Corona-Krise

Kurz zu Angst-Vorwürfen: Handeln der Regierung war "verantwortungsvoll"

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne).
© ROLAND SCHLAGER

Kanzler und Vizekanzler wiesen Vorwürfe, die Regierung habe bewusst Angst bei der Bevölkerung erzeugen wollen, zurück. Man habe "verantwortungsvoll" gehandelt und die "drastischen Beispiele" seien mit der Realität in Einklang gewesen.

Wien – Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) haben am Mittwoch Vorwürfe, die Regierung habe in der Corona-Krise bewusst Ängste geschürt, zurückgewiesen. "Unserer Strategie war immer klar, da immer verantwortungsvoll zu agieren", sagte Kurz bei einer Pressekonferenz. Er glaube, dass es richtig gewesen sei, "Gefahren nicht unter den Teppich zu kehren".

Die Opposition hatte am Montag den Vorwurf der Angstmache erhoben, weil im Protokoll einer Sitzung von Regierung und Experten vom 12. März von einem Spiel mit der Angst die Rede war. Kurz wies dies zurück: "Da viele Experten aufmerksam gemacht haben, dass Corona nicht die Grippe ist, haben wir (...) das auch öffentlich kundgetan." Es sei richtig gewesen, die Bevölkerung für die Gefahr des Virus zu sensibilisieren. "Das Ergebnis ist ein eindeutiges: Heute stehen wir in Österreich deutlich besser da als in vielen andern Ländern."

📽 Video | Die Pressekonferenz zum Nachsehen

Regierungsspitze musste Gefahr des Virus verdeutlichen

Auch Kogler sprach von einem verantwortungsvollen Handeln. Damals sei die Debatte fast mehrheitlich gewesen, dass das Coronavirus "so ähnlich wie das Grippevirus" sei. "Und viele Experten haben darauf hingewiesen, dass das doch anders ist. Natürlich haben wir darauf hingewiesen mit drastischen Beispielen", sagte er.

Auf die Frage, in wessen Auftrag das Expertenpapier von Ende März erstellt wurde, in dem von bis zu 120.000 möglichen Toten in Österreich die Rede war, und das Mit-Entscheidungsgrundlage für das Handeln der Regierung gewesen ist, blieb Kurz vage. "Es gab unzählige Experten, nicht jedes hat jemand in Auftrag gegeben." Manche Papiere "kenne ich, manche nicht". Es hätten ja unter Experten "ganz unterschiedliche Einschätzungen" bestanden. "Manche Experten tun das im Auftrag oder auf die Bitte der Regierung hin - oder einfach so, weil das ihr Job ist. Die Aufgabe der Politik ist es, das alles zusammenzuführen", so der Kanzler.

"Auf das konkrete Papier angesprochen: Wir waren mit vielen Mathematikern und Simulationsexperten in Kontakt. Ja, die Thesen haben sich teilweise sehr stark widersprochen. Manche haben sich als falsch herausgestellt, manche als teilweise falsch, manche als richtig. Das ist eben so." Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hatte am Vortag die Verantwortung für das Papier von sich gewiesen: "Also das eine Expertenpapier wurde nicht von mir in Auftrag gegeben", sagte er am Abend in der "ZiB 2" des ORF.

Kurz ist überzeugt: Ohne Maßnahmen "deutlich mehr Tote"

Kurz betonte, in Summe sei zu beurteilen, wie die Regierung bisher gehandelt habe und was das Ergebnis ist: "Wir sind deutlich besser durch die Krise gekommen als andere Staaten." So sei es zu keiner Überlastung der Intensivmedizin gekommen. "Hätten wir die Maßnahmen nicht gesetzt, wäre es definitiv zu einer Überlastung der Intensivkapazitäten gekommen und zu deutlich mehr Toten." Zu wie vielen genau, darüber wage er kein Urteil, betonte Kurz.

Grundsätzlich verwies der Kanzler auf die "sehr gute Nachricht", dass die Zahl der Neuinfektionen weiterhin niedrig sei, man liege am heutigen Mittwoch bei einem Wert von unter 50 neu positiv Getesteten. "Wir sehen, dass wir konstant auf niedrigem Niveau unterwegs sind", die Zahlen seien zuletzt stets unter 100. "Das ist in Europa und weltweit ein absoluter Spitzenwert." Man dürfe sich darauf aber nicht ausruhen, weil mit der Wieder-Öffnung steige die Gefahr, dass die Zahlen wieder nach oben gehen, warnte er.

Die Bundes- und Landesbehörden werden indes ab Mitte Mai wieder Parteienverkehr anbieten, "weil das einfach notwendig ist", so Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). In anderen Bereichen der Verwaltung funktioniere Homeoffice aber gut und auch Unternehmen sollten Teleworking beibehalten, wo es funktioniert. Das sei hilfreich weil das Ansteckungsrisiko umso höher sei je mehr Menschen in einem Büro arbeiten.

Drei Schwerpunkte für Ankurbelung der Wirtschaft

Kurz und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) stellten in der gemeinsamen Pressekonferenz die Schwerpunkte eines künftigen Programms zur Ankurbelung der Wirtschaft vor. Die drei von Kurz genannten Punkte sind eine "rasche" Steuerentlastungen für arbeitende Menschen, Steuerentlastungen für die Wirtschaft sowie Investitionen in den Klimaschutz, die Digitalisierung und die Regionalisierung.

📽 Video | Regierung mit drei Schwerpunkten für Wirtschaft

Details würden erst ausgearbeitet, ob "rasch" noch heuer bedeutet, ließ Kurz offen. Aber die Maßnahmen aus dem Regierungsprogramm sollen umgesetzt und soweit sie konjunkturbelebend sind eher vorgezogen werden, versicherte Kurz.Für Kogler ist die Regionalisierung "ein wirklich neuer gemeinsamer Schwerpunkt". Wenn in Europa einige Produktionen gehalten oder neu aufgebaut werden sollen, müsse Österreich vorne mit dabei sein. Österreich habe eine "im internationalen Vergleich hervorragend aufgestellte Landwirtschaft", man könne regionale Produkte begünstigen und andere entsprechend ihrem CO2-Ausstoß "benachteiligen im besten Sinne". "Die WTO und viele dieser Organisationen werden ihr Wirtschaftsverständnis überdenken (müssen)", so Kogler.

📽 Video | Badelt (WIFO) über wirtschaftliche Auswirkungen

Grenze zu Deutschland: Österreich weiter in Gesprächen

Zur Aufhebung von Reisebeschränkungen – Deutschland hat die weltweite Reiswarnung bis Mitte Juni verlängert – meinte Kurz, "in Länder, die sicher sind" solle man frei reisen können. Ansteckungszahlen in Österreich seien inzwischen niedriger als in Teilen Deutschlands. Deshalb "sind wir zurecht in Gesprächen mit der deutschen Regierung, über die Frage, wann die Grenze aufgehen oder wann es Lockerungen geben kann". Dabei gehe es nicht nur um den Tourismus sondern auch um Verwandtenbesuche oder Dienstreisen.

"Wenn die Ansteckungszahlen in Bayern, in Salzburg und in Tirol niedrig sind, macht es keinen Unterschied, ob man von Salzburg nach Tirol oder nach Bayern fährt oder umgekehrt". Einen genauen Termin für die Lockerung gebe es nicht, "aber wir gehen davon aus, dass es gelingen kann, dass in den nächsten Wochen entsprechende Schritte stattfinden". (TT.com, APA)

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