Kletter-Asse Schubert und Pilz in der Hauptrolle bei „Olympiafieber heiß-kalt"
Die Innsbrucker Schauspielerin, Drehbuchautorin und Regisseurin Laila Alina Reischer begleitete für Servus TV ein Jahr lang Österreichs Kletterstars. Eine Gratwanderung mit unerwartet vielen Wendungen.
Von Max Ischia
Innsbruck – „Mein Gott, na.“ Die Dame stellt ihren Apfel-Minze-Saft ab, unterbricht ihren Monolog und tippt sich mit der Hand auf die Stirn – so, als wäre es ihr gerade wie Schuppen von den Augen gefallen. „Weißt du“, sagt Laila Alina Reischer in leicht aufgeregtem Tonfall, „weißt du, wo ich die Jessy das erste Mal kennen gelernt habe?“ Weil der Autor dieser Zeilen nur ratlos mit den Achseln zuckt, folgt die Aufklärung prompt.
Es trug sich im Frühjahr 2017 zu. Reischer, als Schauspielerin, Drehbuchautorin und Regisseurin viel gereist, hatte es von Wien zurück „zu meinen Wurzeln“ gezogen. Hinter der Innsbruckerin lagen unter anderem Studienaufenthalte in Los Angeles (Lee Strasberg Theatre Institute) und London (Royal Academy of Dramatic Art). Dass die Vielbegabte als Aktrice auch auf internationale Auszeichnungen verweisen kann, änderte nichts am Entschluss, den Lebenskompass neu auszurichten. Und weil die damalige Mittdreißigerin und angehende Hobbykletterin auf Wohnungssuche war, wurde sie auf eine Internetanzeige einer gewissen Jessy Pilz aufmerksam. Um’s abzukürzen: Die beiden verstanden sich beim Besichtigungstermin gut, das WG-Zimmer bekam dennoch eine andere.
Weil man sich im Leben immer bzw. nicht selten zweimal sieht, sitzen sich die beiden Damen zwei Jahre später erneut gegenüber. Reischer als Drehbuchautorin und Regisseurin einer „Bergwelten“-Dokumentation über Österreichs Hoffnungsträger auf deren Weg zur olympischen Kletter-Premiere in Tokio 2020. Pilz als Kletterweltmeisterin 2018 und eine der Hauptdarstellerinnen. So wie Jakob Schubert, der inzwischen dreifache Weltchampion. „Olympiafieber – der steile Weg nach Tokio“ wird am kommenden Montag um 21.15 Uhr auf Servus TV ausgestrahlt.
Eine 47-minütige Dokumentation über Olympia – ohne Olympia. Ein filmischer Abriss über den österreichischen Klettersport und dessen erfolgreichste Protagonisten. Ein Bulletin über die Entstehung und Bedeutung des Kletterzentrums Innsbruck (KI), über die Faszination des Kletterns und die Dynamik eines Wettkampfes – samt Einblicken in zuweilen verschlossene Felder wie beispielsweise die Isolationszone. Oder wie es Reischer auf TT-Nachfrage in zwei Sätzen zusammenfasst: „Zwei Athleten nehmen dich mit auf eine Reise, auf der Jagd nach ihrem Traum. Am Ende steht nicht die Erfüllung des Traumes im Vordergrund, sondern das, was sie auf dem Weg dorthin gelernt haben.“
Es ist ein Weg mit unzähligen Gabelungen. Eine Route mit Irrungen und Wirrungen. Ein Pfad gepflastert mit Sehnsüchten, Schmerzen, Entbehrungen, Glücksmomenten – und Happy Ends. Freilich nicht für alle und jeden.
Wie verliert man nicht den Boden unter den Füßen?
Ein Jahr lang hefteten sich Reischer und ihr Team an die rot-weiß-rote Kletterelite. Und just als das ganz große Ziel, die Olympischen Spiele, für Pilz und Schubert greifbar wurde, veränderte die Corona-Pandemie alles. Oder wie es im offiziellen Pressetext heißt: „Als die Verschiebung der Spiele bekannt gegeben wird, bricht von einem auf den anderen Tag das große Ziel weg und das stellt Jessy und Jakob vor enorme Herausforderungen. Wie soll es mit dem Klettersport weitergehen? War nun alles umsonst? Wie verliert man in so einer Situation nicht den Boden unter den Füßen? Unter dem ungeheuren Druck und der weltweiten Krisensituation wird den beiden klar, was der Klettersport wirklich für sie bedeutet.“
Reischer stellt viele Fragen, auch höchst persönliche – und bekommt einmal mehr, einmal weniger ausführliche Antworten. Nur eines weiß die Regisseurin bis heute nicht: „Ich habe Jessy noch nie gefragt, ob sie weiß, dass ich mich damals um ein WG-Zimmer bei ihr beworben habe.“ Aber das ist wieder eine andere Geschichte.