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Ibiza-U-Ausschuss: Blümel setzt Kurz-Linie fort, SPÖ kündigt Anzeige an

Mit Finanzminister Gernot Blümel sagt am Donnerstag einer der engsten Vertrauten von Bundeskanzler Sebastian Kurz (beide ÖVP) im Ibiza-Untersuchungsausschuss aus.
© HELMUT FOHRINGER

Der Finanzminister und frühere Regierungskoordinator von Türkis-Blau lieferte den Abgeordneten am Donnerstag wenig Erhellendes. Er wies viele Erinnerungslücken auf, weswegen die SPÖ eine Anzeige wegen angeblicher Falschaussage angekündigt hat.

Wien – Nach Bundeskanzler Sebastian Kurz am Vortag hat am Donnerstag dessen enger Vertrauter in der Regierung, Finanzminister Gernot Blümel im Ibiza-Untersuchungsausschuss (💻 Live-Ticker am Ende des Artikels) ausgesagt. Er setzte die Argumentationslinie seines Parteichefs nahtlos fort. So habe man mit der Bestellung des FPÖ-Mannes Peter Sidlo in den Casinos-Vorstand nichts zu tun gehabt. Auch emotionale Intermezzi gab es wieder.

SPÖ zeigt Blümel wegen Falschaussage an

Die SPÖ hat eine Anzeige gegen Gernot Blümel wegen angeblicher Falschaussage im Ibiza-Untersuchungsausschuss angekündigt. Fraktionsführer Jan Krainer findet es unglaubwürdig, „dass sich jemand nach zwei Jahren in einem Ministeramt an so wenig erinnern kann", lautete die Begründung am Rande des Ausschusses. Blümel habe mit 86 Erinnerungslücken „einen neuen Rekord aufgestellt".

📽 Video | Blümel muss Rede und Antwort stehen:

Von einem großen Teil der im Ausschuss behandelten Materien hat Blümel laut eigener Aussage erst aus den Medien erfahren. Neben Sidlos Aufstieg in den Vorstand der Casinos Austria sei dies auch in der Schredder-Affäre so gewesen, bei der ein Kabinettsmitarbeiter von Bundeskanzler Kurz Mitarbeiter Festplatten unter falschem Namen hatte vernichten lassen. Diese sieht der einstige Kanzleramtsminister mittlerweile als abgehakt.

Von „Schredder-Affäre" aus den Medien erfahren

Zur Schredder-Affäre meinte Blümel außerdem, dass die „ordnungsgemäße Übergabe" von Datenträgern zudem in der Verantwortung der Mitarbeiter gelegen habe. So viel zu übergeben dürfte Blümel übrigens nicht gehabt haben, geht es nach seinen Ausführungen zu seiner technischen Ausstattung als Minister. So habe er lediglich ein Handy als Arbeitsmittel benutzt, denn: „Meine Arbeitsweise ist eine effiziente."

Eine eindeutige Antwort blieb Blümel – zumindest aus der Sicht einiger Abgeordneter – auf die Frage schuldig, ob er vom mutmaßlichen Drogenkonsum von ÖBAG-Chef Thomas Schmid gewusst habe. Blümel wiederholte mehrmals, dass er vom Verfahrenen gegen diesen aus den Medien erfahren habe. Woraufhin eine langwierige Diskussion mit dem Ausschussvorsitzenden Wolfgang Sobotka (ÖVP) und der Verfahrensrichterin entbrannte.

📽 Video | Hofer (ORF) über die Befragung von Blümel:

Krisper ging irgendetwas „am Oasch"

Von der Debatte sichtlich entnervt zeigte sich etwa NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper, die die im Hohen Haus gebotenen Sitten für einen Wimpernschlag vergaß und ins versehentlich noch aktivierte Mikrofon sagte: „Die geht mir am Oasch." Im Nachhinein rechtfertigte sie die Unmutsäußerung auf Twitter. Gemeint gewesen seien die „Zustände" in der Sitzung. ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl empörte sich dennoch im Nachhinein via Presseaussendung.

Emotional war es auch zu Beginn von Blümels Auftritt geworden. Er hatte sein Eingangsstatement lediglich dazu genutzt, FPÖ-Fraktionsführer Christin Hafenecker maßzuregeln. Dieser hatte zuvor vor Journalisten thematisiert, dass Blümels Schwester seit März ein Praktikum im Bundeskriminalamt absolviere – und zwar Tür an Tür mit der SoKo Ibiza. Blümel in Richtung Hafenecker: „Lassen sie meine kleine Schwester in Ruhe!"

Weiterer Ärger aufseiten mancher Fragesteller war Blümels Antworten geschuldet. Dieser bewies – wie schon vor ihm mehrere Auskunftspersonen im Ausschuss – immer wieder Mut zur Erinnerungslücke, etwa bezüglich seiner Tätigkeiten bei diversen parteinahen Vereinen. Als die Novelle des Glücksspielgesetzes thematisiert wurde, die 2018 plötzlich zurückgezogen worden war, konnte Blümel nicht sagen, auf wessen Wunsch das geschehen sei.

Blümel bestritt Mitsprache bei Bestellung Sidlos

Im Raum stand auch abermals der Vorwurf, ÖVP und FPÖ könnten zur Zeit der türkis-blauen Regierung Postenschacher ausgedealt haben. So etwa bei den Casinos Austria, bei denen der Freiheitliche Sidlo zum Finanzvorstand bestellt wurde. „Die Bestellung des Vorstandes ist Sache des Aufsichtsrates und ist daher nicht in meine Zuständigkeit gefallen", antwortete Blümel.

Nach Blümel sollten zwei Vertreter der Casinos Austria Auskunft geben. So etwa der in der Causa beschuldigte Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner. Ihm folgt Casinos-Generaldirektorin Bettina Glatz-Kremsner.

Rothensteiner verteidigte Bestellung Sidlos

Rothensteiner hat vor dem Untersuchungsausschuss die Bestellung des Freiheitlichen Peter Sidlo in den Vorstand des Unternehmens verteidigt. „Ich würde keine Vorstandsbestellung vornehmen, wenn ich einen diesbezüglichen Verdacht hätte", sagte er zu Vorwürfen, es habe sich dabei um Postenschacher der türkis-blauen Regierung gehandelt.

Rothensteiner ist selbst in der Causa Casinos als Beschuldigter geführt. In seinem Eingangsstatement vor dem Ausschuss machte er klar, dass er sich in Punkten, die das Verfahren gegen ihn betreffen, entschlagen werde. Bis heute habe er keinen Einblick in den Ermittlungsakt, auch sei er von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) noch nicht vernommen worden. Nicht einmal das beschlagnahmte Handy oder sein Tablet habe er zurückbekommen.

Wortreich schilderte Rothensteiner chronologisch, wie es zu der Bestellung Sidlos gekommen war. Man habe ein neues, modernes Team aufstellen wollen, die Trennung von Dietmar Hoscher sei unvermeidlich gewesen, da dieser nicht für einen „dynamischen, zukunftsorientierten Leitungsstil" gestanden sei. „Überhaupt war Herr Magister Hoschers Präsenz für dieses Unternehmen überschaubar", sagte Rothensteiner.

Im Aufsichtsratspräsidium sei daher beschlossen worden, dass jeder Großaktionär ein Vorstandsmitglied vorschlagen solle – Sidlo war der Vorschlag des Glücksspielkonzerns Novomatic. Auch die Personalberater hätten Sidlo für einen „kompetenten dynamischen jungen Mann" gehalten, argumentierte Rothensteiner. Mangelnde Erfahrung in diesem Bereich sollte das gesamte Team ausgleichen.

Trotz anfänglichen Vorbehalten gute Zusammenarbeit

Rothensteiner gestand ein, das auch er anfangs Vorbehalte gegenüber dem FPÖ-Mann gehabt habe: „Ich war zuerst nicht begeistert, da ich mir auf rein persönlicher Ebene eine Zusammenarbeit mit Sidlo als eher schwierig vorstellte." Einige Zeit vor dessen Bestellung habe er ihn etwa gefragt, „ob es eigentlich auch für die FPÖ einen Job in der CASAG gebe". Die Skepsis sei aber „ausschließlich auf persönlicher Ebene" gelegen.

„In der Zusammenarbeit stellte sich heraus, dass meine persönlichen Befindlichkeiten eher unberechtigt waren", nahm Rothensteiner dann aber Sidlo beruflich in Schutz. Dessen Absetzung nach Aufkommen der Causa sei allein wegen dessen Verhaltens in dieser Zeit erfolgt. Politische Einflussnahme habe es jedenfalls nie welche gegeben, beteuerte Rothensteiner, denn „eine Vorstandsbestellung, die nicht in den Interessen der CASAG steht, würde ich nie unterstützen".

Auch jene Notizen sprach Rothensteiner von sich aus an, laut denen der damalige ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger mit Novomatic-Alleinaktionär Johann Graf konferiert haben soll, dass es „irgendeinen Deal" gebe. „Mir war keine Abmachung mit der FPÖ und Novomatic bekannt", meinte die Auskunftsperson dazu. Rothensteiner konnte aber nicht mehr sagen, „welche Formulierungen Löger verwendet hatte". (APA/TT.com)

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