2,3 Milliarden Euro Verlust: TUI bekommte weitere Staatshilfe
Der größte Reisekonzern war auch das erste Großunternehmen, das zu Beginn der Viruskrise staatliche Unterstützung erhielt. Nun muss der Bund bei Tui nachlegen.
Hannover – Der weltgrößte Reisekonzern TUI soll zur Überbrückung des Geschäftseinbruchs in der Coronakrise weitere staatliche Hilfen von Deutschland erhalten. Unter anderem werde ein schon bestehender Kredit der Förderbank KfW um 1,05 Milliarden Euro aufgestockt, teilte das Unternehmen am Mittwoch in Hannover mit. TUI hatte bereits ein erstes Hilfsdarlehen über 1,8 Milliarden Euro zugesprochen bekommen.
Weitere 150 Millionen Euro sollen über die Konstruktion einer Wandelanleihe fließen, die das Unternehmen an den Wirtschaftsstabilisierungsfonds des deutschen Bundes (WSF) ausgeben will. Dieser könnte sich bei einer Umwandlung in Aktien dann mit bis zu neun Prozent an TUI beteiligen. Die Ausgabe der Anleihe sei eine der vereinbarten Rahmenbedingungen für die weitere Hilfe, hieß es.
Jobabbau und Verkleinerung der Flotte
➤ Der Umsatz von TUI brach zwischen April und Juni binnen Jahresfrist um 98,5 Prozent auf knapp 72 Millionen. Euro ein und der Konzernverlust lag bei 1,45 Milliarden. Euro, wie das Unternehmen am Donnerstag in Hannover mitteilte.
➤ Trotz eingeleiteter Kostensenkungen summierte sich der Verlust unter dem Strich in den ersten neun Monaten des Ende September endenden Geschäftsjahres 2019/20 auf rund 2,3 Milliarden Euro.
➤ Die TUI-Gruppe kündigte an, bis zu 8000 Jobs vor allem im Ausland zu streichen. Außerdem soll die Flotte ihrer Airline TUIfly um über die Hälfte verkleinert werden - dabei könnten dem Vernehmen nach 900 Vollzeitstellen wegfallen sowie mehrere Standorte geschlossen werden. Management und Belegschaft beraten nun über Details der Umsetzung.
➤ Gewerkschaften kritisieren die Kürzungen: Die Konzernführung habe es in den vergangenen Jahren versäumt, hinreichende Rücklagen zu bilden und dafür hohe Aktionärsdividenden ausgeschüttet. Zudem dürfe man mit Hilfe staatlichen Geldes durch den KfW-Kredit keine Jobs abbauen.
Die Touristikbranche gehört zu den am schwersten von der Pandemie getroffenen Wirtschaftszweigen. TUI braucht das Geld, um die weitere Finanzierung nach rund drei Monaten Geschäftsausfall zwischen Mitte März und Mitte Juni zu sichern. Die verzögerte Sommersaison läuft erst seit Juni. TUI fährt schon einen harten Sparkurs mit Stellenstreichungen und geringeren Investitionen, erwartet aber erst in mittlerer Frist eine Erholung.
"Das Stabilisierungspaket über 1,2 Milliarden Euro stärkt die Position des Konzerns, indem es ausreichend Liquidität in einem volatilen Marktumfeld zur Verfügung stellt", erklärten die Hannoveraner. "Damit werden sowohl die touristische Saisonalität im Winter 2020/21 sowie weitere längerfristige Reisebeschränkungen und Beeinträchtigungen durch Covid-19 abgedeckt."
Preise diesen Sommer unter Druck
➤ Tui muss seine Urlaubsangebote in diesem Sommer wegen der Corona-Pandemie mit spürbaren Preisabschlägen verkaufen. Die Preise lägen geschätzt im Schnitt gut 10 Prozent niedriger als im Vorjah. Viele Kunden buchten ihren Urlaub derzeit erst wenige Tage vor der Abreise. So bringe der Konzern die Auslastung seiner Hotels in vielen Fällen in der letzten Woche vor dem jeweiligen Reisetermin um 20 Prozent nach oben.
➤ Nach dem monatelangen Reisestopp wegen der Pandemie läuft das Tui-Geschäft erst seit Mitte Juni wieder an. Der Konzern hat sein Angebot für den Sommer um 70 Prozent zusammengestrichen. Die tatsächlich angebotenen Reisen seien im Juli allerdings zu 89 Prozent gebucht worden, sagte Joussen. Tui brauche eine Quote von 80 bis 90 Prozent.
➤ Einen großflächigen Reisestopp wie im abgelaufenen Quartal hält Tui-Chef Fritz Joussen "nicht für sehr wahrscheinlich".
Joussen hatte jüngst in einem Interview betont, er rechne erst 2022 wieder mit einem "normalen Geschäft". Wegen der Auszahlungen an Kunden aufgrund stornierter Reisen habe TUI während der Coronakrise anfangs etwa 550 bis 650 Mio. Euro pro Monat verbrannt. (APA, dpa)