Von Reutte bis Schwaz: Die Narren hatten Tirol fest in der Hand
Mit dem großen Feiertag der Narren war auch die Gelegenheit da, es so bunt wie an keinem anderen Tag im Jahr zu treiben. Wo in Tirol es am Donnerstag am unsinnigsten zugegangen ist, erfahrt ihr hier.
Innsbruck – Am Unsinnigen Donnerstag haben endgültig die Narren das Kommando übernommen. Zum Höhepunkt des bunten Februars wurde in einigen Tiroler Orten das große Finale der Fasnacht eingeläutet, gleichzeitig waren endlich auch alle anderen Faschingsnarren an der Reihe – mit Kostümen weit weg von aller Tradition. Das waren die Unsinnigen Feier-Hotspots in Tirol:
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🎊 SCHWAZ und JENBACH: Cowboys verkauften die Wurstsemmel im Supermarkt. Kleine Feen hüpften durch die Gassen. Kellner servierten als Piraten verkleidet Getränke. Muller tanzten über den Platz. Zauberer kamen aus dem Buchladen. Konfetti wirbelte durch die Luft. Es wurde gefeiert, gesungen, getanzt und gelacht. In Schwaz und Jenbach regierten gestern die Narren.
„Tengl, tengl“, schallte es wieder und wieder über den Südtiroler Platz in Jenbach. Dem Faschingsruf waren Hunderte Maskierte gefolgt. Die Bundesmusikkapelle kam heuer aus Mexiko und die Figler sorgten als Jenbaker Tigers für Superbowl-Action auf der Bühne, welche beim Trachtenverein zur Manege wurde. Als Circus Katastrovski präsentierte der Verein Magier, Artisten, wilde Tiere und Clowns mit einer tollen Show – mittendrin der neue Narrenbürgermeister Christian (Amrainer) der Erste. Er hatte um 13.13 Uhr den Gemeindeamtsschlüssel von BM Dietmar Wallner erhalten und bedachte jeden der vielen teilnehmenden Vereine mit einem Faschingsreim. Auch die Kinder des ATSV begeisterten mit ihrer Show. Für Aufsehen sorgten eine Herrenpartie, die Baywatch samt Wachturm und Hai verkörperte, und ein Achenseebahn-Team, das die in Finanznot geratene Bahn zum Exekutor begleitete und Spenden sammelte.
Am Vormittag läuteten rund 175 Kindergartenkinder am Schwazer Stadtplatz den Unsinnigen ein. Wenig später ging ein Beben durch die Bezirkshauptstadt, denn aus Indien war extra ein Spezialteam angereist. Es lieferte die neuen Pflastersteine für die Franz-Josef-Straße aus dem fernen Orient und startete sogleich die Arbeiten. Ihm zu Hilfe kam der kleine Emilio als Mini-Baggerfahrer. Ebenfalls bei der Maskenprämierung dabei waren Kampfschafe, die Schwazer Frauenjägerschaft, Waldgeister, ein XXL-Zillertalbier-Kasten oder die böse Fee aus Dornröschen. Aber auch Ursula Beiler war mit neuen Schildern wie „Rathausgerti“ oder „Eibelschröfin“ nach Schwaz gekommen. Den Stadtplatz machten zudem einige Skitourengeher unsicher. Sie wurden aber vom Pistenbullyfahrer ausgebremst. Ein heißer Favorit auf den Sieg der Maskenprämierung waren die übergroßen Zigaretten. Doch die Schwazer Faschingsgilde entschied sich, alle Teilnehmer heuer zum Gewinner zu machen und mit Preisen zu ehren.
Bis zu 8000 Besucher aus nah und fern dürften auch heuer wieder in der Schwazer Innenstadt den Unsinnigen gefeiert haben.
🎊 REUTTE: „Wer kann da in Tirol noch mithalten?“, fragte sich ein Einheimischer Donnerstagnachmittag in Reutte. Und er dürfte wirklich Zuschauer des größten Unsinnigenumzuges im ganzen Land gewesen sein. Allein 40 Gruppen hatten sich offiziell zur Teilnahme am Defilee durch den Markt angemeldet. Getragen wurden die Hunderten Teilnehmer durch Tausende Schaulustige, die das Zentrum des Bezirkshauptortes mit Gelächter, Jubel und Klatschen erfüllten. Weitere maskierte Kleingruppen traten einfach aus der Menge heraus und reihten sich ins Geschehen ein.
Ein Teil des Erfolgsrezepts der Faschingsgilde Reutte – von Jahr zu Jahr steigt die Zahl der Teilnehmer mit spektakulären Themenwägen und Verkleidungen – dürfte auch darin liegen, dass Nachbarn den Unsinnigenumzug für sich entdeckt haben. So kommt es zu einer bunten, grenzüberschreitenden Gemengelage aus „Achackackten“ und Allgäuern. Eine kurzzeitige Beziehung und Bereicherung für wenige Stunden, die dem Treiben ein besonderes Flair verleiht.
Nachdem wegen Bauarbeiten im Park heuer kein Großzelt aufgestellt werden konnte, waren die so genanten Barwägen heuer erstmals entlang der Strecke mit reichlich Flüssigem bereits vorgeparkt worden.
🎊 AXAMS: Hart zur Sache ging es gestern wieder beim Wampelerreiten in Axams, der wohl brachialsten Fasnachtstradition. Der Kampf Wampeler gegen Reiter symbolisiert das Duell zwischen dem Winter und dem Frühling, also den Reitern, die versuchen, ihre Kontrahenten auf den Rücken zu werfen. Einmal mehr galt es für die Wampeler, die als gedrungene Gestalten in der Gruppe durch das Dorf zogen, „weiß“ ums Dorf zu kommen. Natürlich waren bei dem Umzug auch die weiteren traditionellen Figuren der Tuxer, Flitscheler, Nadln, Buijazzln und Altboarischen Paarln dabei.
🎊 PATSCH: In Patsch ist die Fasnacht am Unsinnigen indes in Frauenhand. Seit über 60 Jahren rücken die Schellenschlagerinnen aus, so auch heuer: Die Patscher Schellenschlagerinnen – Frauen jeden Alters rund um Obfrau Evi Falgschlunger – führten den Umzug an. Der historische Hintergrund: 1958 konnten sich die Patscher Männer nicht zum Schellenschlagen aufraffen. Um die Tradition nicht einschlafen zu lassen (und weil ihnen im Dorf generell zu wenig los war), übernahmen Frauen das Brauchtum. Das ist bis heute so geblieben.
Mit dabei beim Umzug waren neben den vielbejubelten Schellenschlagerinnen auch die Brauchtumsgruppe Patsch, die Musikkapelle, die Original Patscher Fögler und viele schneidige Nachwuchs-Fasnachtler.
🎊 IMST: Auch in Imst nehmen die „Weiber" die Stadt am Unsinnigen in die Hand. Auch heuer wieder hat – wenig überraschend – die „Weiberfasnacht" vor dem Rathaus ihre Flagge gehisst. Noch bevor der Umzug heute durch die Innenstadt führt, bekam BM Stefan Weirather dann ein Gedichtchen aufgesagt. Dafür büßte er nicht nur einen Gutteil seiner „zweitschönsten" Kravatte ein, sondern auch den Schlüssel zur Stadtregierung. „Jetzt hab' ich frei!", kommentierte der scheidende Stadtchef, bevor das Weiberregiment endgültig die Führung an sich riss. Ein Schnapsl und tröstende Worte u.a. von Grüss-Göttin-Künstlerin Uschi Beiler vermochte die Wogen zu glätten. Am Ende stimmten alle in die Hymne der Weiberfasnacht ein. Um 15 Uhr fällt der Startschuss für das bunte Treiben im Stadtzentrum von Imst.
Die Figuren der „Weiberfasnacht", mit der ein Alttiroler Kult gefeiert wird, haben übrigens alle eine eigene Bedeutung: Die Saligen treten in Weiß als Beschützerinnen der Natur auf. Von den Bethen gibt es ihrer drei: Ambeth in Schwarz steht für die Erde, Borbeth in Rot für die Sonne und Wilbeth in Weiß für den Mond. Die Kreislerinnen verkörpern das kosmische Geschehen in Form eines planetaren Welttanzes und tragen ebenfalls weiße Kostüme. Das Totenpaarl ist mit den Attributen der Landesheiligen Nothburga ausgestattet und erinnert an die Wandlung bei der heiligen Messe. Zuguterletzt zeigen die Wolkenfrauen als Teil von ihr ebenfalls die Verbundenheit mit der Natur.
🎊 NASSEREITH: In Nassereith geht man in den Jahren ohne Schellerlaufen (das erst wieder 2022 stattfindet) in die „wilde Fasnacht". Nur einzelne Masken des Schellerlaufens sind dann zu sehen, nämlich die Karrner, Ruaßler und Paarle, begleitet von Sängergruppen und kleineren Festwägen. Bereits um 9 Uhr ist es mit dem so genannten „Umschlagen“ losgegangen. Großer Lärm und Musik, nach einem alten überlieferten Rhythmus, dringen durch die Straßen des Ortes. Auch Ruaßler sind mit dabei und sorgen dafür, dass die Besucher und Zuschauer mit einem schwarzen Strich im Gesicht am Straßenrand stehen – also „gruaßelt" werden.
Um 13 Uhr fiel dann der Startschuss für das fasnachtliche Treiben – mit dem Beginn des Umzuges der Masken vom Postplatz zum Maibrunnen und wieder zurück. (TT/TT.com/anl)