Mittelmeer-Route

Österreich und Italien verhinderten Neustart von EU-Mission "Sophia"

Seit April 2019 ist die EU nicht mehr mit Schiffen im Rahmen von Sophia im Einsatz, sondern beschränkt sich nur noch auf die Ausbildung der libyschen Küstenwache.
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Als Grund für ihre Ablehnung nannte die österreichische Bundesregierung, dass durch die Rettung von Flüchtlingen, die notwendigerweise mit einer Aussendung von EU-Schiffen einhergehen würde, ein vermehrter Zustrom von Flüchtlingen zu befürchten sei.

Brüssel – Die Marinemission „Sophia“ wird vorerst nicht wieder gestartet. Die Pläne für eine Wiederbelebung der EU-Mittelmeer-Mission zur Überwachung des Waffenembargos in Libyen scheiterten am Freitag insbesondere an Österreich und Italien. Das Außenministerium bestätigte die Angaben laut einem ORF-Radiobericht vom Samstag.

Gegenüber der APA hielt eine Sprecherin von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am Samstag in einer Stellungnahme dazu fest: „Österreich befürwortet eine aktive Rolle der EU zur Unterstützung der Bemühungen in Libyen, ist aber bekanntlich gegen eine Wiederaufnahme von Maßnahmen, die neue Pull-Faktoren für Migrationsbewegung über das Mittelmeer schaffen. Dazu hat sich Außenminister Schallenberg am Montag in Brüssel klar geäußert.“

Mission zur Einhaltung des Waffenembargos in Libyen

Schallenberg hatte sich am Montag gegen eine Wiederaufnahme der EU-Anti-Schlepper-Marinemission „Sophia“ ausgesprochen. Im Ö1-Mittagsjournal vom Samstag hieß es unter Berufung auf das Außenministerium zudem, es werde an einer neuen Mission gearbeitet, welche die Einhaltung des Waffenembargos gegen Libyen kontrollieren solle.

Die EU diskutiert derzeit auf technischer Ebene Möglichkeiten zur besseren Implementierung des Waffenembargos. Österreich und einige andere Partner haben eine Verstärkung der Überwachung in der Luft und auf Land vorgeschlagen. Die Diskussionen auf Beamten-Ebene dauern noch an. Ziel ist jedenfalls, dass aus der volatilen Waffenruhe ein langfristiger Waffenstillstand wird.

Die Entscheidung trafen die zuständigen EU-Botschafter im Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee der EU bei einer außerordentlichen und geheimen Sitzung. Mehrere weitere Länder, wie Griechenland und Ungarn, hätten demnach ebenfalls Bedenken an einem Neustart von „Sophia“ gezeigt. Für die Wiederbelebung der EU-Mittelmeer-Mission wäre eine einstimmige Entscheidung notwendig gewesen.

Nehammer: Gerettete nach Libyen zurückbringen

Als Grund für ihre Ablehnung nannte die österreichische Bundesregierung, dass durch die Rettung von Flüchtlingen, die notwendigerweise mit einer Aussendung von EU-Schiffen und der Überwachung des Waffenembargos einhergehen würde, ein vermehrter Zustrom von Flüchtlingen zu befürchten sei. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hatte bereits beim informellen Treffen mit seinen EU-Amtskollegen am Freitag in Zagreb betont, dass die Bekämpfung von Waffenschmuggel, wie bei der Neuausrichtung von „Sophia“ angedacht, ganz wichtig sei.

Gleichzeitig dürfe Seenotrettung aber nicht automatisch ein Ticket nach Europa sein, da dies nur das Geschäftsmodell der Schlepper erfülle. Am besten wäre es, im Mittelmeer aus Seenot gerettete Menschen nach Libyen zurückzubringen, sagte er beim EU-Innenrat in Zagreb. Seenotrettung dürfe nicht automatisch ein Ticket nach Europa sein. Natürlich sei es aber wichtig, in Libyen menschenwürdige Behandlung sicherzustellen, so Nehammer zur APA.

Italien forderte Überwachung der Land- und Luftwege

Italien wiederum machte geltend, dass nur eine Überwachung des Waffenembargos auf See allein nicht ausreiche. Erforderlich sei vielmehr auch eine intensive Überwachung der Land- und Luftwege. Mehrere Staaten hatten sich zuvor für die Wiederbelebung der Militärmission ausgesprochen, darunter auch Deutschland.

Seit April 2019 ist die EU nicht mehr mit Schiffen im Rahmen von Sophia im Einsatz, sondern beschränkt sich nur noch auf die Ausbildung der libyschen Küstenwache. Grund dafür ist, dass die EU-Staaten sich nicht auf ein System zur Verteilung Geretteter einigen konnten. Der „Sophia“-Einsatz hatte ab 2015 zehntausende Flüchtlinge aus Seenot gerettet und nach Europa gebracht. So müsste bei einem Neustart auch die Flüchtlingsaufnahme und -verteilung geklärt werden. Insbesondere osteuropäische Länder lehnen beides bisher kategorisch ab. (APA/AFP)

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