Zahlungsdienstleister Wirecard meldete Insolvenz an
Nachdem bereits der Handel an der Frankfurter Börse ausgesetzt wurde, stellt Wirecard nun einen Antrag auf die Eröffnung eines Insolvenzverfahren.
Müchen – Wirecard steht vor der Pleite. Angesichts eines 1,9 Milliarden Euro schweren Bilanzlochs meldete der Zahlungsverkehrsanbieter am Donnerstag Insolvenz an. "Der Vorstand der Wirecard AG hat entschieden, für die Wirecard AG beim zuständigen Amtsgericht München einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung zu stellen", hieß es in einer Mitteilung.
"Es wird geprüft, ob auch Insolvenzanträge für Tochtergesellschaften der Wirecard-Gruppe gestellt werden müssen." Wirecard hatte früher bereits mitgeteilt, dass 1,9 Milliarden Euro, die das Unternehmen auf Treuhänderkonten verbucht hatte, "mit überwiegender Wahrscheinlichkeit" nicht existieren. Deswegen prüft der Konzern die nachträgliche Korrektur seiner Bilanzen: "Mögliche Auswirkungen auf die Jahresabschlüsse vorangegangener Geschäftsjahre können nicht ausgeschlossen werden", hieß es.
Aktie auf 2,50 Euro abgestürzt
An der Frankfurter Börse stürzte die Wirecard-Aktie nach der Ankündigung des Insolvenzantrags um weitere 80 Prozent auf 2,50 Euro ab. Seit der abermaligen Verschiebung der Bilanz für 2019 in der Vorwoche und dem Eingeständnis mutmaßlicher Luftbuchungen in Milliardenhöhe verloren sie damit inzwischen fast 98 Prozent.
Wirecard ist auch im Fokus der Strafverfolgungsbehörden. "Wir prüfen alle in Betracht kommenden Straftaten", hatte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München I am Montag gesagt. Bei der Behörde läuft bereits ein Ermittlungsverfahren gegen den Ende voriger Woche zurückgetretenen ehemaligen österreichischen Vorstandsvorsitzenden Markus Braun und drei weitere Manager der Wirecard-Spitze wegen des Verdachts der Falschinformation von Anlegern in zwei Börsen-Pflichtmitteilungen.
Im Zentrum des Bilanzskandals stehen der ehemalige Wirecard-Finanzchef in Südostasien und ein Treuhänder, der bis Ende 2019 für Wirecard aktiv war und das - wie sich nun herausgestellt hat - in großen Teilen wahrscheinlich gar nicht existente Geschäft mit den Drittpartnern betreute.
Verdacht auf Kursmanipulation
Über mögliche Bilanzmanipulationen bei Wirecard hatte schon vor über einem Jahr die britische Financial Times berichtet. Im Oktober hatte die "FT" dann berichtet, dass ein beträchtlicher Teil der Wirecard-Umsätze mit Drittfirmen in Asien womöglich auf Scheingeschäften beruhe.
Braun hatte die Berichterstattung der "FT" über Monate als haltlos zurückgewiesen. Da es schon nach den ersten "FT"-Artikeln zu außergewöhnlichen Kursstürzen der Wirecard-Aktie an der Frankfurter Börse gekommen war, hatten die deutsche Finanzaufsicht BaFin und die Münchner Staatsanwaltschaft Untersuchungen eingeleitet, ob Kursmanipulationen von Börsenspekulanten dahinter steckten. (APA, dpa, TT.com)