Coronavirus

Scharfe Kritik der Opposition an Tilg: Dornauer fordert sofortigen Rücktritt

Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) war am Montagabend zu Gast bei Armin Wolf im ZiB2-Studio. Der Auftritt zieht heftige Kritik nach sich.
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Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) wies Montagabend alle Vorwürfe zurück, Tirol habe zu spät auf die Corona-Bedrohung reagiert. Die Opposition kritisiert Tilg massiv für seinen Auftritt in der "ZiB2". LH Platter verteidigt die Vorgangsweise rund um Ischgl erneut.

Wien, Innsbruck – Tirols Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) wies Montag in der ZiB 2 alle Vorwürfe zurück, Tirol – das mit jetzt 313 die meisten Krankheitsfälle hat – habe zu spät auf die Corona-Bedrohung reagiert. "Die Behörden haben alles richtig gemacht", erklärte er wiederholt, angesprochen auf Vorhalte, die Skisaison sei zu spät beendet oder man habe Touristen aus Ischgl unkontrolliert ausreisen lassen. Tilg erntete für seinen Auftritt heftige Kritik – sowohl in der Politik, als auch in den sozialen Medien.

Wie schon Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Sonntag erklärt hatte, bestätigte auch Tilg, dass in Tirol jetzt die bundesweiten Regelungen zur beschränkten Bewegungsfreiheit gelten – also: "Man darf in Tirol spazieren gehen in freier Natur, das ist auch gut so, wir haben eine wunderbare Landschaft", sagte er. In der ursprünglichen Tiroler Verordnung war diese Ausnahme nicht enthalten.

📽 Video | Gesundheitslandesrat Tilg in der ZiB 2:

"In der zeitlichen Abfolge alles richtig"

In Tirols Maßnahmen sieht er keinen Fehler: "Ich glaube, dass auch in der zeitlichen Abfolge alles richtig passiert ist", sagte Tilg – angesprochen darauf, dass Island Ischgl schon am 5. März zum Risikogebiet erklärte, weil 15 Heimkehrer positiv getestet wurden. Der Krisenstab in Tirol tage seit 21 Tagen – elf Tage, bevor es in Ischgl den ersten Fall des erkrankten Barmanns im "Kitzloch" gegeben habe. Die Bar wurde am 10. März geschlossen und das Ende der Wintersaison am 12. März angekündigt.

Auch dass Skilifte bis gestern in Betrieb waren – was sogar Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) in der Sonder-ZiB für nicht richtig erachtete – sieht Tilg nicht als Problem. Der Vorwurf, dass sich da die Bergbahnlobby durchgesetzt habe, "stimmt nicht". Tirol habe ständig Maßnahmen getroffen, "die Gesamtvorgangsweise war richtig".

Dazu, dass St. Christoph – ein Nebenort von St. Anton – nicht ebenfalls unter Quarantäne gestellt wurde, obwohl dort nach einem Ärztekongress mehrere Menschen positiv getestet wurden, meinte Tilg: Es gebe noch andere Gemeinden in Österreich mit positiven Fällen.

"Zügig durch Tirol und Österreich durchfahren"

Auch bei der Ausreise von Touristen aus dem ab Freitag unter Quarantäne gestellten Ischgl sieht Tilg keinen Fehler - auch wenn laut ZiB 2 mehrere hundert von ihnen in Innsbruck in Hotels gingen, weil sie erst am Samstag Flüge hatten. "Das liegt auch in der Eigenverantwortung der Gäste", meinte er. Und man habe mit ihnen mit Formularen vereinbart, dass sie "zügig durch Tirol und Österreich durchfahren" und sich daheim zwei Wochen in Quarantäne begeben. Außerdem wisse das Land von der Stadt Innsbruck nur von vier solchen Touristen.

Der Gesundheitslandesrat zeigte sich empört, dass in den ausländischen Medien der Eindruck vermittelt werde, "dass das Coronavirus in Ischgl entstanden ist. Das ist aber nicht so", es sei ein internationales Problem, das "leider auch in das Paznaun hineingetragen wurde". Die Tatsache, dass Tirol österreichweit die meisten Fälle hat, führte er auch darauf zurück, dass man eben ein "großes Tourismusland" sei und mit der vielen Mobilität dadurch das Coronavirus ins Land kam.

Dornauer fordert sofortige Abberufung Tilgs

Der Coronavirus-Herd Ischgl sorgt zunehmend für vehemente politische Debatten und den Ruf nach Konsequenzen. Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer forderte die Abberufung von Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP).

Tilg sei mit der aktuellen Situation überfordert und mit seinen eigenen Fehlentscheidungen beschäftigt, so der Tiroler SPÖ-Vorsitzende. "Er muss mit sofortiger Wirkung abberufen werden", verlangte Dornauer. Es brauche jetzt Experten im Gesundheitsressort. LH Günther Platter (ÖVP) stehe in der Verantwortung, so schnell wie möglich Maßnahmen zu ergreifen. Zumal die Krise ihren Höhepunkt noch nicht erreicht habe, meinte Dornauer, der Fahrlässigkeit und Fehlleistungen ortete. Sobald sich die Lage entschärft habe, werde die SPÖ "mit allen parlamentarischen Mitteln" auf Bundes-und Landesebene für volle Aufklärung in dieser Angelegenheit sorgen, kündigte Dornauer Anfragen im Landesparlament und im Nationalrat an. Außerdem werde geprüft, wann eine Sondersitzung des Tiroler Landtags zur Causa möglich und sinnvoll ist.

Scharfe Kritik auch von Liste Fritz, FPÖ und NEOS

"Mitten in einer der schwersten Krisen der letzten Jahrzehnte ist es ein Gebot der Stunde zusammen zu halten und an einem Strang zu ziehen. Jetzt ist nicht die Zeit der Abrechnung und der Krisenanalyse", erklärte indes Liste Fritz-Klubobfrau Andrea Haselwanter-Schneider. Und nahm dennoch Tilg in die Pflicht. Der Landesrat habe die Verunsicherung mit seinem TV-Auftritt vergrößert. "So sieht Krisenmanagement definitiv nicht aus. Die Menschen erwarten sich klare Worte und kein Herumeiern, Verschleiern und Vertuschen", griff die Klubobfrau den Landesrat frontal an.

FPÖ-Parteichef Hofer erklärte indes: "Dieser Skandal schadet Österreich nachhaltig. Ich erwarte mir dazu endlich eine Stellungnahme von Gesundheitsminister Rudolf Anschober, der sich als verantwortliches Regierungsmitglied mit Sicherheit über alle Details informiert hat", erklärte er in einer Aussendung. Das gestrige - "eher hilflos wirkende" - Interview von Tilg in der "ZIB 2" lege den Verdacht nahe, dass dieser nun der Öffentlichkeit als "Bauernopfer" präsentiert werden soll. "Wir brauchen jetzt kein Scherbengericht. Zuerst gilt es die Krise zu bewältigen, anschließend wird man sich aber sehr intensiv über diese Fehlentscheidungen unterhalten müssen", assistierte Tirols FPÖ-Obmann Markus Abwerzger.

"Es ist unerträglich, wie die verantwortlichen Tiroler Landespolitiker in der Causa Ischgl herumlavieren", kritisierte NEOS-Gesundheitssprecher Abg. Gerald Loacker. "Politiker mit Verantwortungsbewusstsein" würden Fehler einfach zugeben und alles daran setzen, dass sie sich nie mehr wiederholen.

Platter: "Menschenmöglichstes" getan

LH Günther Platter (ÖVP) weist weiterhin jede Kritik am Vorgehen der Behörden in Ischgl zurück. Man habe in der jeweiligen Situation das "Menschenmöglichste" getan, betonte er am Dienstag bei einer Videopressekonferenz. Auch bei der Ausreise, die teilweise offenbar chaotisch abgelaufen sein dürfte, habe man das Möglichste getan, um eine geordnete Abreise zu gewährleisten, meinte der Landeschef. Es seien immerhin tausende Touristen im Paznauntal gewesen.

Die Einsatzleitung des Landes sei mittlerweile seit 22 Tagen aktiv. "Jede Frage und Maßnahme wurde dort diskutiert und entschieden", sagte Platter. Man habe nach menschlichem Ermessen zum jeweiligen Zeitpunkt jene Maßnahmen gesetzt, bei denen man überzeugt davon war, dass es die richtigen gewesen sind. Man lerne jeden Tag dazu und man brauche jetzt die volle Kraft und Konzentration, um die Verbreitung des Virus einzudämmen. "Wir tun gar alles, dass der Virus eingedämmt wird", versicherte Platter. (TT.com, APA)