Bisher 53 Infizierte: Massentests nach Corona-Ausbruch in St. Wolfgang
Nach den vielen Infektionen Tourismusorten – und hier besonders in Ischgl – wollte es Österreich im Sommer eigentlich besser machen. Nun ist mit St. Wolfgang in Oberösterreich ein bekannter Sommerfrische-Ort betroffen.
St. Wolfgang — Der Coronavirus-Cluster im Tourismusort St. Wolfgang im oberösterreichischen Salzkammergut ist in der Nacht auf Montag (Stand 2.30 Uhr) um neun Personen auf nunmehr 53 Infizierte gewachsen. Von den bis Samstagabend durchgeführten bisher 628 Abstrichen waren in der Nacht alle Test ausgewertet.
Ob sich unter den neun neuen Fällen weitere Gäste befanden, war zunächst unklar. Von den bis Samstagabend bekannten 44 Corona-positiv getesteten Personen waren 43 Mitarbeiter im Tourismus, die meisten von ihnen Praktikanten, einer ein Gast. "Die Infektionsketten können alle nachvollzogen werden", erklärte dazu das Land. Zu den zehn bereits am Freitag betroffenen Betrieben kam am Samstag noch das bekannte Hotel "Weisses Rössl" hinzu.
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Andrang bei Screening-Station groß
Gleichzeitig dürften auch am Sonntag erneut zahlreiche Gäste, Einheimische und Tourismusmitarbeiter von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, sich bei der Drive-In-Station des Roten Kreuzes testen zu lassen. Dem Vernehmen nach war der Andrang stark, die Wartezeit soll bis zu eine Stunde betragen haben. Insgesamt wurden am Sonntag 419 Tests durchgeführt.
Ob wegen der jüngsten Häufung von positiven Fällen neben der Vorverlegung der Sperrstunde in allen Gastgewerbebetrieben von St. Wolfgang weitere behördliche Schritte geplant sind, war am Sonntagabend noch offen. "Hinsichtlich weiterer Maßnahmen wird erst nach Vorliegen aller Testergebnisse entschieden", teilte das Land mit.
Alle erkrankten Mitarbeiter befinden sich in Heimquarantäne. Beim Vorgehen hinsichtlich der positiv getesteten Mitarbeiter als auch beim Vorgehen hinsichtlich von Gästen, egal ob positiv oder negativ, halte sich das Land Oberösterreich strickt an die Vorgaben des Bundes, hieß es gegenüber der APA. Positiv getestete Gäste dürfen nur mit den sogenannten "Covid-Taxis", also Einsatzwägen der Blaulichtorganisationen, nach Hause transportiert werden. Gilt ein Gast hingegen als Kontaktperson der Kategorie 1, kann er mit dem eigenen Pkw und einem negativen PCR-Test selbst die Heimreise antreten.
Verstärkte Stornierunge von Gästen
Die meisten der infizierten Praktikanten hielten sich mittlerweile nicht mehr im Ort auf, sondern seien bereits zu Hause, sagte auch Hans Wieser, Chef der Tourismus Wolfgangsee Gesellschaft, am Sonntag zur APA. Er berichtete zugleich von verstärkten Stornierungen von Gästen. "Nachdem Medien in Deutschland das Thema aufgegriffen haben, verzeichnen wir seit heute eine höhere Zahl an Absagen und Stornos."
Das Land hat zudem beschlossen, alle Gäste rückwirkend bis 15. Juli zu kontaktieren. Generell sollen Urlauber, die sich in einem der betroffenen Tourismusbetriebe aufgehalten haben, ihren Gesundheitszustand genau beobachten. Im Falle auftretender Symptome wie Kurzatmigkeit, Halsschmerzen, Entzündungen der oberen Atemwege, Fieber, bei trockenem Husten oder plötzlichem Verlust des Geschmacks- oder Geruchssinns sollte die Gesundheitshotline 1450 kontaktiert werden.
Die beiden Lokale "13er Haus" und "W3", wo einige der infizierten Praktikanten unterwegs gewesen waren, bleiben vorerst weiter geschlossen.
Gemeinde St. Wolfgang sieht Infektionskette durchtrennt
Der Bürgermeister und der Tourismusdirektor von St. Wolfgang, Franz Eisl und Hans Wieser, sind am Sonntagabend in einer Presseaussendung davon ausgegangen, mit der "raschen und konsequenten Reaktion" auf die ersten Coronavirus-Infektionen im Ort erfolgreich gewesen zu sein. Zu diesem Zeitpunkt standen die Ergebnisse von rund 140 Tests vom Samstag und rund 420 Tests vom Sonntag allerdings noch aus.
Beide freuten sich aber über den jüngsten Rückgang bei der Steigerung der Infektionszahlen. Mit großflächigen Testungen habe man die infizierten Personen schnell gefunden und die Infektionskette durchtrennt. Die Testreihe in St. Wolfgang sei einer der umfangreichsten gewesen, die bisher in einem räumlich so eng begrenzten Gebiet durchgeführt wurden.
Man habe dazu die Verdachts-Tests durch die oberösterreichischen Gesundheitsbehörden mit den freiwilligen Tests des Tourismusministeriums kombiniert. "Das erklärte Ziel ist es, alle Betriebe in St. Wolfgang über den Sommer regelmäßig durchzutesten, um so eine optimale Sicherheitslage zu gewährleisten", teilten Eisl und Wieser mit.
Darüber hinaus sei am Sonntag beschlossen worden, alle Gäste aus den betroffenen Betrieben noch einmal zu kontaktieren, die seit dem 15. Juli in St. Wolfgang zu Gast waren. In der Tourismusinformation wurde zudem eine Hotline für Gäste eingerichtet (06138/8003). Sie steht auch jenen Anrufern zur Verfügung, die einen Aufenthalt in St. Wolfgang geplant haben.
Sowohl der Bürgermeister wie der Tourismusdirektor verteidigten in ihrem Schreiben auch die infizierten Praktikantinnen und Praktikanten. Die zum überwiegenden Teil sehr jungen Menschen seien hier unverschuldet und völlig überraschend in eine sehr unangenehme Situation gekommen.
Kritik seitens der SPÖ Oberösterreich
Unterdessen kritisierte die SPÖ Oberösterreich am Sonntag, dass Touristen in St. Wolfgang binnen kürzester Zeit auch ohne Symptome zum Test zugelassen werden und das Ergebnis erhalten, während Bürger im Bundesland selbst bei positiv getesteten Angehörigen der Test vorenthalten werde. SPÖ-Gesundheitssprecher Peter Binder berichtete in einer Aussendung von der E-Mail einer Frau, die wegen eines positiven Tests in der Familie für 26 Tage zuhause in Quarantäne bleiben muss, selbst aber nicht getestet werde.
Der Ausbruch in St. Wolfgang weckt Erinnerungen an Ischgl, das in der Anfangsphase der Pandemie ein Zentrum der Corona-Ausbreitung in ganz Europa war. Insgesamt sind in Österreich aktuell mehr als 1500 Menschen mit dem Virus infiziert. Schwerpunkte bei den Neuinfektionen sind derzeit Wien und Oberösterreich.
"Chaotisches Corona-Management"
Indessen hat die SPÖ am Sonntag scharfe Kritik am "chaotischen Corona-Management der türkis-grünen Bundesregierung" geübt. "Der Cluster am Wolfgangsee wird immer größer, von den angekündigten 65.000 Tests in Tourismusgebieten ist weit und breit keine Spur und welche Einreisebestimmungen jetzt gelten, ist für niemanden mehr nachvollziehbar", so Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch in einer Aussendung.
Zuerst habe die Bundesregierung weismachen wollen, dass Urlaub in Österreich sicher sei, so Deutsch. "Jetzt gibt es mit St. Wolfgang nach dem Fanal in Ischgl bereits den zweiten großen Tourismus-Cluster." Scharfe Kritik richtete er an die Tourismusministerin: "McKinsey-Ministerin (Elisabeth/ÖVP, Anm.) Köstinger hat in einer großen PR-Show 65.000 Tests wöchentlich angekündigt, um den Tourismus in Österreich als besonders sicher zu inszenieren." Von diesen Zahlen ist man aber "meilenweit entfernt". Einziger Profiteur dieses "Regierungsversagens" sei "der Edelberater McKinsey" (TT.com, APA)
Anschober: Cluster St. Wolfgang eine "Herausforderung"
Der Infektions-Cluster, der sich im Salzkammergut um den Touristenort St. Wolfgang gebildet hat, stelle "eine besondere Herausforderung dar", sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Sonntag. Sein Ressort und die Landesbehörden würden sich bei der Vorgehensweise intensiv abstimmen. Die nächsten Wochen sieht er als eine "Phase der Weichenstellung" in der Corona-Krise.
"Es war klar, dass nach zehn Öffnungsschritten, den Grenzöffnungen und dem Start der Tourismussaison das Risiko steigen wird und verstärkt regionale Clusterbildungen eintreten werden", so Anschober. "Hier liegt es in dieser 3. Phase der Pandemie an den regionalen Gesundheitsbehörden, auf Basis der Vorgaben des Gesundheitsministeriums bei Testanzahl und Testdauer sowie beim Kontaktpersonenmanagement sehr konsequent und rasch diese Clusterbildungen einzugrenzen."
Mit der schrittweisen Verschärfung der Einreisebestimmungen und der Ausdehnung der Maskenpflicht sei auf die Erhöhung des Risikos reagiert worden. Jetzt gehe es darum, "eine stabile Situation zu erhalten und jede sprunghafte Erhöhung der Zahlen zu vermeiden". Auffällig sei international und auch in Österreich, "dass immer mehr junge Menschen betroffen sind und auch zunehmend Menschen in schwierigen sozialen Lebenssituationen".