Bericht: Reisekonzern TUI verhandelt über weitere Staatsgelder
Die anhaltende Corona-Krise macht dem Reiseanbieter TUI schwer zu schaffen.Laut der Nachrichtenagentur Reuters taxieren Insider den Kapitalbedarf auf 1,5 bis 1,8 Milliarden Euro.
Berlin, Hannover – Der deutsche Reisekonzern TUI verhandelt Insidern zufolge wegen der Coronakrise über weiteres Geld vom Staat. Darüber sei der bereits mit drei Milliarden Euro Hilfen gestützte weltgrößte Tourismuskonzern in Gesprächen mit der öffentlichen Hand, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag von mehreren mit der Sache vertrauten Personen. Zwei Insider bezifferten den Kapitalbedarf auf 1,5 bis 1,8 Milliarden Euro.
An anderer Stelle war von ein bis zwei Milliarden Euro die Rede. Den Kapitalmarkt anzuzapfen, sei in Coronazeiten keine Option. Weitere Kredite des Staates seien wegen hoher Zinskosten und einer bereits drückenden Schuldenlast schwierig, hieß es. Deshalb sei im Gespräch, wie der Staat mit Eigenkapital direkt einsteigen könnte. Es würden verschiedene Varianten geprüft, auch Misch-Modelle. So müsse ein Staatseinstieg nicht zwangsläufig mit Stimmrechten verbunden sein.
TUI erklärte, man ziehe "nach den erneuten erheblichen Beschränkungen und Reise-Restriktionen natürlich alle Optionen der Finanzierung für die nächsten Monate und den Winter in Erwägung." Das deutsche Wirtschaftsministerium lehnte eine Stellungnahme ab.
TUI prüft seit längerem verschiedene Möglichkeiten
Die Coronakrise mit ihren Einschränkungen und Reisewarnungen trifft TUI extrem hart und hat dem Reisenkonzern im Frühjahr einen Umsatzeinbruch von rund 99 Prozent eingebrockt. Aber auch nach dem ersten Lockdown hat sich der Reise- und Flugverkehr dann bei weitem nicht so günstig entwickelt wie von der Branche erhofft. Auch Airlines fahren ihr Angebot massiv runter und dünnen Flugpläne aus. TUI hatte nach dem zweiten Staatskredit im August erklärt, die Liquidität für das Wintergeschäft sei gesichert.
TUI prüft seit längerem verschiedene Möglichkeiten, um seinen Finanzpolster in der Coronakrise zu stärken, darunter auch eine "kurz- oder mittelfristige Kapitalerhöhung". Allerdings sei dies laut TUI-Chef Fritz Joussen derzeit bei bei einem Aktienkurs von 3,20 Euro ist das faktisch unmöglich.
Bei Kunden "starkes Interesse"
Dank Berichten über positive Entwicklungen beim Corona-Impfstoff des deutschen Unternehmens BioNTech und seines US-Partners Pfizer stieg die TUI-Aktie seit Montag spürbar und lag am Dienstagnachmittag bei rund 4,40 Euro mit etwa drei Prozent im Plus. "Die aktuellen Entwicklungen unterstreichen die positiven Prognosen für den Sektor und die erwartete zügige Erholung nach Corona", erklärte der Konzern. "TUI sieht auf seinen Buchungsportalen bei den Kunden starkes Interesse."
Der Reisekonzern muss nach Angaben von Joussen dennoch wegen der Coronakrise schlanker werden, indem er etwa seine Flugzeugflotte von 150 auf 120 Maschinen verkleinert und weniger in Hotels investiert. Die konzerneigene Airline TUIfly soll in Deutschland ihre Flotte von 39 auf 17 reduzieren und die Zahl der Jobs soll auf rund 1000 etwa halbiert werden.
Zuletzt warnten Verdi und Piloten-Gewerkschaft VC vor massiven Kürzungen bei TUIfly und riefen die Politik auf, ihren Einfluss beim Konzern geltend zu machen. Das Management wirft den Gewerkschaften jedoch vor, mit der Forderung nach einem Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen eine Einigung zugunsten der Beschäftigten zu blockieren. (APA, Reuters)