Putin gibt sich siegesgewiss - „Überhaupt keine Zweifel“
Der russische Präsident Wladimir Putin gibt sich im Krieg gegen die Ukraine siegesgewiss. Auf die Frage von Mitarbeitern der Raumfahrtbehörde, ob die „Spezialoperation“ im Nachbarland ihre Ziele erreichen werde, antwortete Putin am Dienstag in dem weit im Osten liegenden Kosmodrom Wostotschny: „Absolut. Ich habe überhaupt keine Zweifel.“ Die Ziele, die mit dem Einmarsch verfolgt würden, seien absolut klar und edel. „Es besteht kein Zweifel, dass die Ziele erreicht werden.“
Die westlichen Sanktionen würden sein Land nicht vom Kurs abbringen. „Dieser Blitzkrieg, auf den unsere Feinde gesetzt haben, hat nicht funktioniert“, sagte Putin zu den Strafmaßnahmen des Westens, die nach seinem Einmarschbefehl vom 24. Februar verhängt wurden. Die Gespräche mit der Ukraine über einen möglichen Waffenstillstand sieht er in einer Sackgasse. Kiew sei von den Vereinbarungen, die bei den Friedensgesprächen in Istanbul getroffen worden waren, abgewichen, meinte Putin laut der Agentur Interfax.
Allerdings erwartet seine Regierung den stärksten Konjunkturabsturz seit 1994. „Die offizielle Prognose dürfte eine Schrumpfung um mehr als zehn Prozent vorsehen“, erklärte Rechnungshofchef Alexej Kudrin nach Angaben der Nachrichtenagentur RIA. Das werde aus den neuen Prognosen des Wirtschafts- und Finanzministeriums hervorgehen, betonte Kudrin, der von 2000 bis 2011 unter Putin das Finanzressort leitete. Ein Regierungsinsider sagte der Nachrichtenagentur Reuters, dass mit einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes zwischen zehn und 15 Prozent zu rechnen sei. Ein zweistelliges Minus hatte es nach Daten von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) zuletzt 1994 im Gefolge des Zusammenbruchs der Sowjetunion gegeben. Ursprünglich hat Moskau für 2022 mit einem Wirtschaftswachstum von drei Prozent geplant.
Russland lasse sich vom Westen weder isolieren noch zurückhalten, so Putin bei seinem Auftritt im rund 5.500 Kilometer von Moskau entfernt liegenden Kosmodrom, das er zusammen mit dem belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko besichtigte. Als Beleg dafür, dass Russland selbst unter schwierigen Bedingungen spektakuläre Sprünge nach vorne machen könne, verwies Putin auf das sowjetische Raumfahrtprogramm - auf den Tag genau 61 Jahre, nachdem Juri Gagarin als erster Mensch im Weltraum war. „Die Sanktionen waren total, die Isolation war vollständig. Aber die Sowjetunion war immer noch als erste im Weltraum“, hob Putin dem Staatsfernsehen zufolge hervor.
„Wir wollen nicht isoliert werden“, sagte Putin mit Blick auf die Sanktionen wegen des Einmarsches Russlands in sein Nachbarland Ukraine. „Es ist unmöglich, irgendjemanden in der modernen Welt ernsthaft zu isolieren - besonders so ein riesiges Land wie Russland.“ Die russische Führung bezeichnet die am 24. Februar begonnene Invasion der Ukraine als „militärischen Sondereinsatz“, der der Demilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine sowie dem Schutz Russlands diene. Die Ukraine und der Westen dagegen sprechen von einem nicht provozierten Angriffskrieg.
Die Vorwürfe zu russischen Kriegsverbrechen in der ukrainischen Stadt Butscha bezeichnte der Kreml-Chef als „Provokation“ und „Fake“. Die USA hätten in der Vergangenheit mutmaßliche Chemiewaffen im Irak als Vorwand genutzt für einen Einmarsch in das Land. „Genauso einen Fake gibt es in Butscha.“ Die Ukraine beschuldigt die russischen Truppen, in dem Vorort der Hauptstadt Kiew ein Massaker unter Zivilisten angerichtet und Hunderte Menschen, teils gefesselt, erschossen zu haben.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und andere westliche Politiker sowie zahlreiche Experten und Journalisten haben Butscha besucht und dort selbst die Leichen gesehen. Russland sprach dennoch von einer Inszenierung. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hatte nach einem Besuch in Butscha und nach einem Treffen mit Putin am Montag in Moskau eine internationale Untersuchung des Kriegsverbrechens gefordert. Er meinte aber, dass Putin deutlich gemacht habe, einer solchen Untersuchung nicht zu trauen.
Putin teilte nun mit, dass Lukaschenko ihm Dokumente mitgebracht habe, die die Provokation in Butscha belegen sollen. Er habe diese dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB übergeben. Der Ex-Geheimdienstoffizier war selbst einst FSB-Chef. Lukaschenko sagte: „Wir haben heute die psychologische Spezialoperation in Butscha erörtert, die die Engländer durchgezogen haben. Wenn sie die Adressen wollen, die Erkennungsworte, die Treffpunkte, wie sie gereist sind, dann kann ihnen der FSB der Russischen Föderation diese Informationen bereitstellen“, behauptete Lukaschenko.
Der FSB beantwortet solche Anfragen allerdings grundsätzlich nie. Bei anderen Vorfällen in der Vergangenheit, wo Lukaschenko dem FSB Dokumente übergeben haben wollte, hat die Öffentlichkeit nichts mehr von den Behauptungen gehört.