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Der „soziale Empfangsraum“ Unterhaus wird in Kürze geschlossen

Unterhaus-Fußball wie hier zwischen Kufstein und Imst wird es wohl erst im Herbst wieder zu sehen geben.
© Hans Osterauer

Der Anpfiff im kompletten Fußball-Unterhaus blieb aufgrund der 
Corona-Krise klarerweise aus. Die Saison 2019/20 ist wohl gelaufen.

Von Alex Gruber

Innsbruck – Im Unterhaus-Fußball verhält es sich gegenwärtig ein wenig so, als wenn man sich eine unumgängliche Auszeit von einer geliebten Partnerin nehmen muss – im Wissen, dass man danach gemeinsam wieder voll durchstarten kann. Nach dem ausgesprochenen (Groß-)Veranstaltungsverbot zumindest bis 30. Juni ist nicht mehr mit lokalem Schweiß und Schaum auf Tirols Fußballschauplätzen zu rechnen.

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P wie Präsidiumssitzung: Anfang nächster Woche tagt das ÖFB-Präsidium dazu, wie es im heimischen Fußball weitergehen soll. In den beiden oberen Ligen lebt die Hoffnung, dass man in einer Art „Corona-Blase“ mit Geisterspielen und einkasernierten Spielern

Offiziellen die Saison doch noch zu Ende bringen kann, zumal ansonsten womöglich Klagen wie Insolvenzen wegen ausbleibender (TV-)Gelder drohen.

Tirols Fußballverbands-Präsident Josef Geisler weiß, dass die gesetzlichen Vorgaben im Profizirkus (Stichwort Geisterspiele) auch eine Frage der Interpretation sind, für den Amateurfußball hat er eine klare Position: „Was ist am Unterhaus-Fußball so schön? Wir wollen Leute und Emotionen sehen. Der Unterhaus-Clubfußball ist doch ein sozialer Empfangsraum.“ Der dürfte für 155 Tiroler Vereine mitsamt ihren Frauen- und Nachwuchsteams für diese Saison wohl geschlossen werden. Zumindest, wenn man vom Ligabetrieb spricht.

Geisler weiß auch, dass sich Fragen über Fragen in Auf- bzw. Abstiegsfragen, Vertragsverhältnissen usw. auftürmen werden: „Ich bin aber überzeugt, dass wir eine öster-reichweite Lösung finden.“ Wichtig ist ihm, seitens des Landesverbandes zu betonen, dass man allen Tiroler Vereinen in dieser heiklen Phase mit lückenlosen Informationen und Hilfestellungen zur Seite stehe.

H wie Herzblut: Es ist ja nicht so, dass es den Funktionären und Trainern im Unterhaus an Ideenreichtum mangelt. Ganz im Gegenteil. In dieser Hinsicht und nach der Ansage von Wacker-Präsident Gerhard Stocker, im Amateurbetrieb wenig bis überhaupt keinen Sinn zu sehen, die Ligen fortzuführen, flatterte der TT eine Mail ins Haus. „Traut man es den kleinen Vereinen wirklich nicht zu, bei entsprechend positiver Entwicklung der Krise den Trainingsbetrieb mit denselben Rahmenbedingungen wie bei den Profivereinen durchzuführen? Gruppentraining mit fünf Spielern zu je einer Stunde am Platz und das dreimal an einem Abend, das werden auch Amateurvereine zu organisieren wissen, vier Kabinen besitzen 95 Prozent aller Vereine – getrennte Duschmöglichkeiten sind auch hier vorhanden“, lässt Martin Pfluger, der sportliche Leiter von Landesligist SV Thiersee, wissen. Hier schlägt das große Herz im Unterhaus.

E wie Entzugserscheinungen: „Wir gehen davon aus, dass es erst im Herbst wieder losgeht“, sagt Marcel Schreter beim SV Telfs. Dort, wo er Co-Trainer und Spieler der ersten Mannschaft, Trainer des Zweier-Teams und doppelter Fußball-Papa seiner beiden Söhne Fabian (13) und Noah (11) ist. „Ich bin ein Fußballsüchtiger und komme mir vor wie auf einem Entzug. Manchmal laufe ich auch am Emat vorbei und wenn ich den schönen Rasen sehe, könnte ich weinen“, schüttet der „Schreti“ sein Herz aus. Schreter betont, dass auch Amateurclubs zu dieser Stunde um kleinere Unternehmen und in Folge derer Sponsorleistungen bangen.

P wie Pragmatismus: TFV-Vizepräsident Arno Bucher harrt der Dinge, lässt dann aber auch eine klare Ansage los: „Ich würde es gut finden, wenn wir auf eine Ganzjahresmeisterschaft umsteigen und diese Saison ab September zu Ende bringen. Dann hätten sowohl Clubs wie auch Spieler ihre Vertragsdauer erfüllt.“ Dass man sich nach oben hin abstimmen muss, ist Bucher vollends bewusst.

G wie Größe oder Gerhard Grosch: Als überlegener Tabellenführer der UPC Tirol Liga wäre der SVI auf dem besten Weg, in die Regionalliga aufzusteigen. Der SVI-Präsident hat aber ein Mail an TFV-Präsident Geisler versandt, diese Saison abzubrechen und nicht zu werten: „Wir hätten nach Jahrzehnten eine Riesenchance auf den Tiroler-Liga-Titel und wären schon traurig, wenn es vorbei ist. Aber man kann nicht nur die Weintrauben ernten. Im Moment steht die halbe Welt wegen der Corona-Krise still und da gibt es wichtigere Sachen als Fußballspielen.“

K wie Kameradschaft oder Kellerkinder: Der FC Grins ist Tabellenschlusslicht der 2. Klasse West und Coach Christian Winkler zur Stunde als Bankbeamter gefordert. „Natürlich fehlt auch uns der Fußball und vor allem die Kameradschaft“, hält er fest, um mit Augenmaß weiterzublicken: „Vor allem bei den Kindern ist die lange Pause nicht gut – denn je länger sie stehen, desto größer ist der Aufholbedarf.“ Hoffentlich lässt sich der Funke spätestens im Herbst wieder entfachen ...