ING Bank trifft Vorbereitungen für Strafzinsen für Neukunden
Die Direktbank ING denkt über Strafzinsen für Neukunden nach. Das kostenlose Girokonto ohne Vorbedingungen ist bereits abgeschafft.
Geschäftsbanken müssen aktuell 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken. Auch wenn es inzwischen Freibeträge für bestimmte Summen gibt, bleibt dies für die Branche eine Milliardenbelastung. Die Kosten geben immer mehr Geldhäuser weiter und berechnen Kunden Negativzinsen - nun könnte auch die ING nachziehen.
Derzeit habe man keine konkreten Pläne, ein Verwahrentgelt für die Bestandskonten einzuführen, so Finanzvorstand Norman Tambach, aber man bereite sich vor.
Aktien und Fonds als Alternative
Jahrelang lockte die Direktbank unter dem Namen ING-Diba Kunden mit vergleichsweise hohen Zinsen. Doch im aktuellen Zinstief kosten Einlagen Geld. Darum bemüht sich das Institut, das seit November 2018 nur noch unter dem Namen des niederländischen Mutterkonzerns ING auftritt, mit ihren Kunden jeweils mehr Geschäft zu machen.
Um Kunden eine Alternative zu derzeit mager verzinsten Tagesgeld- und Sparkonten zu bieten, macht die ING Deutschland ein neues Angebot für die Anlage in Aktien und Fonds. "Wir wollen unseren Kunden den Einstieg in das Wertpapiersparen so einfach wie möglich machen und schaffen deshalb den Mindestbetrag für alle Wertpapiersparpläne ab", kündigte Vorstandschef Nick Jue an.
Für diesen Kurs macht Jue erneut Abstriche bei einem ehrgeizigen Ziel: Die Marke von zehn Millionen Privatkunden wird das in Deutschland und Österreich aktive Institut nach Einschätzung des Managements auch heuer nicht knacken. Jue hatte dieses Ziel für 2019 ausgegeben und dann auf 2020 verschoben.
"Die große Welle war das nicht"
Nach Jahren der Expansion stockt das Kundenwachstum. In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres konnten unter dem Strich 33.000 zusätzliche Privatkunden gewonnen werden. Im ersten Halbjahr 2019 waren es 150.000, im vergangenen Jahr insgesamt 215.000.
"Wir werden im Gesamtjahr möglicherweise weniger neue Kunden gewinnen als im vergangenen Jahr, aber ich erwarte, dass das Wachstum auch im zweiten Halbjahr weitergehen wird", prognostizierte Jue für 2020. Aktuell liege die Zahl der Privatkunden bei etwas über 9,6 Millionen.
Ein möglicher Grund für die Zurückhaltung: Die Direktbank schaffte das kostenlose Girokonto ohne Vorbedingungen ab. Seit Mai verlangt das Institut 4,90 Euro pro Monat von Kunden, die ein ING-Girokonto nur zum Geldparken nutzen. Erforderlich ist nun ein monatlicher Geldeingang von mindestens 700 Euro.
Nach sechs Rekordjahren in Folge hatte sich das Wachstum schon 2019 abgeschwächt: Der Vorsteuergewinn der ING Deutschland, die etwa ein Fünftel zum Ergebnis der ING-Gruppe beiträgt, legte zum Vorjahr um zwei Prozent auf 1,352 Milliarden Euro zu, der Überschuss erhöhte sich im Gesamtjahr um ein Prozent auf 898 Millionen Euro. (APA, dpa)