Coronavirus: Sterblichkeit bei Covid-19 sehr unterschiedlich
Verschiedene Faktoren können die Sterblichkeit beim Coronavirus beeinflussen: Dazu zählen neben dem jeweiligen Gesundheitswesen in einem Land und der Reaktion der Behörden auch Alter oder Blutgerinnungswerte.
Wien/Baltimore (Maryland) – "Wie tödlich ist Covid-19?" Diese Frage beschäftigt derzeit Fachleute und Laien. Die Mortalität durch SARS-CoV-2-Infektionen unterscheidet sich offenbar von Land zu Land. Status des Gesundheitswesens, Reaktion der Behörden und Charakteristika der Betroffenen dürften die größten Einflussfaktoren sein.
"COVID-19 ist eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit", schrieben jetzt die US-Zentren für Krankheitskontrolle (CDC/Atlanta, US-Bundesstaat Georgia). Eigenartig sind jedenfalls die zum Teil frappanten Unterschiede in der Mortalität der Covid-19-Erkrankung. Erst vor wenigen Tagen kalkulierte US-Virologe Vincent Racaniello von der Columbia University in New York die weltweite Mortalitätsrate durch Covid-19 bei 3214 Todesfällen und 94.250 Erkrankungen auf einen Anteil von 3,4 Prozent.
Mortalitätsrate ist hoch
"Diese rohe Mortalitätsrate ist hoch. Bei der saisonalen Influenza beträgt sie 0,1 Prozent. Aber diese Zahlen passen nicht immer und sind durch viele Faktoren beeinflusst", schrieb der Experte auf seinem Virology Blog. Alle Daten aus China deuteten darauf hin, dass eine anfänglich hohe Mortalität – in Wuhan zum Beispiel anfänglich bis zu mehr als 20 Prozent – innerhalb von einigen Wochen auf Werte von einigen Prozenten sanken.
"Basierend auf einer Zusammenfassung von 44.672 Fällen am Anfang des Ausbruchs der Erkrankung in China starb kein einziges Kind im Alter bis zu neun Jahren. Bei Personen unter 50 Jahren lag die Mortalitätsrate unter einem Prozent", schrieb der Experte. Experten der Johns Hopkins Universität in Baltimore in den USA haben für das gesamte Festlandchina eine Todesrate von 3,88 Prozent errechnet (80.756 bestätigte Infektionen). In der Provinz Hubei starben 4,46 Prozent der Patienten.
Fallzahlen bieten keine Aussagewirkung für Kalkulation
Es gibt offenbar große Unterschiede bei der Covid-19-Sterblichkeit, die auch einfach durch die Qualität des Gesundheitswesens des jeweiligen betroffenen Landes bedingt sein könnten. In Südkorea wurden 28 Todesfälle bei 5621 Infizierten registriert. Das entspräche laut einer der Berechnungen einer Mortalitätsrate von 0,4 Prozent. Die Johns Hopkins-Experten haben mittlerweile für Südkorea bei 7382 bestätigten Infektionsfällen und 51 Todesopfern eine "Case Fatality Rate" (Sterberate) von 0,86 Prozent errechnet.
Und wenn man bei mit 5. März 2020 in den USA 128 bestätigten Infektionen neun Todesfälle registriert hätte, seien das zwar sieben Prozent, stellten die Experten fest. Derart geringe Fallzahlen in einer Berechnung bedeuten allerdings auch wenig Aussagekraft für statistische Kalkulationen.
Alter möglicher Faktor
Die Zahlen aus Italien sind frappierend. In allen verfügbaren Statistiken werden um die fünf Prozent Mortalitätsraten angegeben. Mit 9. März hatte es dort 9172 bestätigte Infektionen mit dem neuen Coronavirus gegeben. Man hatte 463 Todesfälle verzeichnet.
Alter der Betroffenen entscheidend
Höheres Alter, Organversagen im Verlaufe der Erkrankung und Neigung zu Thromboembolien sind offenbar bestimmende Faktoren für die Schwere einer Covid-19-Erkrankung. Das berichten jetzt chinesische Wissenschafter in der britischen Fachzeitschrift The Lancet.
Die Experten mit Erstautor Fei Zhou von der Abteilung für Pneumologie der chinesischen Akademie der Wissenschaften haben die Daten von 191 Patienten des Jinyintan-Spitals und der Pneumologischen Klinik in Wuhan analysiert. 137 Patienten wurden aus dem Krankenhaus als geheilt entlassen, 54 waren gestorben. Das mediane Alter der Patienten (die Hälfte darunter, die Hälfte darüber) hatte 56 Jahre betragen.
Als großer Risikofaktor für das Versterben der SARS-CoV-2-Betroffenen wurde das Alter identifiziert. Pro Lebensjahr steigerte sich die Mortalitätsrate um rund zehn Prozent. Trat im Spital ein Organversagen als Folge der Infektion mit dem Virus auf, bedeutete dies eine um den Faktor 5,65 erhöhte Sterblichkeitsrate. Schließlich zeigten auch die Personen mit erhöhten Blutgerinnungswerten (D-Dimer-Konzentrationen von mehr als einem Mikrogramm pro Liter Blut) ein durchschnittlich um das 18-fache erhöhtes Risiko für das Ableben im Spital nach Covid-19-Erkrankung.
Möglicherweise ist die Altersstruktur der Bevölkerung in Norditalien ein wichtiger Faktor. 23 Prozent der Bevölkerung sind dort älter als 65 Jahre. Das mediane Alter der italienischen Bevölkerung beträgt aber 47,3 Jahre. Jedenfalls scheint man in Italien laut österreichischen Experten zunächst recht spät auf die Covid-19-Erkrankungen aufmerksam geworden zu sein. Damit war man von Beginn an mit einer großen Zahl an Infizierten bzw. Erkrankten konfrontiert. Aber hintennach und von außen betrachtet ist man sprichwörtlich immer "klüger". (APA)