Neue Regierung

Heftiger Protest gegen "Asylzentren": Innenminister Nehammer rudert zurück

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Montagabend bei Armin Wolf in der ZiB2.
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Im ZiB2-Interview verteidigte Karl Nehammer (ÖVP) die geplante Sicherungshaft und gab erste Einblicke in die Pläne für grenznahe Asylzentren etwa im Burgenland. LH Doskozil (SPÖ) sieht einen "Anschlag aufs Burgenland", auch die FPÖ protestiert heftig. Der Innenminister relativierte daraufhin seine Aussagen.

Wien – Nach der Ankündigung eines neuen Asylzentrums an der Grenze zu Ungarn, Slowenien oder Italien ist Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Dienstag wieder zurückgerudert. „Wir brauchen keine neuen Asylzentren sondern Schnellverfahren an der Grenze“, sagte der Minister am Dienstag in einer Aussendung. Zuvor hatte sich die wahlkämpfende burgenländische SPÖ und auch die FPÖ massiv auf ihn eingeschossen.

ÖVP und Grüne haben sich vorgenommen, zumindest „die ersten Schritte im Asylverfahren“ im grenznahen Raum abzuwickeln. Wo und wie genau, lässt das Regierungsprogramm zwar offen. Nehammer kündigte dazu aber am Montagabend in der „ZiB 2“ ein „Asylzentrum“ im grenznahen Raum an. Dort sollten Polizei sowie Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit „mobile Einheiten“ des Bundesverwaltungsgerichts die Asylverfahren bis in die zweite Instanz erledigen. Die Asylwerber wären per „Wohnsitzauflage“ zum Verbleib in der Region verpflichtet.

Steilvorlage für burgenländische SPÖ

Für die burgenländische SPÖ lieferte Nehammer damit eine Steilvorlage, die Landeshauptmann Hans Peter Doskozil am Dienstag dankend annahm. Er sprach von einem „Anschlag aufs Burgenland“. Denn ein Asylaufnahmezentrum an der ungarischen Grenze würde Traiskirchen ins Burgenland verlegen, kritisierte Doskozil und kündigte an, sich mit allen Mitteln gegen Nehammers Pläne zu wehren: „Er braucht gar nicht zu Gesprächen ins Burgenland kommen.“

Scharfe Kritik kam auch von der FPÖ: Klubchef und Ex-Innenminister Herbert Kickl sprach von einer "Drohung an sämtliche Grenzlandgemeinden". Der Plan sei ein "reiner PR-Gag" und Nehammer sichtlich überfordert. Die burgenländische FPÖ kündigte für Donnerstag gar eine Protestveranstaltung an.

Platter fordert Einbindung der Länder

Zurückhaltender – aber auch nicht begeistert – reagierten die Landeshauptleute aus den anderen potenziell betroffenen Ländern: Tirols Günther Platter (ÖVP) forderte die Einbindung der Länder. Steiermarks Hermann Schützenhöfer (ÖVP) verwies darauf, dass sein Land in Vordernberg ohnehin schon ein Anhaltezentrum beherbergt. Kärntens Peter Kaiser (SPÖ) würde zwar beschleunigte Asylverfahren begrüßen, warnte aber vor "Ankündigungs-Show-Politik".

Nehammer selbst ruderte angesichts der Aufregung etwas zurück und wollte am Dienstag nicht mehr von Asylzentren sprechen, sondern nur noch von Schnellverfahren an der Grenze. Dabei soll abgeklärt werden, ob Migranten in Schubhaft genommen oder via Dublin-Verfahren in ein anderes EU-Land gebracht werden können oder ob sie im Asylverfahren landen. Wo und wie die Verfahren dann abgewickelt würde, blieb am Dienstag offen. Ein Konzept dazu soll folgen, hieß es im Ministerium.

Nehammer: Sicherungshaft "in erster Linie" für Asylwerber

"Die totale Sicherheit kann es nicht geben", antwortete Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Montagabend im ZiB2-Interview auf die Frage von Armin Wolf, weshalb die geplante Sicherungshaft nicht auch für Gefährder aus dem Inland komme, sondern "in erster Linie" für Asylwerber. "Wir haben jetzt eine Lücke erkannt, die wir schließen können", führte er aus und bezog sich dabei auf das geplante Gesetz, das es künftig ermöglichen soll, auffällige Asylwerber bereits vor einer Straftat in Haft zu nehmen. Durch die EU-Gesetze sei diese Vorgangsweise gedeckt.

Auch wenn Nehammer im Laufe des Gesprächs im ZiB2-Studio betonte, dass er im Unterschied zu seinem Vorgänger Herbert Kickl (FPÖ) gegen eine Politik der Inszenierung sei, verwischte er diesen Eindruck im Grunde bereits durch die Antwort auf die Einstiegsfrage. Wolf fragte, wie der ehemalige ÖAAB- und ÖVP-Generalsekretär aus Niederösterreich die schwarzen Seilschaften im Innenministerium abstellen wolle, wenn er selbst der Inbegriff eines "schwarz-türkisen Parteisoldaten" sei. Nehammer entgegnete, dass er "klar und konsequent" handle. "Ich habe immer gesagt, wir müssen klar gegen die illegale Migration kämpfen. Wir müssen Links- und Rechtsextremismus bekämpfen und den politischen Islam." Er schaue nicht auf die politische Farbe, wenn er etwas zur Umsetzung bringe.

Nehammer gab also – wie etwa auch seine Parteikollegin und Europaministerin Karoline Edtstadler in der ZiB2 – eine eher vorgefertigte Antwort auf Wolfs in eine ganz andere Richtung gehende Frage. "Ich frage Sie nach schwarzen Netzwerken, Sie antworten mit illegaler Migration und politischem Islam", konterte Wolf. Letztlich ließ sich Nehammer doch auf eine kurze Diskussion über das Thema ein und bestritt, dass es ein schwarzes Netzwerk im Innenministerium gebe. Er vertraue schlicht und einfach den aktuellen Beamten. (siha, TT.com / APA)

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