Corona-Krise

Ruhe vor dem Sturm: Pleiten massiv zurückgegangen

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© Erwin Wodicka

In Tirol nehmen die Betriebspleiten im Vergleich zum Vorjahr um 27,4 Prozent ab. Ab dem Frühsommer rechnet der KSV1870 aber mit einem deutlichen Zuwachs bei den Unternehmensinsolvenzen.

Innsbruck – In den letzten beiden Märzwochen gab es in Tirol große Einschränkungen im wirtschaftlichen Leben. Als Folge daraus wurden kurzfristig auch weniger Insolvenzeröffnungsanträge von Gläubigern und Schuldnern eingebracht, berichten die Gläubigerschützer vom KSV 1870 in einer Aussendung am Montag.

Während im Bundesschnitt die Insolvenzzahlen um 9,1 Prozent sanken, kam es im Vergleich zum Vorjahr in Tirol mit einem Minus von 27,4 Prozent zu einem stärkeren Rückgang bei der Zahl der Pleiten. In Relation zum März 2019 hat sich die Zahl der Pleiten in Tirol im März 2020 sogar um über 30 Prozent reduziert. "Hier spürte man die ersten Auswirkungen der Corona-Krise", so der KSV1870-Regionalleiter West Klaus Schaller.

„Die Wirtschaft in Tirol läuft derzeit nur mir gedrosseltem Motor. In manchen Branchen musste die operative Tätigkeit vollständig eingestellt werden", beteont Schaller. Die Tiroler Unternehmen hätten zwar in den letzten Jahren gut gewirtschaftet und konnten im Schnitt ihre Eigenkapitalquote um 0,7 Prozent pro Jahr erhöhen. Trotzdem sei mit einem deutlichen Anstieg der Insolvenzzahlen bereits in naher Zukunft zu rechnen.“

Privatinsolvenzen

92 Insolvenzverfahren von Privatpersonen an Tiroler Bezirksgerichten ist gleichbedeutend mit einer Abnahme um 83 Verfahren in Relation zum Vergleichszeitraum des Vorjahres. Bereits im Januar und Februar dieses Jahres ist die Zahl der Schuldenregulierungsverfahren völlig eingebrochen. Ab März hat die Corona-Krise dazu geführt, dass kaum mehr Anträge auf eine Schuldenregulierung eingegangen sind.

Der im 1. Quartal verzeichnete Rückgang auf nahezu das Niveau von 2017 kommt für die Gläubigerschützer unerwartet. Ab Mitte März haben sowohl die die Schuldner beratenden Stellen als auch die Bezirksgerichte auf eine Art Notbetrieb umgestellt. Jedoch zeichnete sich der Einbruch bei der Anzahl der Schuldenregulierungsverfahren bereits in den beiden ersten Monaten des Jahres ab.

Ausblick für 2020

Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich die weitere Entwicklung der Anzahl der Schuldenregulierungsverfahren für 2020 schwer abschätzen, so der KSV. Klar sei, dass die Corona-Problematik die Tiroler Haushalte wirtschaftlich enorm belasten wird. Der KSV1870 wisse aus Erfahrung, dass ein Ansteigen der hochverschuldeten Privathaushalte nicht gleichzeitig mit einem Anstieg der Zahl der Privatinsolvenzen verbunden ist.

Bei der Anzahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren spielen weitere Parameter eine ganz wichtige Rolle: Die Ressourcenausstattung der die Schuldner beratenden Institutionen und die Kapazitäten bei den Bezirksgerichten.

Zuwachs ab dem Frühjahr

"Die Maßnahmen der Bundesregierung und des Landes Tirol gehen ohne Zweifel in die richtige Richtung. Realistisch betrachtet kann aber nicht über sämtliche Unternehmen des Landes ein finanziell unbegrenzter Rettungsschirm durch den Staat gespannt werden", meinten die Gläubigerschützer. Es sei davon auszugehen, dass insbesondere Betriebe, welche bereits vor der Corona-Krise Liquiditätsschwierigkeiten und nur geringfügige finanzielle Rücklagen hatten, insolvenzgefährdet sind bzw. alsbald werden.

Ab dem Frühsommer rechnet der KSV1870 mit einem deutlichen Zuwachs bei den Unternehmensinsolvenzen. Wie deutlich dieser ausfallen wird, könne aktuell allerdings noch nicht final gesagt werden und hänge insbesondere von der Dauer der Corona-Krise ab. "Dabei wäre es zu kurz gegriffen lediglich auf die Situation in Tirol oder Gesamtösterreich Bedacht zu nehmen", betont Schaller.

Für die Tiroler Betriebe, welche traditionell sehr exportorientiert agieren, werde es besonders wichtig sein, wie schnell die deutsche und italienische Wirtschaft wieder in die Spur findet. Aktuell erwartet der KSV1870 im Jahresverlauf 2020 ein Plus von über 20 Prozent bei den Tiroler Insolvenzzahlen gegenüber dem Schnitt der letzten Jahre. Fest stehe, dass die Jahre mit einem extrem niedrigen Insolvenzniveau in Tirol vorbei sind. (TT.com)

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