Forum Alpbach: Mehr Einfluss für Euregio, Dreierlandtag auf der Kippe
Mit einer Reform der Europaregion Tirol und mehr Befugnissen soll die grenzüberschreitende Zusammenarbeit politisch gestärkt werden.
Von Peter Nindler
Alpbach – Der Babyelefant ist allgegenwärtig, die Desinfektionsspender säumen den Weg und am Eingang zum Congresszentrum wird automatisch Fieber gemessen. Das Europäische Forum Alpbach ist im Corona-Zeitalter angekommen. Die während der Hochschulwochen Ende August ansonsten so belebten Gassen sind wie leergefegt, einzig der in Alpbach vielfach bewunderte Blumenschmuck auf den Balkonen trotzt der Pandemie. Alpbach setzt 2020 auf digital und online, doch neben den farbenprächtigen Blumen hielt der Tirol-Tag ebenfalls Covid stand. Ohne Schützen, Ansprachen und Musik.
Schnörkellos konnten deshalb die Landeshauptleute Günther Platter als amtierender Präsident der Europaregion Tirol, Südtirol und Trentino, Arno Kompatscher (Südtirol) und Maurizio Fugatti (Trentino) die Arbeitsaufträge aus dem Euregio-Lab mitnehmen. Und die sind nicht ohne, schließlich könnte die Europaregion im nächsten Jahr zu ihrem zehnjährigen Bestehen einen neuen Anzug erhalten: mit mehr Kompetenzen und aufgewerteten Entscheidungsebenen. Da zeichnet sich aber bereits die erste Konfliktzone ab.
Denn die Versammlung der Euregio – derzeit zwölf Mitglieder – wird mehr politisches Gewicht erhalten, die Landtage sollten jeweils zehn Abgeordnete in dieses Gremium entsenden. Das dürfte vor allem Debatten über die Zukunft des Dreierlandtags auslösen. Das gibt Arno Kompatscher offen zu. Wegen umständlicher Abläufe hat sich der Dreierlandtag in den vergangenen Jahren allerdings selbst ins Abseits gestellt.
🐺 Schutzstatus des Wolfes senken
Ein Entwurf für die Forderung nach Senkung des Schutzstatus des Wolfes für die Arbeitsgemeinschaft der Alpenländer (ARGE Alp) ist in Ausarbeitung, damit soll ein Appell an die EU gerichtet werden. In der Europaregion ist das Thema ebenfalls angekommen. Erfreulich für die beiden Landeshauptleute Arno Kompatscher und Maurizio Fugatti. „Denn im Vorjahr war beim Dreierlandtag in Meran das Problembewusstsein in Tirol noch nicht so vorhanden“, wie Kompatscher erklärt.
Für den Tiroler Landeshauptmann Günther Platter ist klar: Im Alpenraum wird eine Gleichbehandlung mit anderen Ländern wie Polen, Spanien oder Finnland gefordert. Mehr als 90 Schafe seien heuer von den Wölfen bereits gerissen worden. „Auf mehreren Ebenen werden wir deshalb politischen Druck ausüben, damit die EU in der Alpenregion, wo der Wolf zum Problem geworden ist, reagiert.“
„Die Demokratie ist von unbeschreiblichem Wert. Wir müssen sie schätzen und fördern. Die Euregio setzt in dieser Form bereits europaweit Maßstäbe – mit der Erweiterung der Versammlung erhält die Europaregion ein runderneuertes Statut, das wir in einem Jahr neu in Händen halten“, kündigt jedoch Platter an. Zugleich wird an einem neuen Herzstück für die Europaregion gebastelt. Künftig sollen Gemeinden verstärkt in Form eines „Rats der Gemeinden“ miteinbezogen werden. Dieser wird den Vorstand, also Platter, Kompatscher und Fugatti, beraten. Bürgerräte sind ebenfalls vorgesehen. „Wir stehen hinter den Vorschlägen. Über die konkrete Ausgestaltung, ob die Bürgerräte projektbezogen oder ständig eingerichtet werden, darüber müssen wir noch beraten“, sagt Kompatscher. Das gilt außerdem für die Euregio-Büros, die es künftig neben dem offiziellen Sitz in Bozen in Innsbruck und Trient geben wird.
Trentinos Landeshauptmann Maurizio Fugatti will den Blick klar in die Zukunft richten, „beseelt vom Mut, innovativ zu sein, und dabei unsere gemeinsame euroregionale Erfahrung zu nutzen“. Man wolle den Wert der Euregio in Europa im Interesse der Gemeinden und insbesondere der jungen Menschen hervorheben.
Damit die Europaregion im Bereich Tourismus gemeinsam noch besser Fuß fassen kann, wurde am Sonntag die „Euregio Connect“ aus der Taufe gehoben, die die Zusammenarbeit der drei Mitglieder Tirol Werbung, Wirtschaftsdienstleister IDM Südtirol und Trentino Marketing erleichtern soll. Beim ersten Vorhaben wird wenig überraschend geradelt: „Euregio Connect“ kümmert sich um die „Tour of the Alps“.