Ski Alpin

Plötzlich Kugel-Kämpfer: Kilde setzt Svindal-Tradition fort

Aleksander Aamodt Kilde hatte heuer schon einige Male Grund zum Jubeln. Zuletzt auch im Riesentorlauf von Adelboden.
© FABRICE COFFRINI

In vier Disziplinen in den Topf fünf: Aleksander Aamodt Kilde mauserte sich in dieser Saison still und heimlich zum Mitfavoriten im Kampf um die große Kristallkugel.

Von Birgit Egarter/APA aus Wengen

Wengen – Aleksander Aamodt Kilde kommt norwegischer daher als Henrik Kristoffersen. Er spricht gern über die Teamkollegen, hebt das Miteinander hervor, haut sich im Kombi-Slalom genauso rein wie in der ihm auf dem Leib geschneiderten Abfahrt. Damit allein gewinnt man noch keinen Ski-Gesamtweltcup, nach einem Erfolgsrezept sieht es aber aus. Schließlich hat das auch der große Aksel Lund Svindal so gemacht.

In den Technikrennen von Adelboden hat sich Kristoffersen einen 92-Punkte-Vorsprung auf Kilde herausgearbeitet. Kristoffersen setzt, wie es auch Marcel Hirscher bei seinen acht Gesamtsiegen gemacht hat, hauptsächlich auf Riesentorlauf und Slalom. Kilde führt die norwegische Tradition des Allrounders fort, lediglich den Spezialslalom lässt er aus. In Wengen warten mit Kombination und Abfahrt zwei Bewerbe, in denen er seinem Landsmann die Top-Position abjagen kann, ehe dieser zum Slalom antritt.

"Alles offen, mehr als wenn Hirscher dabei wäre"

"Vor der Saison", sagte Kilde in Wengen, "habe ich nicht an den Gesamtweltcup gedacht. Aber ich weiß jetzt, dass alles offen ist, mehr als wenn Hirscher dabei wäre. Auf dem Gesamtweltcup liegt nicht mein Fokus. Sicher, ich muss schon auch daran denken, aber nicht so viel, dass ich schlecht fahre. Ich bleibe ruhig", will er das Ganze nicht zum Kopf-Thema machen.

Vielmehr ist es vorrangig der Körper des ehemaligen Eishockeyspielers und (begabten) Fußballers, der das dichte Programm durchhalten muss. "Ich bin bereit, der Körper ist gut, das Material passt", versichert der Gewinner von bisher drei Weltcuprennen, der zuletzt in der Gröden-Abfahrt 2018 ganz oben stand.

Ski Alpin – Gesamtweltcup der Herren

1. Henrik Kristoffersen (NOR) 531 Punkte

2. Aleksander Aamodt Kilde (NOR) 519 Punkte

3. Alexis Pinturault (FRA) 501 Punkte

4. Dominik Paris (ITA) 454 Punkte

5. Matthias Mayer (AUT) 362 Punkte

6. Beat Feuz (SUI) 361 Punkte

7. Vincent Kriechmayr (AUT) 360 Punkte

8. Zan Kranjec (SLO) 306 Punkte

9. Clement Noel (FRA) 240 Punkte

10. Ryan Cochran-Siegle (USA) 236 Punkte

"Es sind viele Rennen, aber es geht, wenn man immer ein bisschen Pause dazwischen macht. Und es macht Spaß. Wenn es läuft, dann läuft es", sagt Kilde auf gut Österreichisch. An seiner Vorgehensweise wird er nichts ändern. "Ein Rennen nach dem anderen und dann schauen, was am Ende rauskommt."

In vier Disziplinen in den Top fünf

Und was der 27-Jährige bisher in diesem Winter abgeliefert hat, kann sich sehen lassen. In 13 von 18 Rennen stand er am Start, nur ein Ausfall steht zu Buche, neunmal war er in den Top Ten und in vier Disziplinen (Abfahrt, Super-G, Riesentorlauf, Kombination) bereits unter den ersten fünf. Im Riesentorlauf verzeichnet er mit den Plätzen vier und fünf die beste Saison nach seinem Junioren-WM-Titel 2013.

"Im Riesentorlauf musste ich viel mit dem Material arbeiten, aber jetzt kommen die Resultate. Dass ich nicht nur in den Speedbewerben, sondern auch im Riesentorlauf schnell bin, ist wichtig für mich. Das ist wirklich cool." Dafür verantwortlich scheint auch der Materialwechsel mit der Rückkehr zu Atomic. "Ich denke, dass Aleksander die Ski gewechselt hat, hat viel geholfen", sagte dazu der nach eigenem Gutdünken arbeitende Kristoffersen. Was die Stärke des norwegischen Teams ausmacht, kann er indes nicht sagen. "Ich habe ja mein eigenes Team, ich bin nicht so viel mit ihnen unterwegs."

Insgesamt acht Athleten aus der norwegischen Herren-Mannschaft haben bereits mehr als hundert Weltcuppunkte geholt, in Summe ergibt das hinter der Schweiz (2.314) an zweiter Stelle liegend 2.247 – noch vor Frankreich (2.159) und Österreich (1.806). "Dass es so gut läuft, ist schon eine Überraschung. Aber wird spüren auch, dass Aksel nicht mehr dabei ist", gestand Kilde.

Vertrauensperson Mitter ging verloren

Svindal – zweifacher Olympiasieger, fünffacher Weltmeister und zweifacher Gesamtweltcupsieger – war das Herzstück des norwegischen Teams, diese Rolle teilen sich nun Kilde und Kjetil Jansrud. Nach dem Abgang von Christian Mitter als Herren-Chef und Reto Nydegger als Speedtrainer bekamen die Elche rund um Steve Skavik im Frühjahr auch ein neues Trainerteam.

"Vor der Saison sind wir deshalb schon ein bisschen nervös geworden. Aber wir haben viel als Mannschaft gemacht. Es ist die beste Zusammenarbeit, es sagt nicht nur einer, was man machen soll", schilderte Kilde. Er war bereit für neue Ideen. Auch wenn es anfangs geschmerzt hatte, dass er mit Mitter seine langjährige Vertrauensperson verlor.

Geblieben ist aber der Teamgedanke, der bei den Norwegern der Baustein des Erfolges ist. Auch als Kilde im Dezember 2015 im Gröden-Super-G das erste Mal im Weltcup auf dem Podest stand, war er nicht allein. Er wurde Dritter – hinter Svindal und Jansrud. Und nun scheint er bereit, der Erste zu werden.

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