"Alter Hase" in Sachen Konfliktlösung: Emir von Kuwait mit 91 Jahren gestorben
Scheich Sabah al-Ahmed al-Jaber al-Sabah versuchte sich als Vermittler bei Konflikten in der Region am Persischen Golf und bemühte sich, auch die diplomatische Krise zwischen einem Bündnis um Saudi-Arabien und Katar seit 2017 zu entschärfen.
Kuwait-Stadt – Der Emir von Kuwait, der den ölreichen Staat am Persischen Golf seit 2006 regierte, ist tot. Scheich Sabah al-Ahmed al-Jaber al-Sabah starb am Dienstag im Alter von 91 Jahren, wie sein Palast der staatlichen Nachrichtenagentur KUNA zufolge mitteilte. Der Emir versuchte sich als Vermittler bei Konflikten in der Region und bemühte sich, auch die diplomatische Krise zwischen einem Bündnis um Saudi-Arabien und Katar seit 2017 zu entschärfen.
Scheich Sabah war im September 2019 in den USA ins Krankenhaus eingeliefert worden. Nach dem einmonatigen Aufenthalt war offiziell lediglich von medizinischen Untersuchungen die Rede, die "erfolgreich abgeschlossen" worden seien. Ein geplantes Treffen mit US-Präsident Donald Trump hatte er deshalb aber verschieben müssen. Im Jahr 2000 war ihm ein Herzschrittmacher eingesetzt worden, 2007 wurde er in den USA laut Medienberichten zudem erfolgreich an den Harnwegen operiert.
Bruder des Verstorbenen designierter Nachfolger
Vergangenen Juli wurde der Emir dann erneut ins Krankenhaus eingeliefert – zu "einigen ärztlichen Untersuchungen", wie es hieß. Er sei nach einer "erfolgreichen" Operation "bei guter Gesundheit". Details zu seinem Gesundheitszustand oder möglichen Beschwerden blieben aber unter Verschluss. Kronprinz Scheich Nawaf al-Ahmed al-Jaber al-Sabah wurden seinerzeit vorübergehend bereits einige "konstitutionelle Zuständigkeiten" übertragen. Er ist der Bruder des Verstorbenen und sein designierter Nachfolger.
Scheich Sabah diente seit 2006 als Staatsoberhaupt von Kuwait, das an den Irak und Saudi-Arabien grenzt. Zuvor war er Ministerpräsident und ganze vier Jahrzehnte Außenminister. Das Land hatte schon vor seinem Aufstieg zum Emir den Ruf, als Mediator bei Konflikten in arabischen und muslimisch geprägten Staaten aufzutreten. In der Krise mit Katar bemühte sich Scheich Sabah, rasch zu vermitteln, und reiste dafür zwischen Riad, Abu Dhabi und Doha.
Saudi-Arabien hatte mit seinen Verbündeten Bahrain, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Ägypten im Juni 2017 eine Blockade über Katar verhängt. Die Gruppe wirft dem Emirat enge Beziehungen zum schiitischen Iran und Finanzierung von Terroristen vor. Katar hat die Vorwürfe mehrfach zurückgewiesen. (APA/dpa/Reuters)
Ein "alter Hase" in Sachen Konfliktlösung
Eigentlich hätte Scheich Sabah al-Ahmed al-Jaber al-Sabah überhaupt nicht Herrscher von Kuwait werden sollen. Aber als im Jahr 2006 der Emir des Öl-Emirats nach fast dreißigjähriger Herrschaft starb und dessen designierter Nachfolger als zu altersschwach galt, folgte Scheich Sabah ihm auf den Thron. Auch er war zu diesem Zeitpunkt mit 76 Jahren nicht mehr der Jüngste.
Die Führung des kleinen Emirats am Persischen Golf hatte Scheich Sabah schon reichlich erprobt, als er seinen Amtseid vor dem Parlament ablegte. 2003 hatte er den Posten als Ministerpräsident übernommen und die Amtsgeschäfte da teils schon selbst geregelt. In seiner Zeit als Emir war er in Regierungsangelegenheiten auch stärker involviert als sein Vorgänger, Scheich Jaber al-Ahmed al-Sabah.
Scheich Sabah setzte sich als Friedensstifter in Szene und bemühte sich, das ölreiche Land von den Fehden der Region fernzuhalten. In Beziehungen mit anderen Staaten setzte er auf eine moderate, ausgeglichene Haltung und pflegte so auch gute Beziehungen mit dem Iran – zum Argwohn Saudi-Arabiens und anderer Staaten am Golf. Auch die von Riad angeführte Blockade Katars versuchte Scheich Sabah zu entschärfen. Bei einem seltenen Besuch in Bagdad gaben er und die irakische Führung im Juni 2019 ein Versprechen, ein neues Kapitel in ihren bilateralen Beziehungen aufzuschlagen.
Sein Geschick darin, Konflikte zu entschärfen, entwickelte Scheich Sabah vor allem in seiner ungewöhnlich langen Amtszeit als Außenminister. Den Posten hielt er ab 1963 ganze 40 Jahre lang und dürfte damit eine der längsten Karrieren als Chefdiplomat weltweit durchlaufen haben. In Sachen Mediation sei Scheich Sabah ein "alter Hase" gewesen, sagte der Abgeordnete Ali al-Dakbasi der Deutschen Presse-Agentur. Gefolgsleute sahen ihn als abgeklärten Herrscher, der Kuwait in einer von Unruhen und Militärgewalt erschütterten Region stabilisierte.
Kritiker hielten dagegen, dass die Meinungsfreiheit unter Scheich Sabah gelitten habe. Dutzende Oppositionelle und Blogger wurden in den vergangenen Jahren in getrennten Gerichtsverfahren nach Vorwürfen inhaftiert, den Emir verleumdet zu haben.
Nachfolger dürfte Kronprinz Scheich Nawaf al-Ahmed al-Jaber al-Sabah werden, den viele im Land als eher unstrittige Figur betrachten. Auch Scheich Nawaf, Halbbruder des verstorbenen Emirs, hätte in diesem Fall aber schon einen guten Teil seiner politischen Karriere hinter sich: Er ist 83 Jahre alt.