Lungenkrankheit

Autoverbot in Metropole: China kämpft mit allen Mitteln gegen Coronavirus

Stewardessen der China Eastern Airlines tragen bei der Ankunft im australischen Sydney Gesichtsmasken. Nicht nur in China herrscht große Sorge vor einer Ausbreitung des Coronavirus.
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Sprunghaft stieg die Zahl der Infizierten in China an einem Tag um mehr als 400 auf mehr als 1300. Das Land ergreift nun drastische Schritte zur Eindämmung des Coronavirus. Neben drei Infektionen in Frankreich wurden auch in den USA und Australien Fälle bekannt.

Paris – Die neue Lungenkrankheit aus China verbreitet sich weiter und hat erstmals auch Europa erreicht. In Frankreich wurden drei Fälle entdeckt. Die Patienten sind in Quarantäne. Sprunghaft stieg die Zahl der Infizierten in China an einem Tag um mehr als 400 auf mehr als 1300. Außer Tibet sind alle Regionen des Landes betroffen.

Die Zahl der Toten kletterte am Samstag von 26 auf 41. Um eine Ausbreitung des neuartigen Coronavirus zu verhindern, hat China drastische Maßnahmen ergriffen. Mehr als 40 Millionen Menschen in gut einem Dutzend Städten im Herzen des Landes wurden weitgehend von der Außenwelt abgeschottet, indem der Verkehr gestoppt wurde.

📽 Video | Frankreich meldet drei Fälle des Coronavirus

Als erstes Land in Europa meldete Frankreich drei Patienten mit dem neuen Virus. Wie das französische Gesundheitsministerium mitteilte, wurden zwei Fälle in Paris diagnostiziert, ein weiterer in Bordeaux. Alle Patienten hätten sich zuvor in China aufgehalten. Jeder, der in engem Kontakt mit den drei Infizierten stand, werde jetzt überprüft. Die Regierung werde alles unternehmen, um eine Ausbreitung des Erregers einzudämmen, sagte Gesundheitsministerin Agnes Buzyn. „Wir müssen eine Epidemie behandeln wie einen Flächenbrand." In Bordeaux wurden die Feierlichkeiten zum chinesischen Neujahr an diesem Sonntag abgesagt.

Frankreichs Gesundheitsministerin Buzyn rief zur Achtsamkeit auf und appellierte an alle Reisenden aus China, genau darauf zu achten, ob sie Lungenprobleme oder Fieber bekämen. Im Fall der Fälle sollten sie unter keinen Umständen einen Arzt oder Notdienst aufsuchen, sondern den Notdienst kontaktieren. Dieser würde die Betroffenen zu Hause abholen und direkt ins Krankenhaus bringen.

Infektionen auch in Nordamerika und Australien

Bestätigte Infektionen wurden auch aus Ländern wie den USA, Hongkong, Japan, Südkorea, Thailand, Vietnam, Singapur, Taiwan und Australien gemeldet. In Großbritannien wollten Gesundheitsexperten etwa 2000 Fluggäste aus China aufspüren, die in den vergangenen zwei Wochen ins Vereinigte Königreich geflogen sind. Mediziner hielten es für wahrscheinlich, dass sich Infizierte bereits in Großbritannien aufhalten.

Kliniken in Wuhan überfordert, Autoverkehr gestoppt

In China ist die elf Millionen Einwohner zählende Metropole Wuhan schwer betroffen. Dort hat das Virus vermutlich von einem Tiermarkt seinen Ausgang genommen. Die Krankenhäuser sind völlig überfordert. Es gibt lange Schlangen. Nach offiziell unbestätigten Berichten werden Patienten sogar zurückgewiesen, weil es nicht genug Personal und Betten gibt. Nachdem in Wuhan mit dem Bau eines Krankenhauses mit 1000 Betten begonnen worden war, soll ein weiteres mit 1300 Betten folgen. Das erste Hospital in Schnellbauweise soll am Montag in einer Woche erste Patienten aufnehmen, das zweite zwei Tage später.

Höchste Vorsicht herrscht in der chinesischen Millionenmetropole Wuhan, wo der neuartige Erreger erstmals festgestellt wurde.
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Aus anderen Teilen Chinas wurden mehr als 1680 Ärzte und Pfleger mobilisiert und nach Wuhan entsandt, darunter 450 vom Militär. Auch wurden 14.000 Schutzanzüge bereitgestellt. Augenzeugen berichten von langen Schlangen an überfüllten Krankenhäusern. Wie die Lage in den anderen abgeschotteten Millionenstädten ist, war unklar. Der öffentliche Nah- und Fernverkehr, Zug- und Flugverbindungen wurden gestoppt und Ausfallstraßen gesperrt. Von Sonntag an wird auch der gewöhnliche Autoverkehr in den großen Stadtbezirken Wuhans gestoppt.

Trotz der Abschottung wird die Versorgung der Metropole nach amtlichen Angaben weiter gesichert. „Die Versorgung der Märkte ist gesichert“, versicherte der Gouverneur der Provinz Hubei, Wang Xiaodong. Die Frachtkanäle blieben offen. Auch würden weiter Agrarprodukte aus anderen Provinzen nach Wuhan transportiert.

Landesweit Kontrollen im Transportwesen

Die Regierung ordnete landesweit Kontrollen und Hygienemaßnahmen im Transportwesen an. An Flughäfen, Bahnhöfen, Busstationen und Passagierhäfen sollen Fiebermessgeräte installiert werden. Auch müssten Vorkehrungen getroffen werden, wie Infizierte isoliert oder Verdachtsfälle beobachtet werden können. Am Samstag stand an vielen Verkehrsknotenpunkten schon Personal, das mit Hand-Messgeräten die Temperatur von Reisenden maß.

📽 Video | 43 Millionen Menschen abgeschottet

Alle zuständigen Stellen "müssen dem Problem der Übertragung der Lungenkrankheit durch das neue Coronavirus im Transportsystem große Aufmerksamkeit schenken", forderte der Staatsrat. Die Behörden sollten dafür sorgen, dass die Hygiene von Zügen, Flugzeugen und anderen Verkehrsmitteln gesichert sei. Vorkehrungen sollen an Bahnhöfen, Flughäfen und anderen Drehscheiben getroffen werden.

Experte relativiert Gefahr

Der Präsident des Robert Koch-Instituts relativierte die länderübergreifende Gefahr durch das neue Virus. "Außerhalb Chinas gibt es bisher keine großen Infektionsketten", sagte Lothar Wieler im "Heute Journal" des ZDF. Allerdings betonte der Mikrobiologe, man könne die Schwere der Erkrankungen noch nicht genau beurteilen. "Wir haben keine vollständigen Informationen."

Die weltweiten Vorsichtsmaßnahmen begründete er unter anderem damit, dass der neue Erreger dem Sars-Virus genetisch sehr ähnlich sei und über die Atemwege verbreitet werde. An Sars (Schweres Akutes Atemwegssyndrom) waren 2002/2003 etwa 800 Menschen gestorben. "Die Schwere, die Krankheitslast der Grippe ist schwerer", sagte Wieler. (TT.com, APA/dpa)

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