Terrorismus

Vermittlungsrunde in Mali startet, politische Krise befeuert Terrorismus

Die Sicherheitslage in Mali verschlechtert sich immer mehr. (Archivfoto)
© REUTERS/Eric Gaillard

In einem der brenzligsten Konfliktherde der Welt verschlechtert sich die Lage zusehends. Europäische Soldaten versuchen seit Jahren im Sahel das Vordringen islamistischer Terroristen zu stoppen. Auch innenpolitisch droht eine Eskalation.

Bamako – Es brodelt in Mali: Im Norden die Dschihadisten, im Inneren eine schwere politische Krise - der westafrikanische Binnenstaat kommt kaum zur Ruhe. Während die Bundeswehr mit anderen europäischen und afrikanischen Militärs den Schulterschluss beim Kampf gegen die islamistische Bedrohung sucht, tobt in der Hauptstadt Bamako ein erbitterter innenpolitischer Machtkampf. Zehntausende forderten bei tumultartigen Protesten mit Toten und Verletzten den Rücktritt von Präsident Ibrahim Boubacar Keïta. Staatschefs aus der Region versuchen am Donnerstag zu vermitteln.

Geplant sind Gespräche mit Keïta und Imam Mahmoud Dicko, der eine einflussreiche politisch-religiöse Oppositionsgruppierung anführt und der Anführer der Protestbewegung ist. Eine Lösung des Konflikts gilt auch als wichtig für den Kampf gegen islamistische Terrorgruppen im Norden des Landes.

In Mali - sowie anderen Ländern der Sahelzone - sind etliche bewaffnete Gruppen aktiv, einige haben den Terrorgruppen Islamischer Staat (IS) oder Al-Kaida die Treue geschworen. In dem Land sind auch österreichische Soldaten als Teil der UN-Stabilisierungsmission Minusma sowie der EU-Ausbildungsmission EUTM Mali im Einsatz, wegen der Pandemie ruht EUTM Mali aber praktisch.

Korruption und Wahlmanipulationen

Die Opposition im Lande fordert den Rücktritt des Präsidenten, dessen Mandat eigentlich erst in drei Jahren endet. Seine Popularität war angesichts von Vorwürfen rund um Korruption und Wahlmanipulationen stark gesunken. Eine Beteiligung an einer Regierung der nationalen Einheit lehnt die Opposition, die seit Juni wiederholt zu Protestkundgebungen aufrief, bisher ab. Die Vermittler des westafrikanischen Staatenbündnisses ECOWAS lehnen die Rücktrittsforderungen bisher ab.

"Eine Ausweitung der Proteste könnte dazu führen, dass die Regierung sich an vielen Fronten verliert", warnt Nadia Adam, Wissenschaftlerin am Institut für Sicherheitsstudien in Bamako. Die innenpolitische Krise könne den Terroristen in die Hände spielen und die Stabilität Malis sowie der angrenzenden Sahel-Staaten Burkina Faso und Niger gefährden, mahnt sie. Dort stehen zudem bald Wahlen an. "Eine außer Kontrolle geratende Situation in Mali droht die Herausforderungen beim Abhalten der Wahlen noch zu verstärken", glaubt Adam.

"Die wachsende Unbeliebtheit des Präsidenten wird nur die Dschihadisten stärken"

Der populäre Imam Mahmoud Dicko ist ein politisch ambitionierter ehemaliger Verbündeter von Keïta, der Religion und Opposition geschickt mischt. "Keïta wird sich schwer tun, um das Vertrauen der malischen Wählerschaft wiederzuerlangen", glaubt Alexandre Raymakers von der Risikomanagement-Beratungsfirma Verisk Maplecroft. Der Analyst warnt vor der Gefahr einer weiteren Radikaliserung des Landes durch den Vertrauensverlust breiter Teile der Bevölkerung in die staatlichen Organisationen: "Die wachsende Unbeliebtheit des Präsidenten wird nur die Dschihadisten stärken."

Dabei ist die Situation schon heute Ernst genug. Islamistische Kämpfer wagen sich immer weiter vor. Der Vergleich mit Afghanistan ist mittlerweile immer öfter zu hören. Berichte über Anschläge der Dschihadisten auf Märkte, Schulen, Restaurants oder Kirchen häufen sich - ebenso wie Vorwürfe gegen Regierungssoldaten wegen Übergriffen gegen Teile der Bevölkerung, die als Sympathisanten der Rebellen angesehen werden. In Mali - sowie in anderen Ländern der Sahelzone - sind etliche bewaffnete Gruppen aktiv, einige haben den Terrorgruppen Islamischer Staat (IS) oder Al-Kaida die Treue geschworen.

© Bundesheer

Bundesheer bei Mali-Einsatz

➤ Der Sahel-Staat Mali kommt seit Jahren nicht zur Ruhe. Islamistische Gruppen hatten 2012 die Kontrolle über den Norden des Landes übernommen. Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich griff 2013 militärisch ein und drängte die Islamisten zurück.

➤ Mit einem Sanitätskontingent und weiteren Spezialisten unterstützt das Österreichische Bundesheer die EU-Trainingsmission in Mali. Ziel der EUTM-Mission ist es, am Aufbau und der Schulung malischer Streit- und Sicherheitskräfte mitzuwirken. An Kampfhandlungen beteiligen sich die Soldaten nicht.

➤ Derzeit versehen rund 50 österreichische Soldaten Dienst im Hauptquartier der EU-Mission in der Hauptstadt Bamako. Mit Brigadier Christian Habersatter übernahm zudem erstmals ein Österreicher das Kommando über die gesamte EU-Mission.

Das Land - und auch seine Nachbarn - kämpfen um ihre Stabilität seit 2011 mit dem Fall von Libyens Machthaber Muammar Gaddafi eine Bresche für islamistische Kämpfer geschlagen wurde. In Libyen geplünderte Waffendepots tauchten bald in anderen Konfliktländern auf und überfluteten die Sahelzone sowie angrenzende Länder, wie etwa das von der islamistischen Sekte Boko Haram bedrohte Nigeria.

Menschenrechtsgruppen wie Amnesty International zeigen sich über die steigende Gewalt zunehmend besorgt. Bereits rund 250 000 Menschen wurden aufgrund anhaltender Angriffe allein in Mali vertrieben. Auch Mathieu Pellerin, Experte der International Crisis Group (ICG) warnt, der Norden Malis sei und bleibe "eine Brutstätte der Rebellion". Eine schnelle Lösung ist demnach vorerst kaum in Sicht. (APA, dpa, TT.com)