Frankreich

Die Wut über Macrons Pensionsreform lässt nicht nach

Emmanuel Macron weht in Frankreich ein kalter Wind entgegen: Der Frust in der Bevölkerung über seine geplante Pensionsreform ist groß.
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Trotz der massiven Proteste gegen die geplante Pensionsreform will Präsident Emmanuel Macron an den Plänen festhalten. Aber auch die Gegenseite will nicht locker lassen.

Von Stephanie Lob/AFP

Paris – Wie wütend viele Franzosen über seine Pensionsreform sind, hat Präsident Emmanuel Macron gerade erst am eigenen Leib erfahren: Mit Hilfe schwer bewaffneter Polizisten wurde er am Wochenende aus einem Pariser Theater geleitet, in das Gegner seiner Reformpläne eindringen wollten. Doch Macron lässt sich nicht abschrecken: Nach rund 50-tägigen Protesten will seine Regierung am Freitag die Pensionsreform verabschieden.

Die Bilder der Menge, die vor dem Theater "Macron, tritt zurück" ruft, haben in Frankreich für Aufregung gesorgt. Die Regierung wirft ihren Gegnern "Einschüchterungsversuche" vor. Die Opposition beschuldigt dagegen den Präsidenten, die Atmosphäre selbst angeheizt zu haben.

Macron hält an Plänen fest

Denn Macron ist fest entschlossen, die Pensionsreform trotz der Massenproteste durchzuziehen und die Vorzugspensionen für viele Branchen durch ein einheitliches System zu ersetzen. Nur in einem Punkt hat seine Regierung unter Premierminister Edouard Philippe nachgegeben: Sie verzichtet auf die faktische Anhebung des Pensionsalters von derzeit 62 auf 64 Jahre.

Seit Wochen gehen die Franzosen auf die Straße um gegen die Reformen der Regierung zu protestieren.
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Zumindest vorerst. Denn in dem Gesetzestext, den das Kabinett am Freitag beschließen will, lässt sich die Regierung eine Hintertür offen. Sollten sich Gewerkschaften und Arbeitgeber bis Mitte April nicht auf eine Alternative zur Finanzierung des Pensionssystems einigen, soll die Pension mit 64 per Verordnung kommen. Auf diese Weise hatte Macron bereits die Lockerung des Kündigungsschutzes am Parlament vorbei durchgedrückt.

Zwei Lager stehen sich gegenüber

Die Regierung weiß, dass eine Einigung der Gewerkschaften auf eine Alternative schwierig, wenn nicht unwahrscheinlich ist. Denn im Streit um die Pension stehen sich zwei Lager unversöhnlich gegenüber: Der kompromissbereite Gewerkschaftsbund CFDT unter seinem Chef Laurent Berger, der das Einlenken der Regierung bei der Pension mit 64 als "Sieg" feiert. Und die unnachgiebige CGT mit ihrem Vorsitzenden Philippe Martinez.

Die Stimmung ist so aufgeheizt, dass CGT-Mitglieder zweimal innerhalb weniger Tage gewaltsam in die CFDT-Zentrale in Paris eindrangen. Sie hätten dort Mitarbeiter verbal und physisch bedroht, klagte die CFDT und erstattete Anzeige. Auf Facebook warfen die Eindringlinge der kompromissbereiten Gewerkschaft vor, sie schmiede zusammen mit der Regierung die "Fesseln" für die gegenwärtige Generation von Arbeitern und Angestellten "und für die unserer Kinder".

Immer wieder kommt es dabei auch zu gewaltsamen Übergriffen.
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Mit solchen Äußerungen wissen die unnachgiebigen Gewerkschaften immer noch eine knappe Mehrheit der Franzosen hinter sich: In einer aktuellen Umfrage des Instituts Ifop gaben 51 Prozent der Befragten an, sie unterstützten eine Fortsetzung der Proteste.

Neue Aktionen für Freitag angekündigt

Die Streiks bei der französischen Bahn und im Pariser Nahverkehr sind allerdings seit Wochenbeginn weitgehend beendet, den Mitarbeitern ging schlicht das Geld aus. Für Freitag aber sind neue landesweite Aktionen angekündigt. Dann dürften auch Lehrer, Polizisten und Anwälte erneut auf die Straße gehen, die sich zu den Verlierern der Reform zählen.

Präsident Macron will die Pensionspläne noch vor der Sommerpause durchs Parlament bringen. Beobachter rechnen nicht damit, dass der 41-Jährige danach noch andere Reformen anpacken wird. Denn bereits bei den Kommunalwahlen im März könnte Macron einen Denkzettel für seinen Kurs bekommen.

Danach steht bereits die Präsidentschaftswahl 2022 am Horizont. Dafür bringt sich die Rechtspopulistin Marine Le Pen in Stellung: Sie fiebert auf eine Revanche des Duells, in dem sie Macron 2017 schmählich unterlag.

Die Demonstranten wollen auch diese Woche den Druck auf den Präsidenten weiter erhöhen.
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