Explosion auf Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte
Das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte ist nach einer Explosion schwer beschädigt - laut dem ukrainischen Präsidentenberater Olexij Arestowytsch ist der Raketenkreuzer „Moskwa“ sogar gesunken. Das russische Verteidigungsministerium hatte zuvor erklärt, ein Feuer habe die Explosion von Munition an Bord verursacht. Der Gouverneur der ukrainischen Region um den Schwarzmeerhafen Odessa behauptete dagegen, das Schiff sei von zwei ukrainischen Raketen getroffen worden.
„Wo ist die „Moskwa“? Sie ist gesunken“, schrieb Arestowytsch am Donnerstag auf Twitter und bei Telegram. Bestätigungen für diese Behauptung lagen aber zunächst nicht vor. Das ukrainische Fernsehen griff Arestowytschs Tweet trotzdem auf. Moskau dementierte postwendend: Das Feuer ist nach Angaben des Verteidigungsministeriums eingedämmt, das Kriegsschiff werde nun zum Hafen zurückgeschleppt, die Besatzung sei auf anderen Schiffen untergebracht worden. Die wichtigsten Waffen der „Moskwa“ seien nicht beschädigt worden, das Schiff laufe auch nicht Gefahr zu sinken.
Die USA gingen indes davon aus, dass an Bord des Schiffes weiter gegen Flammen gekämpft wird. Angenommen werde, dass das Kriegsschiff in Richtung Sewastopol unterwegs sei, sagt ein hochrangiger US-Militär-Angehöriger, der namentlich nicht genannt werden will. Das Schiff habe offenbar schwere Schäden erlitten, der Brand sei wohl sehr umfangreich.
Die Kämpfe zwischen den am 24. Februar in die Ukraine einmarschierten russischen Truppen und der ukrainischen Armee konzentrieren sich unterdessen immer mehr auf den Osten des Landes. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, dass sich immer mehr russische Militär-Konvois auf den Weg in den Südosten der Ukraine machten. Raketen-, Bomben- und Artillerieangriffe würden von den Angreifern weiter fortgesetzt, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache.
Ukrainische Streitkräfte wehrten eigenen Angaben zufolge acht russische Angriffe in den östlichen Regionen Donezk und Luhansk ab. Heute sollen nach Angaben der stellvertretenden ukrainischen Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk neun Fluchtkorridore zur Evakuierung von Städten im Osten des Landes geöffnet werden. Eine der Routen soll demnach aus der belagerten Stadt Mariupol führen. Weitere seien unter anderem für die Städte Berdjansk, Tokmak und Enerhodar vorgesehen. Die Korridore sollen öffnen, sofern die russischen Truppen ihren Beschuss einstellen, erklärt Wereschtschuk.
Die Ukraine meldete zudem die Befreiung von mehreren Orten in der Südukraine. Fallschirmjäger aus Lwiw hätten dem Gegner „bedeutende Verluste“ zugefügt, woraufhin sich die Besatzer zurückgezogen hätten, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Ukrinform am Donnerstag unter Berufung auf die Armee. Details über die Operation könne man „aufgrund bestimmter Umstände“ nicht preisgeben, doch seien die Fallschirmjäger „sehr erfolgreich“ gewesen.
Die russischen Truppen haben eigenen Angaben zufolge einen Flugplatz der ostukrainischen Millionenstadt Dnipro beschossen. Dabei seien in der Nacht ein Kampfflieger vom Typ MiG-29, ein Hubschrauber Mil Mi-8 sowie eine Kampfdrohne vom Typ Bayraktar zerstört worden, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Donnerstagvormittag. Darüber hinaus seien zwei Waffenlager in den Gebieten Odessa und Donezk attackiert worden. Konaschenkow erklärte außerdem, dass sich in der schwer umkämpften Hafenstadt Mariupol mittlerweile 1.160 ukrainische Soldaten ergeben und in russische Gefangenschaft begeben hätten.
Die Ukraine weist solche Informationen immer wieder zurück und gibt sich trotz der schwierigen Lage in der Metropole am Asowschen Meer siegessicher. „Mariupol war, ist und bleibt eine ukrainische Stadt“, sagte Bürgermeister Wadym Bojtschenko am Donnerstag im ARD-“Morgenmagazin“. Die angebliche Kapitulation der ukrainischen Kämpfer nannte er „Falschnachrichten“. Der Politiker ist selbst nicht in der Stadt, soll aber noch in der Ukraine sein.
In europäischen Sicherheitskreisen hieß es nach Reuters-Informationen, der russische Abzug aus dem Nordwesten der Ukraine sei mittlerweile vollständig abgeschlossen. Die Ukraine kontrolliere dort wieder die Grenze zum Nachbarn Belarus. Die in Belarus stationierten russischen Verbände seien zum größten Teil nach Osten verlagert worden, um die ukrainische Donbass-Region anzugreifen. Dort kontrollieren prorussische Separatisten bereits seit 2014 die Gebiete um die Städte Luhansk und Donezk. Die russische Regierung hatte es als Ziel der Angriffe genannt, die gesamte rohstoffreiche Donbass-Region zu erobern.
Der Gouverneur der russischen Region Brjansk warf der Ukraine vor, eine Ortschaft in Grenznähe beschossen zu haben. „Heute haben die ukrainischen Streitkräfte das Dorf Klimowo beschossen“, erklärte Alexander Bogomas am Donnerstag im Online-Dienst Telegram. „Infolge des Beschusses wurden zwei Wohnhäuser beschädigt und einige Bewohner verletzt.“ Klimowo liegt rund zehn Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt und hat rund 13.000 Einwohner. Ebenfalls am Donnerstag sei von ukrainischer Seite auf einen Grenzkontrollpunkt geschossen worden, an dem mehr als 30 ukrainische Flüchtlinge nach Russland einreisen wollten, meldete die Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf den russischen Geheimdienst FSB. Die Angaben konnten wie immer von unabhängiger Seite nicht überprüft werden.
Bei einem erneuten Gefangenenaustausch mit Russland sind nach Angaben Kiews 30 ukrainische Kriegsgefangene freigelassen worden. „Fünf Offiziere und 17 Militärangehörige wurden ausgetauscht. Auch acht Zivilisten, darunter eine Frau, wurden freigelassen“, erklärte die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk am Donnerstag.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte Moskau in der Nacht zum Mittwoch angeboten, den in der Ukraine gefangen genommenen pro-russischen Geschäftsmann Viktor Medwedtschuk gegen ukrainische Kriegsgefangene auszutauschen. Der Kreml lehnte das ab. Der Geschäftsmann, der als enger Vertrauter von Russlands Staatschef Wladimir Putin gilt, habe „nichts mit dem militärischen Spezialeinsatz zu tun“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.