Prozess

Dürr versus ÖSV: Landeten verdächtige Laborwerte im Altpapier?

Der ehemalige Langläufer Johannes Dürr erhebt schwerwiegende Vorwürfe gegen den ÖSV.
© APA/EXPA

Nächste Runde im Gerichtsverfahren des Ex-Langläufers Johannes Dürr gegen den Österreichischen Skiverband: Der Niederösterreicher beharrte am Mittwoch in Innsbruck auf seiner Behauptung, Doping werde im ÖSV geduldet. Der Prozess wurde vertagt.

Von Florian Madl

Innsbruck – Verhandlungssaal 214 des Innsbrucker Landesgerichts: Der ÖSV fordert von Ex-Langläufer Johannes Dürr Unterlassung und Widerruf der Behauptungen, man dulde Doping stillschweigend, verschließe davor die Augen oder nehme Doping hin, solange sich der Dopende nicht erwischen lasse. Geschehen: bei einer „Fuckup Night“ (2018) in Wattens, wo der 33-Jährige einen Vortrag gehalten hatte. Dürr, bei den Olympischen Winterspielen 2014 als Mitfavorit überführt und beim Comeback 2019 erneut verurteilt, wollte seine Behauptung am Mittwoch untermauern.

„Ich fand verdächtige Laborwerte, als ich meine Unterlagen im Altpapier entsorgte“, erklärte etwa der als Zeuge vernommene Kardiologe Martin Cappy. Von 2006 bis 2007 war der Mediziner im Olympia-Stützpunkt Obertauern tätig, dort will der 53-Jährige belastendes Material gefunden haben, „das eindeutig einem ÖSV-Sportler zuordenbar“ gewesen sei.

Man habe ihm im Österreichischen Skiverband kein Gehör geschenkt: weder Präsident Peter Schröcksnadel, der während eines Gesprächs unverzüglich den Raum verlassen hätte, noch einer der Verbandsverantwortlichen wie Sportdirektor Hans Pum. Selbst die Nationale Anti-Doping-Behörde und die Landesskiverbandspräsidenten will Cappy per Mail auf seinen Verdacht hingewiesen haben.

Schröcksnadel: „Wir bekamen keine Antwort"

Schröcksnadel konterte in seiner Vernehmung: „Ich bat Cappy damals um Aufklärung, aber wir bekamen keine Antwort.“ Er verwehre sich gegen Doping in jeder Form, würde in Ansprachen vor den 450 ÖSV-Athleten regelmäßig darauf hinweisen. „Ich sage dann: Doping ist kein Einzelvergehen, jeder zieht damit den ganzen Verband in den Dreck. Ich hasse Doping bis zum Letzten!“ Auch E-Learning, Kurse und eine Datenbank würden zur Transparenz beitragen. Und die Nationale Anti-Doping-Agentur unterstütze man zusätzlich mit 50.000 Euro im Jahr. Sein Credo: „Schwarze Schafe kann man nie ausschließen.“

Franz Gattermann, ehemals Langlauf-Trainer im ÖSV, wollte sich nicht konkret äußern. Warum mittlerweile der dritte ÖSV-Trainer wegen Doping belangt worden sei, wollte der Dürr-Verteidiger wissen: „Weil anscheinend die Auswahl der Personen nicht fachlich fundiert sein muss, sondern mit anderen Argumenten.“ Welche? „Man kann gewisse Resultate oder Leistungssteigerungen mit Tests erklären. Wenn aber eine sprunghafte Leistungssteigerung stattgefunden hat, stehen viele Fragezeichen im Raum, wo man nicht weiß: mit fairen oder unfairen Methoden?“ Die Verbandsführung oder die Journalisten würden vor allem Resultate interessieren.

ÖSV-Arzt bot fragwürdige Infusion an

Auch der Waidringer Ex-Langläufer Markus Bader, bis 2016 im ÖSV und damals 
auch in einer Trainingsgruppe mit Johannes Dürr, kam 
zu Wort. Doping sei ihm nie angeboten worden, auch Thema war es in seiner Kar-
riere kaum, nur einmal sei ihm vom ehrenamtlichen ÖSV-Arzt Ulrich Hägele eine fragwürdige Infusion angeboten worden: „Die haben 
ich und mein Zimmerkollege ins Klo gespült.“ Der WM-Teilnehmer von 2011 und 2015 würde seine Erfolge nie durch Betrug erreichen wollen. Den Eindruck, den der 31-Jährige aufgrund seiner Haltung als Aktiver jedoch gewann: „Je klarer ich mich gegen das Thema stellte, umso ablehnender wurde ich von gewissen Personen behandelt.“

Von besagtem Mediziner Hägele, der ursprünglich die Anti-Doping-Arbeit im ÖSV vorantreiben sollte, habe man sich laut Schröcksnadel getrennt: Das Engagement sei ein Fehler gewesen. Ob er selbst von ÖSV-Arzt Peter Baumgartl eine Infusion bei einem Masters-Wettkampf bekommen habe, wollte der Dürr-Anwalt wissen. Schröcksnadel antwortete entrüstet: „Haben Sie einen Vogel? Sie wissen schon, dass das im Alpin-Sport nichts bringt.“ Der Prozess wurde vertagt.

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