Tödlicher China-Virus: Touristiker aktivieren "Krisenstab"
Momentan ist nicht die klassische China-Reisezeit für Freizeittouristen, trotzdem hat das Verkehrsbüro, der größte heimische Tourismuskonzern "den Krisenstab aktiviert".
Die Reiseveranstalter sind ob des neuartigen Coronavirus aus China in Alarmstimmung. Das Verkehrsbüro, der größte heimische Tourismuskonzern, habe "den Krisenstab aktiviert", sagte Sprecherin Andrea Hansal. Das sei das übliche Vorgehen in solchen Fällen. Momentan ist nicht die klassische China-Reisezeit für Freizeittouristen, Geschäftsreisende werden gesondert auf das Virus hingewiesen.
Derzeit bereitet das Verkehrsbüro eine "Alert"-Info für alle Business-Kunden vor, die in nächster Zeit nach China reisen. Eine Warnung sei das aber nicht. "Eine Reisewarnung kann nur das Außenministerium ausgeben. Mit diesem sind wir in engem Kontakt", so Hansal am Donnerstag zur APA. "Wir können nur Fakten übermitteln."
Private Rundreisen nach China starten erst ab März, und die Stadt Wuhan, von der die Lungenkrankheit ihren Ausgang genommen haben soll, liegt nicht auf den klassischen touristischen Reiserouten, wie die Verkehrsbüro-Sprecherin erklärte. Eine beliebte Winterdestination ist dagegen Thailand. Das werde beobachtet. "Wir schauen ganz genau hin", so Hansal.
Ein Thema in der heimischen Tourismusbranche sind weiters Gäste aus dem asiatischen Raum, die ja gerne in Gruppen nach Wien, Salzburg oder auch Hallstatt kommen. "Spannend ist bei uns die Hotellerie", sagte Hansal. Das Verkehrsbüro betreibt 25 Hotels in Österreich, davon 15 in Wien und drei in Salzburg. Die Hotelmitarbeiter seien dazu angehalten, gut auf die Hygiene zu achten, also Hände und Oberflächen zu desinfizieren. Das sei aber nicht unbedingt dem Coronavirus geschuldet, sondern der aktuellen Grippewelle. "Das haben wir eigentlich jedes Jahr."
Vom Coronavirus sind vor allem Menschen in der chinesischen Millionenstadt Wuhan betroffen. Experten des Imperial College London gehen von 4.000 infizierten Personen aus. Nach bisheriger Kenntnis sind 17 Menschen an der Lungenerkrankung gestorben. Wuhan wurde inzwischen de facto abgeriegelt. Der Coronavirus-Typ hatte 2002/03 die Atemwegserkrankung SARS verursacht, an der fast 800 Menschen in Festland-China und Hongkong starben. Zu der Virusfamilie gehören aber auch harmlose Schnupfen- und Magen-Darm-Viren.
Fieberkontrollen am Flughafen Rom
Am Flughafen Rom sind mehr als 200 Passagiere von einem Direktflug aus der chinesischen Stadt Wuhan auf das neue Coronavirus untersucht worden. Die 202 Reisenden seien am frühen Morgen nach der Ankunft in einem extra eingerichteten Bereich fern der normalen Terminals kontrolliert worden, sagte eine Sprecherin des Flughafen Fiumicino am Donnerstag.
Bei niemandem seien Symptome des Virus festgestellt worden. Das Gesundheitsministerium hatte die Kontrollen mit einem Fieberscanner in einem "Sanitätskanal" angekündigt. Zudem sollte der Reiseweg der Passagiere genau nachverfolgt werden. Normalerweise gibt es drei Direktflüge pro Woche von Wuhan in die italienische Hauptstadt, die bei chinesischen Touristen sehr beliebt ist.
Nach den Restriktionen in der Millionenmetropole Wuhan und der Sieben-Millionen-Einwohner-Stadt Huangang gelten nun auch ähnliche Beschränkungen für die benachbarte Stadt Ezhou mit einer Million Bewohnern. Insgesamt sind von den Restriktionen rund 20 Millionen Menschen betroffen. (TT.com, APA)
Globale Luftfahrt in Sorge um Ausbreitung
Die Ausbreitung des Coronavirus in China verunsichert Luftfahrtbranche und Passagiere. Airlines erinnern sich vor allem an Geschäftsverluste aus dem Jahr 2003, als wegen der Atemwegekrankheit SARS rund 800 Menschen starben. Nachfolgend ein Überblick über Folgen des Coronavirus für die Luftfahrt:
Finanzielle Folgen für Fluggesellschaften
Die größte Sorge ist ein starker Rückgang der Reisenachfrage, wenn das Virus zur Epidemie wird. Während des Höhepunkts des SARS-Ausbruchs im April 2003 sank die Passagiernachfrage in Asien nach Angaben des Internationalen Luftfahrtverbands IATA um 45 Prozent. Die Airline Cathay kappte fast 40 Prozent ihrer Flüge und meldete einen Verlust - ebenso wie Singapore Airlines, Japan Airlines und die japanische Fluggesellschaft ANA Holdings.
Die Branche ist inzwischen deutlich stärker auf chinesische Reisende angewiesen. Diese stellen etwa in Australien laut Ratingagentur Moody's mehr als 15 Prozent der Ankünfte aus dem Ausland, nach nur vier Prozent 2003. Urlauber setzen dann ihren Trip oft mit Inlandsflügen fort, sobald sie in Australien ankommen. Dies wiederum könnte sich auf die australische Airline Qantas Airways auswirken.
Entwicklung im Flugverkehr
Seit 2003 hat sich die Zahl der jährlichen Fluggäste mehr als verdoppelt, und von China aus reisen so viele Menschen ins Ausland wie aus keinem anderen Reisemarkt. Starteten 2003 nur 6,8 Millionen Passagiere von China aus per Flieger ins Ausland, so stieg diese Zahl nach Angaben der dortigen Luftfahrtbehörde bis 2018 fast um das Zehnfache auf 63,7 Millionen. Der weltweite Umsatz der Luftfahrtindustrie hat sich laut IATA-Daten 2019 auf 838 Milliarden Dollar (756 Mrd. Euro) mehr als verdoppelt (2003: 322 Mrd. Dollar). "Ob nur ein kleinerer Markt betroffen ist, ein ganzes Land oder eine größere Region, ist offensichtlich unvorhersehbar und liegt außerhalb der Kontrolle der Branche", sagt Brendan Sobie, unabhängiger Luftfahrtanalyst in Singapur.
Welche Airlines sind betroffen?
Viele Fluggesellschaften, darunter Korean Air Lines , die Billigfluggesellschaft Scoot von Singapore Airlines, Taiwans China Airlines und Japans ANA, gaben bekannt, dass sie Flüge von und nach Wuhan stornieren, nachdem die Behörden eine Sperrung angekündigt hatten. Bereits am Donnerstagvormittag zeigte die Online-Plattform FlightRadar24, wo man Flüge per Radar verfolgen kann, dass 184 Wuhan-Flüge oder 60 Prozent der für den Tag geplanten Abflüge storniert wurden. Der Flughafen Tianhe in Wuhan bedient rund zwei Prozent von Chinas Flugverkehr, hauptsächlich Inlandsflüge operieren von dort.
Stornos bisher selten
Südkoreas größtes Reisebüro, Hanatour Service, meldet einen Anstieg der Stornierungen von Reisen nach China in dieser Woche um etwa 20 Prozent. Der Chef von Thomas Cook in Indien, Rajeev Kale, sagt, einige Kunden äußerten Bedenken wegen einer Reise ins Nachbarland. "Die meisten unserer Kunden warten erst einmal ab und verfolgen die weiteren Entwicklungen."
Die Fluggesellschaften Philippine Airlines, Garuda Indonesia und Japan Airlines stellten bisher keinen Buchungsrückgang von und nach China fest. Der philippinische Billigflieger Cebu Pacific gab an, einige Passagiere hätten Bedenken geäußert, aber nicht storniert.