"Sea-Watch 3" in Sizilien festgesetzt: Betreiber kritisieren Schikane
Die Küstenwache begründete die Festsetzung des deutschen Schiffs mit "technischen Mängeln", die Betreiber weisen dies zurück. Indes verurteilte der österreichische Migrationsforscher Gerald Knaus die aktuelle Flüchtlingspolitik der EU.
Porto Empedocle – In Italien ist ein neues Tauziehen mit der deutschen Organisation Sea-Watch um die Rettung von Bootsmigranten entbrannt. Die italienische Küstenwache setzte das deutsche Rettungsschiff "Sea-Watch 3" in Sizilien nach einer Sicherheitskontrolle am Mittwochabend fest. Die Kontrolleure hätten technische Mängel ausgemacht.
Das Schiff solle so lange im Hafen von Porto Empedocle bei Agrigent bleiben, bis sie behoben seien, teilte die Küstenwache mit. Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer bezeichnete das Vorgehen als "offensichtliche Schikane".
"Sea-Watch 3 ist in einem guten Zustand"
Er sagte der dpa am Donnerstag: "Die Sea-Watch 3 ist in einem guten Zustand." Allerdings hätten die Betreiber zunächst keine offizielle Information aus Italien erhalten. "Es geht hier nicht darum, die Seenotrettung sicherer zu machen, sondern sie zu verzögern", sagte Neugebauer. Zum Teil gebe es unterschiedliche Zulassungsregeln in Italien und Deutschland. Das habe bei der zeitweisen Festsetzung der "Alan Kurdi" der Hilfsorganisation Sea-Eye eine Rolle gespielt.
Das Schiff von Sea-Watch war Ende Juni mit mehr als 200 Menschen in den Hafen in Sizilien eingelaufen. Die Migranten kamen für eine rund zweiwöchige Quarantäne auf die Fähre "Moby Zaza". Einige von ihnen waren nach Behördenangaben positiv auf das Coronavirus getestet worden. Seit der Corona-Krise kommen Geflüchtete von privaten Rettungsschiffen in Italien in der Regel auf andere Schiffe in Quarantäne.
Italien und Malta hatten sich während der Corona-Pandemie 2020 zu nicht sicheren Häfen erklärt. Nach einer Pause sind wieder mehrere Hilfsorganisationen mit Schiffen im Mittelmeer unterwegs gewesen, wo Migranten mit kleinen Booten von Libyen nach Europa starten.
Vor rund einem Jahr war die "Sea-Watch 3" mit der damaligen Kapitänin Carola Rackete ohne Erlaubnis mit Migranten in einen Hafen der Insel Lampedusa gefahren. Dieser Streit machte international Schlagzeilen.
Architekt des Türkei-Deals kritisiert EU-Asylpolitik scharf
Gerald Knaus, österreichischer Migrationsforscher und Leiter der Europäischen Stabilitätsinitiative (ESI), geht indes scharf mit der europäischen Asylpolitik ins Gericht. Die derzeitige deutsche EU-Ratspräsidentschaft müsse den "rechtswidrigen Umgang mit Flüchtlingen" an den Außengrenzen sowie in der EU selbst beenden, sagte er der Berliner Zeitung (Donnerstagsausgabe).
Angesichts der Corona-Pandemie fordert der Österreicher die Evakuierung der Flüchtlingslager auf den griechischen Ägäis-Inseln.
Es sei "erschreckend zu sehen, mit welcher Brutalität Europäer ihre eigenen Gesetze im Umgang mit Asylsuchenden heute brechen", kritisierte Knaus, der als Architekt des EU-Türkei-Flüchtlingsabkommens von 2016 gilt. Dabei seien im ersten Halbjahr 2020 nur 20.000 Menschen über das gesamte Mittelmeer gekommen. (APA/AFP/dpa)