Entdeckung

Messner, Habeler und Lama flattern als Schmetterlinge in den Alpen

David Lama und Peter Habeler
© Timeline od Voitl

Der Tiroler Wissenschafter Peter Huemer entdeckte drei neue Schmetterlingsarten und benannte sie nach berühmten Bergsteigern. Die Falter kommen in den europäischen Alpen vor.

Innsbruck, Wien – Der Schmetterlingsexperte Peter Huemer hat bei genetischen Analysen drei neue Arten von Nelken-Palpenfaltern entdeckt, die in den europäischen Alpen vorkommen. Er hat sie nach den Bergsteigern Reinhold Messner, Peter Habeler und David Lama benannt. So flattern nun „Caryocolum messneri“, „Caryocolum habeleri“ und „Caryocolum lamai“ in den Alpen, wie er im Fachjournal Alpine Entomology berichtet.

Nicht vier sondern sieben verschiedene Nelken-Palpenfalter

Huemer ist Kustos der Naturwissenschaftlichen Sammlung der Tiroler Landesmuseen und hat in den vergangenen 30 Jahren in den Gebirgen Mitteleuropas bereits mehr als 100 unbekannte Schmetterlingsarten entdeckt und benannt. Eigentlich wollte der Wissenschafter das Erbgut von vier umstrittenen Schmetterlingsarten untersuchen, um diese klar voneinander abzugrenzen.

An den Felsen in der Umgebung des Schlosses Juval in Südtirol wurde der Caryocolum messneri entdeckt.
© Tappenheimer AG

„Im Rahmen dieser Untersuchung habe ich bemerkt, dass es nicht nur vier genetische Linien dieser Nelken-Palpenfalter in Europa gibt, sondern sieben. In den Alpen fanden sich gleich vier unterschiedliche Linien unter demselben Artnamen“, sagte der Wissenschafter im Gespräch mit der APA. Nachdem er gezeigt hatte, dass sich die alpinen Falter nicht nur genetisch, sondern auch morphologisch unterscheiden, war klar, dass es sich um vier Arten handelte, drei davon brauchten allerdings noch einen Namen.

Bergsteiger halten Einzug in Naturwissenschaften

Als Erstbeschreiber konnte er den neuen Arten Namen geben und entschied sich für „Bergsteiger, die nicht nur durch ihre außergewöhnlichen alpinistischen Leistungen bekannt sind, sondern auch einen besonderen Bezug zu Natur- und Artenschutz haben“.

Mit Caryocolum messneri (Messners Nelken-Palpenfalter) und Caryocolum habeleri (Habelers Nelken-Palpenfalter) hat Huemer den beiden ersten Menschen, die ohne zusätzlichen Sauerstoff den Gipfel des Mount Everest erreichten, ein Denkmal gesetzt. Mit Caryocolum lamai (Lamas Nelken-Palpenfalter) wollte Huemer den vor einem Jahr in Kanada bei einem Lawinenunglück tödlich verunglückten Alpinisten David Lama „auch in den Naturwissenschaften 'unsterblich' machen“.

Peter Habeler (l.) und Reinhold Messner waren 1978 erstmals in der Geschichte ohne künstlichem Sauerstoff auf dem Gipfel des Mount Everest.
© Archiv Habeler

Fressen als Raupen ausschließlich Nelken

Die rund 13 bis 14 Millimeter großen Nachtfalter mit schwarz-braun-weiß gefleckten Flügeln gehören zur Gattung Caryocolum, die weltweit rund 80 Arten zählt. Sie kommen nur in Europa, Asien und Nordamerika vor. Messners Nelken-Palpenfalter wurde bisher von Norditalien bis nach Griechenland nachgewiesen. Das Areal von Habelers Nelken-Palpenfalter beschränkt sich auf die Regionen zwischen Südfrankreich, der Schweiz und Südostdeutschland. Caryocolum lamai flattert in einem kleinen Gebiet in den Westalpen Italiens und Frankreichs.

Die neuen Palpenfalter der Gattung Caryocolum sind äußerlich nicht sicher bestimmbar, unterscheiden sich voneinander jedoch genetisch und in mikroskopischen Strukturen.
© Tiroler Landesmuseen/Peter Buchner

„Die Tiere haben eine ganz interessante Lebensweise“, betonte Huemer. Arten dieser Gattung leben im Raupenstadium ausschließlich an Nelkengewächsen – die Futterpflanze der neuen Arten sind wahrscheinlich echte Nelken wie die Steinnelke. Alle Arten sind an trockene und stark besonnte Lebensräume gebunden, teilweise bis in Höhenlagen von etwa 2500 Meter. Sie wurden bisher nur in der Nacht beobachtet.

Für Huemer zeigen die neuen Arten einmal mehr die Defizite in der Erforschung der Biodiversität auf, selbst in Mitteleuropa. Es sei eine Kernfrage für die Wissenschaft, „wie wir Arten schützen können, die wir noch nicht einmal namentlich kennen“. (APA)

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