Aus für Mattersburg-Bank angeordnet, Parteienstreit geht weiter
Für die Commerzialbank Mattersburg liegt der amtliche Schließungsbeschluss vor. Das bisherige Parteien-Hick-Hack um Bankskandal setztr sich Donnerstag in Landtagsdebatte fort.
Eisenstadt, Mattersburg – Im Sonderlandtag zur Causa Commerzialbank Mattersburg am Donnerstag hat der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) unter anderem eine Untersuchung des Skandals auf Bundesebene angeregt.
"Dort können die Staatsanwälte geladen werden – warum haben sie nichts gemacht?", fragte Doskozil. "Dort kann die Finanzmarktaufsicht befragt werden, dort kann die Nationalbank befragt werden. Ich sage es Ihnen, warum Sie es nicht machen, (...) Sie werden es deshalb nicht machen, weil die politische Verantwortung dieser politischen Institutionen bei der ÖVP liegt", so Doskozil.
📽 Video | Sonderlandtag zu Commerzialbank Mattersburg
"Wir tun uns alle nichts Gutes damit".
Das Bild, das der Landtag heute abgebe, repräsentiere die vergangenen drei, vier Wochen, wo er und die Sozialdemokratie durchaus selbstkritisch sagen müssten, man habe sich verzetteln lassen in eine Diskussion, die nur auf Streit basiere. "Das wollten die Menschen nicht hören", so Doskozil. Ein Vorwurf würde "in die öffentliche Manege" geworfen, dann werde dementiert. Was bei den Menschen hängen bleibe, sei, irgendwas werde schon stimmen: "Wir tun uns alle nichts Gutes damit".
Nichts desto trotz setzten vor allem SPÖ und ÖVP in der Landtags-Debatte ihren bisherigen Schlagabtausch fort. So meinte ÖVP-Klubobmann Markus Ulram, im "größten Bankenskandal des Burgenlandes" gelte es, Aufklärung zu betreiben.
Seit Mitte Juli fordere man volle Aufklärung: "Bis dato ist nicht allzu viel passiert." Hinter dem Rücktritt von Landesrat Christian Illedits (SPÖ) stecke "noch viel mehr", mutmaßte Ulram. Es gelte, das Netzwerk rund um Ex-Bankchef Martin Pucher aufzuklären.
Aus für Commerzialbank Mattersburg nun offiziell
➤ Für die nach einem groß angelegten Bilanzfälschungsskandal pleite gegangene burgenländische Commerzialbank Mattersburg liegt der amtliche Schließungsbeschluss vor.
- Am 14. Juli hatte kurz vor Mitternacht die Finanzmarktaufsicht (FMA) den Fortbetrieb der Bank untersagt. Am 27. Juli wurde Konkurs beantragt, der am 28. Juli eröffnet wurde. Wie nun aus der Insolvenzdatei zum Konkursverfahren am Landesgerichts Eisenstadt hervorgeht, wird "die Schließung der Bank angeordnet" - bekannt gemacht am 12. August 2020.
➤ Derzeit würden von Sachverständigen die schuldnerischen Vermögenswerte erhoben und bewertet.
"Es gibt einen Kriminalfall einer Privatbank"
Die ÖVP verbinde die Aktuelle Stunde mit einer Märchenstunde, konterte SPÖ-Klubobmann Robert Hergovich. Es gebe einen Kriminalfall einer Privatbank: "Dort wurden Bilanzen gefälscht, dort wurden Luftgeschäfte getätigt", und dies 20 Jahre hindurch. Die Volkspartei versuche seit dem ersten Tag dieses Kriminalfalls einer Privatbank, einen Politskandal zu schüren.
Im Hinblick auf den von der ÖVP eingebrachten Dringlichkeitsantrag, der eine Offenlegung von Akten und Unterlagen zur Bankcausa verlange, sagte Doskozil, alle Abgeordneten seien eingeladen, sämtliche Akten der Beauftragung der Wirtschaftsprüfer TPA einzusehen. Nach dem Procedere der Akteneinsicht könne "jeder Abgeordnete für sich selber" Akteneinsicht nehmen.
Bank-Vizepräsident selber im Visier der Finanz
Im Skandal um die Commerzialbank geht es auch um Aufsichtsrats-Versagen. Bei schweren Verfehlungen in der Amtsausübung haftet ein Aufsichtsrat persönlich und unbegrenzt. An der Eignung des Gremiums speziell im Fall Mattersburg wurden Zweifel laut. Ein Mattersburg-Aufsichtsrat ist ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt, da er selbst seit drei Jahren im Visier der Finanz steht.
Der in Rede stehende Bank-Aufsichtsratsvizechef Ernst Zimmermann hat Ende Juli in Medien Berichte über ein Strafverfahren sowie Geldwäschevorwürfe zurückgewiesen. Bestätigt hat er nur ein Ermittlungsverfahren. Im Finanzministerium in Wien wird auf APA-Anfrage zum Stand der Dinge unter Berufung auf "abgabenrechtliche Geheimhaltungspflichten" in Steuersachen nicht Stellung genommen.
Die Bank hat von den Ermittlungen gegen ihn gewusst. Aber niemand habe ihm nahegelegt, sein Mandat niederzulegen, sagte Zimmermann vor zwei Wochen dem "Standard". Er saß seit 1995 im Kontrollgremium, Unregelmäßigkeiten seien dort nicht aufgefallen.
VKI und AK gegen Selbstbehalt bei Bankpleiten
➤ Der Vorschlag des Chefs der Raiffeisen Bank International (RBI), Johann Strobl (wie TT.com berichtete), bei der Einlagensicherung einen Selbstbehalt für Bankkunden einzuführen, hat die Konsumentenschützer auf den Plan gerufen. Diese lehnen die Idee, dass Kunden für eine Bankpleite mit in die Verantwortung gezogen werden könnten, vehement ab.
▶️ Lausecker ('VKI): "Die Gebühren gehen nach oben, Zinsen werden keine mehr gezahlt und jetzt sollen dann wiederum die Verbraucher zur Kasse gebeten werden, wenn die Banken aus krimineller Absicht - oder aus Dummheit - Gelder verspekulieren."
➤ Aus Sicht von AK-Konsumentenschützerin Gabriele Zgubic sind die Sparer selbst am wenigsten verantwortlich für eine Bankpleite, denn sie hätten den geringsten Einblick in die Bankgeschäfte.
▶️ Zgubic: "Die Banken wollen offenbar selber nicht so viel für die Einlagensicherung zur Verfügung stellen und haben jetzt die Idee, dass die Kunden auch den Schaden mittragen sollen und das lehnen wir ab."
„Weil es uns einfach reicht"
Noch vor Beginn des Sonderlandtages haben am Donnerstag in Eisenstadt die NEOS gegen den "größten Bankenskandal im Burgenland" protestiert. Der NEOS-Abgeordnete Douglas Hoyos-Trauttmansdorff und die stellvertretende Landessprecherin Julia Kernbichler bekräftigten dabei die Forderung nach Einsetzung eines unabhängigen Untersuchungsausschusses.
Eine Gruppe NEOS-Sympathisanten hatte sich am Rand der Fußgängerzone postiert, um den Unmut in der Bankencausa kundzutun. Man demonstriere, "weil es uns einfach reicht". (APA, TT.com)