serie das Richtige. Ich muss dann nicht nur auf Story und Spannung schauen, sondern kann mich ausbreiten. Die Spannung entsteht in der Serie vielleicht mehr aus den Figuren heraus, im Kino aus dem Erzählrhythmus und dem besonderen visuellen Zugang zu einem Thema. Kino ist für mich in gewisser Weise metaphysischer als Serie. Ein Arthousefilm hat im besten Fall etwas Philosophisches.

APA: Wie kam es nun konkret dazu, dass Sie für „Funeral for a Dog“ geholt wurden?

Albert: Ich hatte schon länger Lust, einmal horizontal und seriell zu erzählen. Ich selbst schaue auch sehr gerne Serien. Da hat es sich getroffen, dass David Dietl eine Regiekollegin gesucht hat, mit der er diese Serie realisieren kann. Nachdem der Produzent, die Autoren und er das Projekt schon länger entwickelt hatten, waren sie auf der Suche nach einem „weiblichen Blick“ auf die Figuren. Jetzt könnten wir darüber diskutieren, was der weibliche Blick ist...

APA: Die Frau hat man also erst an Bord geholt, nachdem schon alles fertig entwickelt war...

Albert: (lacht) Naja, ich konnte schon noch mitreden. Da hat uns auch Corona ein wenig in die Hände gespielt, da wir nicht zum ursprünglich anvisierten Termin zu drehen beginnen konnten. Ich habe dann die Drehbücher gelesen und mochte den Themenkomplex sowie die Figuren sehr gerne.

APA: David Dietl und Sie haben sich beim Dreh die einzelnen Folgen aufgeteilt. Haben Sie geknobelt bei der Aufteilung?

Albert: Das war ganz lustig. Ich habe meine Folgen gewählt und gemeint, mich interessieren die Folgen 3, 4, 5 und 7, woraufhin David meinte: Wunderbar. Mich alle anderen.

APA: Zugleich dreht man eine Serie ja nicht chronologisch, manche Storylines sind folgenübergreifend. Wie haben Sie das gelöst?

Albert: Ich habe zum Beispiel New York in Bulgarien im Studio gedreht und David New York in New York. Ich wollte das gerne so machen, da ich die Realisierung von 9/11 vor dem Greenscreen mit so vielen Komparsen sehr spannend fand. Das habe ich in dieser Dimension selbst noch nie gedreht und wollte gerne die Erfahrung machen. Und in Bulgarien habe ich dann auch Finnland gedreht. (lacht)

APA: Nach „Licht“ ist „Funeral for a Dog“ nun Ihr zweites Projekt, bei dem Sie nicht für das Drehbuch verantwortlich zeichnen. Haben Sie sich vom Schreiben verabschiedet?

Albert: Ich arbeite schon seit Jahren als Autorin an zwei Stoffen. Aber nachdem ich eben auch gerne Regisseurin bin, seit 2013 in Babelsberg unterrichte, in Wien trotzdem noch an der Coop99 beteiligt und Mutter bin, habe ich nicht immer die Muße und Zeit zu schreiben. Das braucht für mich immense Konzentration.

APA: Zugleich hatten Sie mit Thomas Pletzinger nun auch den Autor der Romanvorlage im Drehbuchteam. War das nicht eher einschüchternd im Hinblick auf die nötigen Streichungen und Veränderungen?

Albert: Ich war erstaunt, wie flexibel und unheimlich am Film interessiert Thomas war. Er hat sich gefreut, dass seine Figuren lebendig werden. Das war kein Gegeneinander, sondern immer ein Miteinander.

APA: Zugleich unterscheidet sich die Serie nun doch insofern stark vom Roman, dass sie weit weniger als die Vorlage einen komplexen Genremix an Texten aufweist....

Albert: Das Zerfranste, Assoziative, das ein Roman im besten Sinn haben darf, ist für eine Serie tatsächlich zu dezentriert. Die Konzentration ist in diesem Fall wichtiger, weshalb man vielleicht etwas konservativer im Umgang mit den Figuren wird. Der Roman ist eben auch ein Roman über das Schreiben, was nicht so visuell umzusetzen ist.

APA: Das heißt, der Ausflug ins Serienfach bleibt keine Ausnahme?

Albert: Ich freue mich sehr darauf, bald wieder einen Kinofilm - „Die Mittagsfrau“ nach dem Roman von Julia Franck - drehen zu können, und auch darauf, alleine Regie zu führen, aber es hat zwischen David und mir sehr gut und wie beim Pingpong-Spiel funktioniert. Es hilft im Serienbereich niemandem, unflexibel auf seiner Position zu beharren, auch wenn man sicher auch bei Serien eine klare Haltung haben muss. Ich bin vielleicht etwas demütiger reingegangen, als wenn ich das Projekt initiiert hätte. Für mich ist aber klar: Das Egothema interessiert mich immer weniger. Insofern: Ich bin gespannt, wie es weitergeht!

(Das Gespräch führte Martin Fichter-Wöß/APA)

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