Deutscher Außenminister droht Waffenlieferanten im Libyen-Konflikt
Das Waffenembargo werde weiterhin "viel zu oft gebrochen", beklagte Deutschlands Außenminister Heiko Maas. Die EU-Mission solle offenlegen, "wer Waffen oder auch Soldaten oder Söldner nach Libyen bringt".
New York – Der im Libyen-Konflikt vermittelnde deutsche Außenminister Heiko Maas hat den Staaten, die trotz eines UNO-Verbots Waffen und Kämpfer in das nordafrikanische Land schicken, mit Konsequenzen gedroht. "Niemand kann darauf setzen, dass er unerkannt davon kommt", sagte der Politiker am Mittwochabend (Ortszeit) nach einer Sitzung des UNO-Sicherheitsrats zu dem Thema in New York.
"Und niemand kann darauf hoffen, dass solche Verstöße, die nachgewiesenermaßen dann stattfinden und auch zugeordnet werden können, ohne Konsequenzen bleiben." Über die Art der Konsequenzen müsste dann in der Europäischen Union gesprochen werden. "Dafür gibt es einen Instrumentenkasten." Konkreter wurde Maas nicht.
Einmischung in den Konflikt beenden
Mitte Jänner hatten sich 16 Länder und internationale Organisationen in Berlin dazu verpflichtet, die Einmischung von außen in den Konflikt zu beenden. Trotzdem liefern einzelne Teilnehmerstaaten weiter Waffen oder entsenden Soldaten. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres hat ausdrücklich die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Ägypten, Russland und die Türkei genannt und von einem Skandal gesprochen. Denkbar wäre, mit Sanktionen dagegen vorzugehen.
Zunächst soll aber eine geplante EU-Überwachungsmission dafür sorgen, dass der Druck auf die Waffenlieferanten erhöht wird. Die dafür eingesetzten Schiffe und Flugzeuge sollen aber nur Informationen sammeln und können selbst nicht eingreifen. Maas glaubt trotzdem, dass der Einsatz Wirkung haben wird: "Ich bin mir sicher, das wird nicht ohne Auswirkungen auf diejenigen bleiben, die heute noch gegen das Waffenembargo verstoßen."
Zügiger Start von geplanter EU-Militärmission
In Libyen war nach dem Sturz und der Tötung des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi 2011 ein Bürgerkrieg ausgebrochen, der im April vergangenen Jahres wieder eskaliert ist. Der mächtige General Khalifa Haftar bekämpft mit Unterstützung vor allem der VAE, Russlands und Ägyptens die international anerkannte Regierung von Fayez al-Serraj an deren Seite die Türkei kämpft. Für Europa ist eine Lösung des Konflikts unter anderem von großer Bedeutung, weil die Hauptflüchtlingsrouten von Afrika über das Mittelmeer nach Europa durch Libyen führen.
Maas hofft auf einen zügigen Start der geplanten EU-Militärmission zur Überwachung des Waffenembargos gegen die Konfliktparteien in Libyen. Er wünsche sich, "dass wir dazu beim nächsten Außenministertreffen in Brüssel Entscheidungen treffen", sagte er. Und er hoffe, "dass, wenn es diese Mission gibt, sie auch sehr schnell auf den Weg gebracht wird". Die EU-Außenminister treffen sich das nächste Mal in zweieinhalb Wochen. Sie hatten Mitte Februar die Militärmission zur Überwachung des Waffenembargos im Grundsatz beschlossen. Viele Fragen des Einsatzes sind allerdings noch offen. Das Waffenembargo werde weiterhin "viel zu oft gebrochen", beklagte Maas. Die EU-Mission solle offenlegen, "wer Waffen oder auch Soldaten oder Söldner nach Libyen bringt".
"Hoffnungsschimmer" in Libyen
Zur Lage in Libyen insgesamt sagte Maas, es gebe "Hoffnungsschimmer". So hätten die Verhandlungen im gemeinsamen Militärausschuss der libyschen Einheitsregierung und auf der Seite des Haftars erste Ergebnisse gebracht. Es lägen nun "Entwürfe für einen echten, effektiven Waffenstillstand" vor, über die nun die Konfliktparteien in dem Bürgerkriegsland berieten. Auch die politischen Beratungen seien am Mittwoch begonnen worden. Das sei "ein positives Zeichen".
Deutschland ist seit Anfang 2019 für zwei Jahre Mitglied im UNO-Sicherheitsrat. Maas nahm am Mittwoch auch an einer Sitzung zur atomaren Abrüstung teil und warb dafür, das Ziel einer Welt ohne Atomwaffen nicht aus den Augen zu verlieren. Es sei an der Zeit, die stagnierenden Abrüstungsbemühungen mit neuem Leben zu erfüllen, sagte der SPD-Politiker vor dem wichtigsten UNO-Gremium, dessen fünf ständige Mitglieder allesamt Atommächte sind – USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien. Als vor 50 Jahren der Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet worden sei, habe man sich dem Ziel einer nuklearwaffenfreien Welt verschrieben, betonte Maas. "Und niemand trägt eine größere Verantwortung dafür, als die Mitglieder des Sicherheitsrates."
Am Donnerstag nimmt Maas an einer weiteren Sitzung des wichtigsten UN-Gremiums zur humanitären Katastrophe in der syrischen Provinz Idlib teil. Dort sind seit Anfang Dezember fast 950.000 Menschen vor Kämpfen und den heranrückenden Regierungstruppen geflohen. (APA/dpa/AFP)