Winter-Bonus für Arbeitslose, vielleicht weniger Pension für „Hackler"
Die Regierung ist in der Pensionsfrage und bei der Zukunft der „Hacklerregelung" uneinig. Die Opposition kritisiert den angekündigten Bonus von 450 Euro für Arbeitslose als zu gering.
Wien – Die Regierung hat den Arbeitslosen am Mittwoch einen Winter-Bonus von bis zu 450 Euro versprochen. Gleichzeitig kündigte Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) nach dem Ministerrat de facto eine Abschaffung der abschlagsfreien „Hacklerregelung" an (siehe Video und Factbox unten). Allerdings kam da nicht nur Widerstand von der Opposition, auch Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) trat kräftig auf die Bremse.
Der Reihe nach: Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) verkündete gestern Abend, dass es für Personen, die im Herbst arbeitslos waren, wieder eine Zuzahlung geben wird, wie es diese schon im Sommer gegeben hatte. Heute früh brachte dann die ÖVP über ihre stellvertretende Generalsekretärin Gaby Schwarz eines ihrer Lieblingsthemen aufs Tapet, die kurz vor der Wahl 2019 beschlossene neue „Hacklerregelung", die es seit heuer ermöglicht, nach 45 echten Beitragsjahren mit 62 ohne Abschläge in den Ruhestand zu treten.
📽️ Video | Pressekonferenzen: Hacklerregelung vor Aus – Anschober bremst
Schwarz sprach von einer „Männerpension", die sie ja tatsächlich ist, nachdem Frauen mit 60 in Pension gehen und nicht profitieren können, und dass man bezüglich der Rücknahme eine Verständigung mit den Grünen habe. Den gleichen Eindruck vermittelte Aschbacher nach der Regierungssitzung. Allgemein angenommen wird, dass die Themen Arbeitslosenbonus und „Hacklerregelung" miteinander verknüpft wurden und für entsprechend intensive Diskussion in der Regierung sorgten, was aber offiziell nicht bestätigt wurde.
Anschober wartet auf Bericht zu „Hacklerpension" 2020
Nicht unbedingt klarer wurde die Lage durch Aussagen Anschobers bei einer parallel laufenden Pressekonferenz in seinem Ressort. Denn der Sozialminister wollte da eine Änderung allenfalls als Teil einer größeren Reform für mehr Gerechtigkeit im System sehen. Ohnedies warte er auf einen Bericht der Alterssicherungskommission, wie sich die abschlagsfreie „Hacklerpension" in deren ersten Jahr, also 2020, ausgewirkt habe.
Solch einen Report wird es freilich nicht geben, wie Kommissionschef Walter Pöltner klarstellte. Denn weder im Mittelfristgutachten, das für Ende November erwartet wird, noch im Langfristgutachten, das im März vorliegen soll, wird die „Hacklerregelung" ein Thema sein. Ohnedies hatte sich die Kommission schon vor knapp einem Jahr gegen das abschlagsfreie Modell ausgesprochen. Die Gründe waren schnell aufgezählt: 95 Prozent der „Hacklerpensionisten" kommen aus dem Erwerbsleben in diesen Pensionstyp, es sind im Regelfall Männer und Angestellte, nicht Arbeiter, und der Pensionsbezug sei 1,5 mal so hoch wie der Durchschnitt.
Die Opposition, die in Person der Abgeordneten von SPÖ und FPÖ die Ausweitung der „Hacklerregelung" vorangetrieben hatte, focht das nicht an. Die SPÖ werde sich gerade jetzt in der Zeit von Rekordarbeitslosigkeit mit aller Kraft für den Fortbestand einsetzen, tönte der stellvertretende Klubchef Jörg Leichtfried. FPÖ-Obmann Norbert Hofer sah ein „Attentat auf unser Pensionssystem".
SPÖ und FPÖ: Winter-Bonus für Arbeitslose zu gering
Nur etwas weniger umstritten ist der Bonus für Arbeitslose. 450 Euro sind vorgesehen und zwar dann, wenn jemand mindestens 45 Tage zwischen Anfang September und Ende November ohne Beschäftigung ist. Bei 30 Tagen sind es 300 Euro und bei 15 150 Euro. Die Überweisung erfolgt automatisch mit dem Arbeitslosengeld im Dezember. Auch Personen, die bis dahin wieder in Beschäftigung sind, können sich über den Bonus freuen. 410.000 Personen sollen insgesamt profitieren, dafür vorgesehen sind 200 Millionen Euro.
FPÖ und SPÖ ist das nicht genug. „Wieder keine echte Hilfe, sondern die Ankündigung eines Almosens", ärgerte sich SP-Sozialsprecher Josef Muchitsch. Wortgleich formulierte die freiheitliche Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch. Beide wollen eine Anhebung der Nettoersatzrate. Die wurde von Aschbacher am Mittwoch nach dem Ministerrat allerdings ein weiteres Mal abgelehnt. (APA)
„Hacklerregelung"
Die „Hacklerregelung" bezieht sich auf den in Ostösterreich umgangssprachlichen Begriff der „Hackler", das heißt Schwerarbeiter. Dabei geht es um eine Regelung des früheren Pensionsantrittsalters sowohl für diese Arbeiter als auch für Angestellte und Langzeitversicherte.
Im Jahr 2000 führte die schwarz-blaue Regierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel in der Pensionsreform die „Hacklerreglung" ein. Im Laufe der Jahre wurde sie als „Wahlzuckerl" immer wieder reformiert, zuletzt vor der Nationalratswahl 2019.